Donnerstag, 8. September 2016

Robert Seethaler: Der Trafikant



„An einem Sonntag im Spätsommer des Jahres 1937 zog ein ungewöhnlich heftiges Gewitter über das Salzkammergut, das dem bislang eher ereignislos vor sich hin tröpfelnden Leben Franz Huchels eine ebenso jähe wie folgenschwere Wendung geben sollte.“ (Seite 7)

Franz ist 17 Jahre alt, verlässt seine Mutter und das Salzkammergut, um in Wien in einer Trafik, einem Tabak- und Zeitungsladen,  in die Lehre zu gehen. Schüchtern und irgendwie herrlich unbeholfen trifft er auf eine quirlige Großstadt, den mürrisch-wortkargen Trafikanten Otto Trsnjek und die verführerische Anezka, die ihm dann gleich natürlich ordentlich den Kopf verdreht.

Welch ein glücklicher Zufall, dass ausgerechnet der weltberühmte Sigmund Freud zur Stammkundschaft der Trafik zählt. Mit jugendlichem Starrsinn erringt Franz des Professors Aufmerksamkeit und Zuneigung - wenn auch weniger die erhofften Ratschläge zum Thema Frauen und Liebe.

Als wenn der junge Franz mit alldem nicht schon genug zu tun hätte, drängt sich immer wieder die sich zuspitzende politische Lage in der Stadt in der Zeit des Anschlusses von Österreich an Nazi-Deutschland in sein Leben. Die Leute scheinen immer verrückter zu werden.

Robert Seethaler hat einen wunderbaren Sound für seinen Roman gefunden. Auch wenn der Text nicht im Dialekt verfasst ist, ergibt sich ein Rhythmus, der so klingt, wie sich der Piefke vorstellt, dass die Ösis klingen.

Der jugendlich-naive Hauptcharakter ermöglicht es Seethaler, die Geschichte ohne übermäßigen Pathos zu erzählen. Schmunzeln ist beim Lesen garantiert; die bittersüße Leichtigkeit des Tonfalls stimmt nachdenklich, ohne dass man denkt „nicht schon wieder was mit Nazis“.

Nicht vergessen will ich auch, die Aufmachung und Ausstattung dieser Pocket-Ausgabe vom Verlag „Kein & Aber“ zu erwähnen. Ehrlich, ich steh auf diese Taschenbücher – und nicht nur wegen des farbigen Schnitts. :)

Kurz und gut: Lesen!

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