(Übersetzung: Hans
Skirecki)
„Am Morgen eines Tages
Ende Oktober, kaum daß die ersten Tropfen des schier endlosen Herbstregens auf
den rissigen Salzboden westlich der Siedlung gefallen waren (wo dann ein
stinkendes Meer aus Schlamm bis zu den ersten Frösten die Feldwege unbegehbar
und die Stadt unerreichbar machen würde), erwachte Futaki davon, dass er
Glocken läuten hörte.“ (Seite 9)
Die Glocken deuten hier
aber nichts Tröstliches an, sondern läuten vielmehr einen nicht enden wollenden
Kreislauf aus Tristesse, Hoffnungslosigkeit und Vergeblichkeit ein. Nein, eine
leichte Sommerlektüre für die Hängematte ist dieses Buch nicht.
In einem kleinen Dorf
mitten im ungarischen Nirgendwo ist alles Stagnation. Die Bewohner:innen wirken
in ihrem Handeln und Wollen so verfallen wie das ganze Dorf an sich. Mag sein,
dass alle hier auch einmal ein Leben, eine Zukunft hatten. Das ist aber
offenbar lange her. Nicht nur jedes einzelne Leben besteht offenbar
ausschließlich aus Trostlosigkeit sondern auch die Beziehungen der
Dorfbewohner:innen zueinander.
Mitten in einen nicht
minder trostlosen Regentag hinein taucht ein Mann zwischen den Regenschauern
auf, der hier früher einmal lebte. Er kommt als Bote vermeintlicher Hoffnung,
als Prediger, Verführer und gestrenger Richter. Und so ziemlich alle geben sich
ihm und seinen Worten hin. Ihm, der doch nur ein Polizeispitzel ist, der rein
gar nichts zu bieten hat, was tatsächlich Anlass zur Hoffnung geben würde.
Doch auch dieser Mann
ist eingewoben in ein auswegloses System, das jedem hoffnungsvollen Impuls den
Atem raubt. Träume verstauben hier, erdrückt von Aktenbergen, aufgespießt von
penibel gespitzten Stiften, die noch aus jedem Tun oder Lassen eine Verfehlung
zu formulieren wissen. Und alle, alle fügen sich hier drein, vergrauen und
stolpern so in den nächsten und nächsten Tag.
Den Verlagstexten zum
Roman und Rezensionen lässt sich entnehmen, dass dieser Text sich beispielhaft
am gerade untergehenden real existierenden Sozialismus in Ungarn abarbeitet.
Und wie ließe sich dem widersprechen, dass ein System, so gut es gemeint
gewesen sei, zurecht untergeht, wenn es die Menschen derart zurichtet, dass
jede Hoffnung auf Zukünftiges aus ihnen weicht und damit auch jeder Anlass für
anständiges Handeln. Das ist nicht nur trostlos sondern auch drastisch geschildert
und beschrieben.
Andererseits werde ich
den Eindruck nicht los, dass wir Menschen irgendwie bisher auch noch jedes System,
jede Form gesellschaftlichen Zusammenlebens auch pervertieren konnten. Allein,
ich mag nicht einsehen, warum dies nicht erst recht Ansporn sein sollte, im
Suchen nach dem Besseren nicht nachzulassen. Da das Bessere aber eben nicht von
allein entsteht und nur, weil wir behaupten, dass es jetzt doch viel besser
sein müsste, tut auch solche schmerzhafte, erschütternde Lektüre not.
Kurz und gut: Dieser
Roman erspart weder den Figuren noch den Leser:innen eine unglaubliche
Trostlosigkeit. Vielleicht kein Lieblingsbuch, aber eine Leseempfehlung!
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