Donnerstag, 25. Juni 2020

Ruth Cerha: Zehntelbrüder




„Es war in diesem verrückten Jahr, als der Orkan Kyrill über Europa hinwegfegte. Das war im Jänner.“ (Seite 9)

 

Mischa ist ein Mitzwanziger aus Wien, DJ von Beruf und der Erzähler der Geschichte. Und die geht so:

 

Mischas Freundin möchte, dass er zu einem Familienessen mit ihren Eltern mitkommt. Er kneift, es kommt zum Streit und letztlich trennen sie sich erstmal irgendwie auf Zeit. Seine Furcht davor, nach seiner eigenen Familie gefragt zu werden und ob der Geschichte, die er dann erzählen müsste, schief angeschaut zu werden, diese Furcht stand ihm im Weg.

 

Einerseits entfaltet sich nun die Geschichte eines jungen Mannes, der unsicher ist, ob er seine Freundin genug liebt, um ihr gewachsen zu sein. Er trudelt durch seine Tage, legt weiter auf, schießt sich mit Alkohol und Drogen hab, schliddert in eine Affäre, wird verprügelt und muss sich nebenher um seinen kleinen Bruder kümmern, der in einer Nazigang gelandet ist.

 

Der zweite Erzählstrang entfaltet genau die Familiengeschichte, die Mischa den Eltern seiner Freundin nicht erzählen wollte. An seinen Erzeuger kann er sich nicht erinnern, daran, dass seine hart arbeitende Mutter irgendwann einen neuen Mann kennenlernt schon. Der bringt zwei Söhne mit, Zwillinge, mit deren Mutter er Mischas Mutter später noch einmal betrügt. Aber das ist, bevor sie selbst einen neuen Mann kennenlernt. Genauso wie eine neue Freundin, die gern Tarotkarten legt und nicht nur auf Mischa und seinen kleinen Bruder aufpasst, sondern eben auch die neue Freundin des Mannes seiner Mutter wird. Mischas Mutter hingegen verschwindet. Der Stiefvater zieht allerdings weiter und wird noch eine weitere Freundin haben; Mischa lebt eine zeitlang bei ihnen. Weitere Kinder werden geboren, Mischas Mutter bleibt verschwunden.

 

Und ja, ich habe auch eine ganze Weile gebraucht, um mitzukommen, wer da gerade mit wem oder wo lebt. Ok, es ist nachvollziehbar, dass Mischa auf die Frage nach seiner Familie keine einfache oder gar kurze Antwort hat.

 

Antworten geben ihm die vielen irgendwie verwandtschaftlich verbandelten Frauen aber auch nicht, die sein Stiefvater so angesammelt hat, bevor auch er verschwand.

 

Langer Rede kurzer Sinn: Mischas Nachdenken darüber, was ihn bei seiner Freundin zurückhielt oder hält, führt ihn zwangsläufig zum Nachdenken über seine Familie, all die Frauen und ihre Kinder, seinen Bruder, seine Halbgeschwister, Achtelschwestern und Zehntelbrüder.

 

Wie es ausgeht, will ich hier gar nicht vorwegnehmen, deswegen schreibe ich lieber noch ein paar allgemeinere Gedanken über den Text.

 

Ruth Cerha findet einen guten Erzählton, in dem sie Mischa sprechen lässt. Das Ganze ist kein literarisches Experiment, eher gut gemachte, nachdenkliche Unterhaltung.

 

Zwei Punkte störten mich persönlich dann aber doch.

 

Da ist die Figur Mischa. Den Typen kann man nun nicht wirklich unsympathisch finden. Allerdings nervte mich dieses Unentschlossene, Zögerliche schon ziemlich. Am sichtbarsten war dies in den unzähligen Gesprächsszenen, in denen eher nichts zu sagen wusste. Und das auch immer wieder sagt. Für meinen Geschmack ließ die Figur damit zu sehr auch nur den Hauch einer eigenen Motivation für irgendwas erkennen. Im Grunde stolpert er in alles so herein. Die Geschichte seiner Kindheit will mir dafür als mögliche Begründung nicht so recht einleuchten.

 

Erst am Ende steht dann doch die kleine Erkenntnis im Raum, dass Familie nicht nur das ist, was man sich nicht aussuchen kann. Manchmal gewinnt man auch erst eine Familie, weil man sich für sie entscheidet – ganz egal, was rechtliche Verwandtschaftsbeziehungen so sagen. Allerdings ist der überwiegende Teil der Erzählung dann doch eher davon geprägt, dass alle irgendwie eine „normale“ Familie haben wollen. Hier liefert der Roman eben kein neues Bild, keine Überraschung. Damit bleibt er gemessen an den Möglichkeiten, Familie im 21. Jahrhundert neu zu erzählen weit unter seinen Möglichkeiten. Das ist wirklich schade.

 

Wie spannend die Erzählung hätte werden können, entfaltet sich auf den letzten 30 Seiten. Mischas Erzählung ist hier beendet. In Form von kurzen Protokollen kommen ein paar der handelnden Figuren zu Wort. Sie beschreiben ihre jeweilige Sicht der Dinge. Dieser Perspektivwechsel, der sehr lebensnah vorführt, wie viel wir manchmal nur zu wissen glauben oder eben kaum ahnen, über die Menschen um uns herum und ihre Beweggründe für dieses oder gegen jenes – dieser Perspektivwechsel hätte den Roman tatsächlich zu einem Ereignis machen können.

 

Kurz und gut: Nette Lektüre, die aber zu sehr an der Oberfläche des Themas bleibt, um einzulösen, was der Klappentext verspricht.

 

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Sonntag, 21. Juni 2020

Robert Pfaller: Erwachsenensprache. Über ihr Verschwinden aus Politik und Kultur




„Ein Erlebnis im Flugzeug auf dem Weg in die USA (noch vor den Präsidentschaftswahlen im November 2016) bildet den Ausgangspunkt der folgenden Überlegungen.“ (Vorwort, Seite 9)

Im Vorspann des Films, den sich der Autor während des Fluges anschauen wollte, wurde er vor „adult language“ gewarnt. Dies nimmt er zum Anlass, den Verlust von Erwachsenensprache zu beklagen, political correctness mit Infantilisierung zu übersetzen und sich im Allgemeinen darüber zu beklagen, dass Diversität, Identitätspolitiken und Diskriminierungsbeauftragte fiese Methoden des Neoliberalismus seien, von den wirklichen und wichtigen Problemen abzulenken.

Ich kann ganz unbefangen vorwegschicken, dass ich beim Lesen dieser Arbeit zwischen Lachen und Kopfschütteln hin und her geschwankt bin. Fast ungläubig nehme ich zur Kenntnis, dass der Text tatsächlich 2017 veröffentlicht wurde und nicht vor 30 Jahren.

Pfaller arbeitet sich an der political correctness ab, die er im Wesentlichen als Sprechverbot und Infantilisierung der Sprache beschreibt. Gendergerechte Sprache, Identitätspolitiken usw. seien, wie er meint, Methoden, die vom Neoliberalismus ersonnen wurden, um uns alle so weit zu individualisieren, dass keinerlei Solidarität mehr möglich wäre. Vermittels dieser Individualisierung würden wir alle Opfern, die nur noch ihr je eigenes Leid sehen und beschreiben könnten. Es entstünde ein gnadenloser Wettlauf darum, wer am meisten Opfer sei. Und wer nicht betroffen ist, dürfe ja ohnehin gar nicht mehr mitreden.

In einem längeren sprachtheoretischen Teil befasst sich Pfaller im Mittelteil mit weißen und schwarzen Lügen, mit der Entstehung von Ressentiments und der Widersprüchlichkeit in der Erwachsenensprache.

Weil es ihm aber offenbar hauptsächlich darum geht, diese böse political correctness zu entlarven, kommt er dann doch auch wieder darauf zurück, was Frauen zum Beispiel mit dem Verlust der Erwachsenensprache anscheinend so alles verloren hätten.

Ok, ich versuche mal ein wenig für mich zu sortieren, warum ich diese Arbeit von Pfaller reichlich unterirdisch, wenn auch irgendwie, auf eine recht krude Art lustig finde.

Die Entdeckung und Politisierung von Identitätspolitiken, die Alltagsdiskriminierungen wegen des Geschlechts, sexueller Orientieren uws. benennen und sichtbar machen, erklärt Pfaller zu Ideen wohlstandsgesättigter Jungakademiker*innen, die mangels eigener Probleme endlich auch mal bedeutsam sein wollten. Der Neoliberalismus greife all dies dankbar auf, wodurch den Menschen Befindlichkeiten eingeredet würden, die ihre Identität ausmachten.

Joar, jetzt könnte man auch auf die Idee kommen, dass Jahrzehnte von Emanzipationsbestrebungen von Frauen, Homosexuellen und anderen womöglich auch etwas damit zu tun haben könnten, dass wir heute über Quotierungen für die Beteiligung von Frauen und Beauftragte gegen Alltagsdiskriminierungen reden können. Aber Pfaller gefällt der Begriff der Befindlichkeit für diese komischen Identitätsdinge so sehr, dass es mir nach dem Lesen wirklich schwerfällt, nicht zu glauben, dass er all das auch für genau das hält: Nichts als Befindlichkeiten.

Er schreibt davon, dass Menschen erst empfindlich gemacht würden – und zwar im Ergebnis von political correctness. Dass Pfaller selbst damit Menschen abspricht, Worte für ihre Identität zu finden und für die Beschreibung dessen, was sie erleben, was sie prägt, ist eine reichlich unverschämte Volte. Er entmündigt damit Menschen in genau der Art und Weise, die er der political correctness vorwirft.

Noch deutlicher und auch kruder wird es für meinen Geschmack, als der Autor nach seinem sprachtheoretischen Exkurs beschreibt, wie komfortabel doch die Situation früher für Frauen gewesen sei. Die auch sprachliche Zuweisung des Passiven an Frauen, habe ihnen doch schließlich den Vorteil gebracht, dass Männer zuerst ihr Interesse bekunden mussten. Frauen wären damit in der vorteilhaften Situation gewesen, dass sie es gewesen seien, die sich die Männer aussuchten. Und weiter dann so: Während die armen Männer ja immer gezwungen waren laut und vorweg zu gehen, hätte dies den Frauen erst die Möglichkeit gegeben, die eigentliche Macht aus der zweiten Reihe auszuüben.

Oha, dann waren die letzten Jahrhunderte geprägt von einem heimlichen Matriarchat – und niemand hat es gemerkt?

Das fiese ist ja, dass Pfaller mit seiner Kritik am Neoliberalismus nicht unrecht hat. Versucht der nicht auch Identitätspolitiken? Ja, macht er. Und Pfaller beobachtet auch richtig, dass es ebenso Verselbständigungen gibt, die sich auf Identitätspolitiken beziehen und dabei in Sprechverbote münden. Und ja, das ist ganz oft eine Diskussion innerhalb einer sehr überschaubaren Blase.

Aber rechtfertigt das, die Themen, die Identitätspolitiken setzen, zu bloßen Befindlichkeiten zu erklären? Zu den berüchtigten Nebenwidersprüchen zu deklassieren?

Wenn Pfaller Erwachsenensprache übersetzte mit sprachsensibel gegenüber Diskriminierungen, die eben auch durch Sprache transportiert werden, dann bliebe genügend Raum für Humor und auch lustvolle Sprache. Deren Verlust beklagt er ja auch, scheint aber dabei nur eine Perspektive der Lust im Blick zu haben. Und das ist nicht die von Frauen oder nicht heteronormativen Menschen.

Kurz und gut: Leider nur eine Befindlichkeitsstudie, die nicht mal merkt, dass sie selbst zum Nebennebenwiderspruch gerät. Lesbar mit Sinn für kruden Humor!

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Samstag, 20. Juni 2020

Wilfrid Lupano/ Jérémie Moreau: Der Affe von Hartlepool




"1814. Vor der Küste der englischen Ortschaft Hartlepool zerschellt ein französisches Kriegsschiff. Zwischen den angespühlten Trümmern entdecken die Bewohner des Hafenstädtchens den einzigen Überlebenden: einen Schimpansen in französischer Offiziersuniform, der als Schiffsmaskottchen an Bord gehalten wurde. Die Hartlepooler hassen Franzosen, auch wenn sie noch nie einen zu Gesicht bekommen haben, und weil der haarige Fremdling allen Klischees entspricht (er ist klein, riecht und gibt komische Laute von sich), machen sie ihm den Prozess als napoleonischen Spion.

Basierend auf einem historischen Ereignis ist 'Der Affe von Hartlepool' eine brisante, zeitlose Parabel auf nationalistische Verblendung, Rassismus und die Unmenschlichkeit des Krieges." (Umschlagtext)

Zeitlos. Leider!

(Übersetzung: Claudia Sandberg)

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Mittwoch, 17. Juni 2020

Katharina Nocun/ Pia Lamberty: Fake Facts. Wie Verschörungstheorien unser Denken bestimmen




"Corona ist eine Erfindung der Pharrmaindustrie!
Menschen, die daran erkranken, müssen so für ihre Sünden büßen!
Oder: Das Virus wurde in chinesischen Geheimlaboreng gezüchtet!

Verschwörungstheorien verbreiten sich nicht nur im Netz wie ein Lauffeuer und sind schon lange kein Randphänomen mehr. Katharina Nocun und Pia Lamberty beschreiben, wie sich Menschen aus der Mitte der Gesellschaft durch Verschwörungstheorien radikalisieren und die Demokratie als Ganzes ablehnen.

Welche Rolle s spielen neue Medien in diesem Prozess?
Wie schnell wird jeder von uns zu einem Verschwörungstheoretiker?
Und wie können w weiter verdrehte Fakten aufdecken und uns vor Meinungsmache schützen?" (Umschlagtext)

Warum ich wohl gerade jetzt auf so ein Buch aufmerksam werde ...? 🤫🤷‍♂️🤓

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Dienstag, 16. Juni 2020

Yishai Sarid: Monster





"Anlässlich eines Zwischenfalls in einer NS-Gedenkstätte stellt ein israelischer Tourguide seinen Job infrage und wirft so ein ganz neues Licht auf die Erinnerungskultur: Wo verläuft die Grenze zwischen aufrichtigem Gedenken und der Vereinnahmung der Erinnerung für die eigenen Zwecke? Und wie werden Menschen zu Mördern?" (Umschlagtext)

Erinnerungskultur ist halt nie von gestern sondern immer von heute und für morgen. So!

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Fernanda Melchor: Saison der Wirbelstürme




(Übersetzung: Angelica Ammar)

„Sie kamen durch die Bresche vom Fluss her zum Kanal, die Schleudern bereit zum Kampf, die Augenlider im gleißenden Mittagslicht zusammengekniffen, fast vernäht.“ (Seite 9)

Irgendwo im Nirgendwo in Mexiko, in einem Kaff, dessen Name vermutlich vollkommen egal ist, weil es ohnehin gerade mal eine Landstraße gibt, die andere Gegenden verbindet, und einen Fluss, einen Kanal und Felder, dort finden ein paar Kinder eine Leiche im Wasser treibend. Dass es die Leiche der Hexe ist, die am Rande der Ortschaft lebte, fast eher Phantom als real, steht fest. Warum sie dort liegt, wer beteiligt war, unmittelbar oder auch nur am Rande, das erzählt Fernanda Melchor fulminant.

In den einzelnen Kapiteln stellt sie Menschen vor, deren Leben in irgendeiner Weise mit dem der Hexe verbunden sind. So entsteht ein Geflecht aus Beziehungen, Verwicklungen, das anhand dieser überschaubaren Anzahl von Menschen das Leben in diesem Kaff zum Leben erweckt.

Ich drücke mich hier ein wenig darum herum, viel von der Geschichte zu erzählen, weil das Aufdröseln all dieser Fäden beim Lesen genau dieses unglaublich intensive Erleben ausmacht. Zwei Mittel, mit denen Melchor das gelingt will ich aber wenigstens zu beschreiben versuchen.

Texte, deren Sätze kaum ein Ende finden, und die innerhalb einzelner Kapitel kaum einen Absatz aufweisen, find ich ja oft genug ganz anstrengend zu lesen. Fernanda Melchor hat mich mit diesem Mittel nach dem zweiten Kapitel vollends in ihren erzählerischen Bann geschlagen. Weil es keinen Absatz gibt, der das Auge zum Ausruhen einlädt, wirbelte der Text mich in seinem Fluss mit sich herum. Selbst die unglaublich langen Sätze und all die Volten, die sie schlagen, haben mit mitgerissen und das Lesetempo weiter angepeitscht.

Zugleich, und das ist das zweite Mittel, das sie so grandios zu nutzen weiß, sind die Geschichten der verschiedenen Personen und deren Perspektiven bis in kleinste Nebensätze ineinander verschachtelt. Details aus der einen Perspektive finden sich im nächsten Kapitel aus anderer Sicht wieder, ohne dass diese Redundanz als Wiederholung daherkäme. So gelingt es Melchor ein Mosaik entstehen und lebendig werden zu lassen, das komplexer auf knapp 230 Seiten nicht sein könnte.

Alle vorgestellten Personen sind unglaublich lebendig. Niemand hier ist nur gut oder tut nur Schlechtes. Sie sind Opfer der Umstände, der Armut, der Gewalt und tragen all das zugleich weiter und halten diesen Kreislauf damit am Leben. Männer saufen, prügeln sich, missbrauchen Frauen, oder auch schwule Männer, sind zugleich gefangen in ihrer Hoffnungslosigkeit, die keine Vorstellung eines anderen oder besseren Lebens zulässt – also schlagen, schimpfen sie weiter. Die gleiche Ausweglosigkeit beschreibt das Leben der Frauen, die diese Männer, die Zu- und Umstände ertragen müssen und sich kaum anders zu helfen wissen, als eben auch Gewalt zu nutzen, in jedweder Form. Hier gibt es einfach keinen Weg heraus, für niemanden.

Weil es zu einfach wäre, nur die Armut als den Grund schlechthin zu kennzeichnen, die den Menschen keine andere Wahl ließe als all dies als unveränderlich hinzunehmen, ist dieser Roman eben auch und gerade ein Text über Gewalt an Frauen. Natürlich bestimmt die Armut das Leben aller in diesem Dorf. Natürlich sorgen diese Umstände dafür, dass sich Gewalt und genau diese Geschlechterverhältnisse immer wieder reproduzieren. Frauen werden aber eben andererseits auch derart in angreifbareren, prekäreren Zuständen festgehalten, dass ich nicht glauben kann, allen dort ginge es besser, wenn nur die Armut nicht mehr wäre. Im Gegenteil, Frauen wären immer noch in einer grundsätzlich gefährdeten Lage, verletzlich gehalten. Oder anders formuliert: so strukturell bedingt die Armut und die Gewalttätigkeit aller ist, genauso strukturell ist Gewalt gegen Schwächere oder schwächer Gemachte – hier vor allem die Frauen. Nix mit Nebenwiderspruch, wenn ihr versteht, was ich meine.

Kurz und gut: Puh, dieser Roman ist ein sprachlicher und erzählerischer Orkan, aktuell und unbedingt politisch. Lesen!!!11!

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Samstag, 13. Juni 2020

Karolin Schwarz: Hasskrieger. Der neue globale Rechtsextemismus



"Radikale und extreme Rechte vernetzen sich längst nicht mehr nur durch geheime Treffen. Sie sind ganz offen im Internet unterwegs, über nationale Grenzen hinweg vernetzt. Viele radikalisieren sich, ein Teil von ihnen greift zur Gewalt, einige von ihnen töten.

Karolin Schwarz [...] beschäftigt sich mit Methoden und Werkzeugen der Rechtsradikalen und vergleicht die Strategiepapiere rechter Parteien sowie weiterer rechter Gruppierungen." (Umschlagtext)

Es gibt halt einfach Themen, die schon vor Corona virulent waren und bei denen leider Maske, Abstand und Händewaschen nicht hilft.

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