Es gibt da so eine Zwischenzeit, in der noch immer die
spielerische Unbeschwertheit der Kindheit nachhallt, aber jede kleinste
Handlung beginnt, mit unbedingtem Ernst die weiteren Geschicke mindestens der
ganzen Welt zu bestimmen. Eben noch waren die Familie, Eltern, Geschwister
vielleicht und Verwandte, der Kosmos, in dem dir dein Platz zugewiesen und
sicher war. Aber von heute auf morgen liegt das lange zurück, und du findest
dich wieder in einer sehr viel größeren Welt.
Da sind die Klassenkameraden, all die anderen auf dem
Schulfhof, die Kinder aus der Nachbarschaft, deine Freunde, die du seit euren Sandkastentagen
kennst. Plötzlich gibt es nichts Wichtigeres als deinen Platz in der Clique
deines Viertels zu finden. Und weil es allen anderen genauso geht, gibt es ein
großes Gerangel, das alle mit unglaublicher Ernsthaftigkeit betreiben.
Wie zum Beispiel in den kriegerischen Auseinandersetzungen
mit denen aus der Unterstadt. Nur weil da mit Indianergeheul und Pfeil und
Bogen aufeinander losgegangen wird, ist das noch lange kein Spaß mehr. Nein,
hier geht es um alles.
Ein wenig fühlte ich mich, während ich Igor und seine Clique
in einem Industriestädtchen in Lothringen begleitete, an den „Krieg der Knöpfe“
erinnert – und an meine eigene Zwischenzeit. Wahrscheinlich macht genau das
auch immer den Reiz solcher Geschichten von damals aus. Gefangen im konkreten
Erwachsenenleben, zwischen Anforderungen und eigenen Zielen feststeckend, ist
die Erinnerung an dieses herrlich unbeschwerte Dazwischen eingetaucht in
sepiafarbenes, mildes Licht.
Baru belässt es aber nicht beim romantisiert gehauchten „Ach,
wie schön war das doch damals“. Igors Geschichte spielt in den späten
Fünfzigern. Es wird gestreikt, Kommunisten und ihre Gegner halten Kundgebungen
ab, selbst in den Familien finden politische Auseinandersetzungen statt – und der
Sputnik fliegt.
Mit einem Stil, der das Dazwischen ganz wunderbar einfängt
und den Figuren Ernsthaftigkeit und Kindliches gleichermaßen zugesteht, gewährt
uns Baru einen mitreißenden und authentischen Blick auf diese inzwischen doch
so ferne Zeit.
Beim Schmökern einfach mal ein wenig aus der Zeit purzeln
und sich wieder etwas dazwischen fühlen – Check!
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