Mittwoch, 22. Dezember 2021

Stefanie vor Schulte: Junge mit schwarzem Hahn


"Der elfjährige Martin besitzt nichts bis auf das Hemd am Leib und seinen schwarzen Hahn, Behüter und Freund zugleich. Die Dorfbewohner meiden den Jungen, der zu ungewöhnlich ist. Viel zu klug und liebenswürdig. Sie behandeln ihn lieber schlecht, als seine Begabungen anzuerkennen. Als Martin die Chance ergreift und mit dem Maler fortzieht, führt dieser ihn in eine schauerliche Welt, in der er dank seines Mutes, Mitgefühls und Verstandes widerstehen kann und zum Retter wird für jene, die noch unschuldiger sind als er." (Umschlagtext)

Mal wieder macht die Ausgabe der Büchergilde echt was her. Neben dem Cover hat mich aber auch die Beschreibung gleich gekriegt. Jetzt bin ich gespannt. 🤓

#lesewinter #Roman #stefanievorschulte #büchergilde #diogenes #krieg #mut verstand #herz #lesen #leselust #bücher #literatur

Montag, 20. Dezember 2021

Jens Balzer: High Energy. Die Achtziger - Das pulsierende Jahrzehnt


"Es sieht nicht alles schlimm aus in den achtziger Jahren. Aber vieles. Es ist das Jahrzehnt der explodierenden Dauerwellen und Pornoschnauzbärte, der aufgepumpten Schulterpolsterjacketts und schrillen Herumprotzerei; in den Achtzigern werden die Yuppies zu Vorreitern einer neuen Egoistenkultur. Doch gleichzeitig herrscht die Angst vor der Apokalypse, vor dem Atomtod und der Umweltzerstörung; die Menschen sehnen sich nach Utopien und Zukunft, nach neue Gemeinschaft und Wärme. Helmut Kohl lässt die 'geistig-moralische Wende' ausrufen, aber Hunderttausende demonstrieren auch für Frieden und Abrüstung, die Grünen etablieren sich als politische Kraft. Die Popkultur wird zum Schauplatz der feministischen und schwulen Emanzipation, mit dem Hip-Hop erhalten Minderheiten eine Stimme, die bis dahin fast unsichtbar waren. Eine ganze Generation lernt am Commodore 64 das Programmieren und begibt sich auf den Weg in die digitale Gesellschaft. Am Ende des Jahrzehnts fällt die Berliner Mauer, eine Umwälzung, die unsere Welt bis heute prägt. Jans Balzer bringt die Widersprüche der Achtziger zum Leuchten, ihre befremdlichen Moden und bizarren Lebensstile ebenso wie ihren Revolutionsdrang, in dem die Wurzeln unserer Gegenwart liegen." (Klappentext)

Ach, die Achtziger! 🙈 Zumindest musikalisch lange ich da ja immer wieder mal, merke aber auch, dass Achtziger auch für mich eher eine Chiffre für "den Westen" ist. Und ich hab Lust, dazu zu schmökern. 🤓

#leseherbst #sachbuch #jensbalzer #rowohlt #80er #zeitgeschichte #kultur #schulterpolster #kalterkrieg #wende #lesen #leselust #Bücher

Sonntag, 19. Dezember 2021

Elena Ferrante: Die Geschichte des verlorenen Kindes. Band 4 der Neapolitanischen Saga


(Übersetzung: Karin Krieger)

„Von Oktober 1976 bis zu der Zeit, als ich 1979, nach Neapel zurückzog, vermied ich es , wieder feste Beziehungen zu Lila aufzubauen.“ (Seite 17)

Vier Bände lang bin ich jetzt hin und her geschwankt zwischen einmal komplett Durchsuchten und dem erstmal Sacken lassen der einzelnen Teile. Vollkommen erwartbar war natürlich, dass es dann auf einmal vorbei ist. Fast ein ganzes Leben auf mehr als 2.000 Seiten (ohne nachschauen 😊). Puh! So viel kann ich schon mal verraten, ich hab das Schmökern bis zum Ende zutiefst genossen.

In Band 4 kommt die Geschichte von Elena, die immer auch die Geschichte von Lila und zahlreichen anderen Figuren ist, in den Achtzigern an. Elena hat beruflich und privat mehr als einmal Hochzeiten und Niederlagen erfahren. Sie genießt den Erfolg, wenn er sich einstellt, in vollen Zügen, ist aber weiterhin voller Selbstzweifel, wenn er ausbleibt. Wie sehr Persönliches und Öffentliches sich vermischen zeigt sich, wenn Elena als erfolgreiche Autorin viel reist, öffentlich auftritt und entsprechend wenig Zeit für ihre Kinder hat. Genau das verpasst ihrem Hochgefühl dann auch sofort einen Dämpfer, wenn es eben nicht läuft.

Dass Elena nach ihrer Entscheidung für den Liebhaber und gegen den Ehemann gleich auch noch all die erwartbaren Fallstricke zu meistern hat, inklusive des Urteils der Menschen um sich herum, macht es nicht besser. Aber auch hier gelingt es der Autorin einmal mehr in bester Art und Weise, aus der Geschichte eben kein Rührstück zu machen. Elena ist an keiner Stelle nur die egoistische Frau, die nur an sich und ihre Kariere denkt, sie ist aber auch nicht einfach nur die arme hilflose Frau ohne Mann.

Elena Ferrante zeichnet eine Realität von Frauen in einer gnadenlos patriarchalen Gesellschaft, die so auch für andere Zeiten und andere Orte Gültigkeit beanspruchen kann.

Mehr als einmal musste ich an Geschichten denken, die mir meine eigene Mutter erzählte, aus den ersten gut zehn Jahren meines Lebens, in denen sie mich als Alleinerziehende aufzog. Was wurde im Dorf, in dem wir damals lebten, nicht geschaut und geunkt, ob die junge Frau das denn auch richtig macht. Geht sie arbeiten, was das richtig. Arbeitete sie in Schichten war das natürlich gefährlich nah an der Vernachlässigung ihres Sohnes. Lernte sie Männer kennen, wurde sofort gegafft und bewertet. Dass sie Typen, bei denen sie feststellen musste, dass sie Interesse an ihr aber nicht an ihrem Sohn hatten, sofort abschoss, hat selbstverständlich kaum jemand wahrgenommen.

Bei Ferrante geht es aber natürlich nicht nur um alleinerziehende Frauen, sondern ums Ganze. Wie ein roter Faden zieht sich durch alle vier Bände, was Menschen einander so antun. Männer den Frauen, Frauen aber auch anderen Frauen, Erwachsene den Kindern – und mit dem Blick aus dem Jahr 2021 und mit all den feministischen und identitätspolitischen Debatten im Hinterkopf bleibt nur das verwunderte Augenreiben – und zwar nicht, weil das alles Geschichte wäre. Beileibe nicht.

Dass die Hauptfigur Elena sich als feministische Autorin einen Namen machen kann, bietet natürlich die kongeniale Möglichkeit, ihr Leben auch etwas analytischer zu schildern. Feminismus und auch die Klassenfrage werden so ganz praktisch greifbar.

Elena Ferrantes Verdienst ist es für mich, einen zutiefst feministischen und humanistischen Blick auf die Gesellschaft aufgemacht zu haben, ganz ohne Moralkeule und obendrein einfach gut erzählt. Wer Debatten wie #metoo und andere heute für abgehoben akademisch hält, dem sei die Neapolitanische Saga wirklich dringend ans Herz gelegt. Und allen, die gute Literatur mögen, die etwas zum Blick auf uns beitragen kann, ohnehin.

Ein bisschen gespannt bin ich, nebenher gesagt, auch auf die Verfilmung als Serie, die bei diesen Bänden tatsächlich nahe liegt. Vermutlich ist die Chance darauf, dass sie gelungen ist, ebenso groß wie das Gegenteil. 😉

Kurz und gut: Meiner Mutter schenke ich normalerweise keine Bücher. Den ersten Band habe ich ihr aber schon zukommen lassen und hoffe sehr, dass sie Lust auf die ganze Reihe bekommt. Lesen!

#leseherbst #roman #elenaferrante #suhrkamp #italien #neapel #80er #frauenleben #freundschaft #liebe #feminismus #debatte #klasse #ferrantefieber #lesen #leselust #lesenswert #bücher #literatur

Dienstag, 14. Dezember 2021

Philipp Sarasin: 1977. Eine kurze Geschichte der Gegenwart


"Im weißen Rauschen der Gegenwart von 1977 war nur die Unsicherheit gewiss und die Ahnung verbreitet, dass die alten Koordinaten der Moderne bald verblasst und von neuen Markierungen überschrieben sein würden. Was also war der Fall in jener Gegenwart, jenem für die Zeitgenossen so unbestimmbaren Zwischenraum der Zeit des Jahres 1977?" (Umschlagtext)

Wenn man Bücher über Geschichte findet und dann feststellt, dass sie von einer Zeit erzählen, zu der man selbst schon auf der Welt war. 🙈🤓

"1977 startete die RAF ihre 'Offensive 77', wurde das Centre Pompidou eröffnet, in Kalifornien der Apple II lanciert - und das Internet erfunden. Was bedeuten diese merkwürdigen Gleichzeitigkeiten? Warum sprach zur selben Zeit Jimmy Carter von den 'human rights', sprachen schwarze Aktivistinnen von 'identity politics', Esoteriker vom 'New Age' und Architektinnen von 'symbolischen Formen'? Warum gleichzeitig Punk, Disco und Hip-Hop? Und warum sagte Michel Foucault 1977: 'Wir müssen ganz von vorne beginnen'?

Philipp Sarasin untersucht in seinem Buch die Linien, Muster und Ähnlichkeiten, die diese und andere Ereignisse des Jahres 1977 miteinander verbinden - und er erzählt davon, wie der Glaube an ein gemeinsames Allgemeines, der die Moderne formte, zu zerbröckeln begann. 1977 führt uns ein Jahr vor Augen, in dem nur die Unsicherheit gewiss und die Ahnung verbreitet war, dass die alten Koordinaten der industriellen Gesellschaft in Zukunft keine Orientierung mehr bieten würden. Eine phänomenale Zeitreise in die Geschichte unserer Gegenwart." (Klappentext)

Sonntag, 12. Dezember 2021

Gert Loschütz: Besichtigung eines Unglücks


"Im Dezember 1939 kommt es vor dem Bahnhof von Genthin zum schwersten Zugunglück der deutschen Geschichte. Zwei Züge prallen aufeinander, zahlreiche Menschen sterben. In einem davon sitzt Carla, die schwer verletzt überlebt. Verlobt ist sie mit Richard, einem Juden aus Neuss, aber nicht er ist ihr Begleiter, sondern ein Italiener namens Giuseppe Buonomo, der durch den Aufprall und Leben kommt. Warum Carla sich nach dem Unglück als dessen Frau ausgegeben hat, versucht viele Jahre später der Journalist Thomas Vandersee zu ergründen. Bald ahnt er, dass sein eigenes Familienschicksal mit dem der mysteriösen Reisenden verflochten sein könnte.

Vor dem Hintergrund einer historischen Katastrophe erzählt der Romancier Gert Loschütz eine große, unter die Haut gehende Geschichte von Liebe und Verrat." (Umschlagtext)

Cover und Beschreibung und Herstellung - you got me Schöffling! 🤓😘

"Im Dezember 1939 kommt es vor dem Bahnhof von Genthin zu dem schwersten Zugunglück, das sich jemals auf deutschem Boden ereignet hat. Zwei Züge prallen aufeinander, zahlreiche Menschen sterben. In einem davon sitzt Carla, die schwer verletzt überlebt. Verlobt ist sie mit Richard, einem Juden aus Neuss, aber nicht er ist ihr Begleiter, sondern der Italiener Giuseppe Buonomo, der durch den Aufprall ums Leben kommt. Das Ladenmädchen Lisa vom Kaufhaus Magnus erhält den Auftrag, der Verletzten, die bei dem Unglück alles verloren hat, Kleidung zu bringen. Aber da gibt Carla sich bereits als Frau Buonomo aus. Von diesem mysteriösen Vorfall erfährt viele Jahre später Lisas Sohn Thomas Vandersee, dem die Mutter zugleich ihre eigene Liebes- und Unglücksgeschichte erzählt. Kann er Carlas Geheimnis ergründen? Hängt es womöglich mit seiner eigenen Familie zusammen?
Vor dem Hintergrund einer historischen Katastrophe erzählt der Romancier Gert Loschütz eine große, unter die Haut gehende Geschichte von Liebe und Verrat." (Klappentext)

#leseherbst #roman #gertloschütz #schöffling #deutschland #zeitgeschichte #zugunglück #Liebe #verrat #lesen #leselust #bücher #indiebook #literatur

Freitag, 10. Dezember 2021

Ole Nymoen/ Wolfgang M. Schmitt: Influencer. Die Ideologie der Werbekörper


"Influencer sind eine erst zu nehmende Gefahr, da sie antiaufklärerisch agieren und ihre Follower manipulieren. Sie erzeugen ein falsches Bewusstsein, das sie wiederum gewinnbringend auszubeuten wissen, ja, sie verherrlichen das 'beschädigte Leben' im Spätkapitalismus." (Umschlagtext)

Na, fühlt sich schon jemand angesprochen? 😜

Hier noch etwas Klappentext:
"Menschen über dreißig kennen oft nicht einmal ihre Namen, für jüngere Jahrgänge sind sie Topstars: Influencer. Junge Erwachsene und sogar Kinder filmen sich beim Schminken, auf Reisen oder beim Sport und teilen ihre Tipps über soziale Medien mit ihren Fans. Dabei platzieren sie geschickt Produkthinweise und verdienen so ihren Lebensunterhalt - oder gar ein Vermögen.
Für Ole Nymoen und Wolfgang M. Schmitt sind die Influencer symptomatische Sozialfiguren unserer Zeit. In der Abstiegsgesellschaft scheinen noch einmal Aufstiegsträume wahr zu werden, der Spätkapitalismus hübscht sein Gesicht mit Filtern und Photoshop auf, mit einer revolutionären Form der Werbung komplettieren Instagrammer und Youtuber das Geschäftsmodell des kommerziellen Internets. Bei aller ausgestellten Modernität, so Nymoen und Schmitt, beeinflussen die Influencer jedoch noch in einer weiteren Hinsicht den Zeitgeist: Indem sie rückwärtsgewandte Rollenbilder, Konsumismus und rigide Körpernormen propagieren, leisten sie einem konservativen Backlash Vorschub." (Klappentext)

#leseherbst #Sachbuch #olenymoen #wolfgangmschmitt #suhrkamp #gesellschaft #Digital #influencer #socialmedia #Debatte #polbil #lesen #leselust #bücher