Dienstag, 29. Juni 2021

Eva Illouz/ Edgar Cabanas: Das Glücksdiktat - und wie es unser Leben beherrscht


"Glück lässt sich lernen. Das will uns die boomende Glücksindustrie weismachen - mit ihren Seminaren, Ratgebern und Happiness-Indizes. Wenn wir uns nur ausreichend bemühen, kommt auch die Zufriedenheit. Aber was bedeutet es, wenn wir mit dieser Aufgabe alleingelassen werden? Wenn Unternehmen, Regierungen und öffentliche Institutionen sich aus der Verantwortung zeihen können? Wer sind eigentlich die Nutznießer und wer die Verlierer der 'Diktatur des Glücks'?" (Umschlagtext)

Weil es für mich heute so schön passt: Glück geht auch ohne Glücksindustrie, ich bin sicher. Und nein, ich meine nicht Fußball. 🤓

(Übersetzung: Michael Adrian)

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Montag, 28. Juni 2021

Delia Owens: Der Gesang der Flusskrebse


"Chase Andrews stirbt, und die Bewohner der ruhigen Küstenstadt Barkley Cove sind sich einig: Schuld ist das Marschmädchen. Kya Clark lebt isoliert im Marschland mit seinen Salzwiesen und Sandbänken. Sie kennt jeden Stein und Seevogel, jede Muschel und Pflanze. Als zwei junge Männer auf die wilde Schöne aufmerksam werden, öffnet Kya sich einem neuen Leben - mit dramatischen Folgen.

Delia Owens erzählt intensiv und atmosphärisch davon, dass wir für immer die Kinder bleiben, die wir einmal waren. und den Geheimnissen und der Gewalt der Natur nichts entgegensetzen können." (Umschlagtext)

Das Cover hab ich jetzt so lange im Buchladen gesehen und so viele Lobeshymnen gelesen, dass ich mich nicht verweigern will. Das sieht aber auch hübsch aus und passt bestens zu meinem Sommerabendgefühl - also ohne Mücken und derlei. 😉

(Übersetzung: Ulrike Wasel/ Klaus Timmermann)

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Sonntag, 27. Juni 2021

Jutta Voigt: Stierblutjahre. Die Boheme des Ostens


„Es war einmal ein Land, in dem Lampen ohne Fransen und Kaffeetassen ohne Blümchen die Parteitage beschäftigten.“ (Seite 11)

Dieses feine Büchlein erzählt mal wieder eine für die so oft als trist und grau beschriebene kleine DDR eine überraschende Geschichte. Die Unangepassten, die Lebenskünstler stehen in ihrem Mittelpunkt- die Boheme des Ostens, wie der Untertitel lautet.

Ich kann inzwischen gar nicht mehr zählen, wie oft ich schon meine Überraschung geschildert habe, darüber wie viele verschiedene und unterschiedliche Realitäten offenbar in diesem kleinen Land steckten und möglich waren, das ich nur aus der dörflichen Perspektive in Thüringen kennenlernte. Und selbst für diesen Ort, unweit der Grenze zu Hessen, würde ich trist und grau als Adjektive schon nicht annehmen wollen.

Rückwirkend gab es auch hier bohemehafte Momente. Wenn zum Beispiel in der großen Hofpause die Fenster des Jugendklubs im Keller geöffnet wurden, Boxen zum Hof gedreht und Musik von den Rolling Stones erschallte – protegiert durch den stellvertretenden Direktor, der Teil eines größeren Stones-Fan-Netzwerkes war, wie ich Jahre später erfahren habe. Oder aber beim Tanzstunden-Abschlussball, der Moment, als unsere Direktorin ganz allein mitten auf der Tanzfläche stand, ein Glas Whiskey oder ähnliches in der einen Hand, das Mikrofon am langen Kabel in der anderen. Eine Zigarette war, glaube ich, auch noch im Spiel. Und ganz ohne Begleitung aber mit unglaublich rauchig-brüchiger Stimme sang sie das Haifischlied von Bert Brecht. Alle hatten diesen legendären Moment herbeigesehnt, von dem uns die älteren Jahrgänge raunend erzählten.

Gänzlich verwundert kann ich also doch nicht sein, über das, was Jutta Voigt aus der für mich damals so fernen Hauptstadt berichtet. Genaugenommen sind es die Geschichten, die für so viele genau den Reiz ausmachen, für den der alte Prenzlauer Berg immer so bewundert wurde – auch wenn hier meist der Kiez in der Wendezeit und in den frühen Neunzigern gemeint ist. Aber vielleicht ging das ja auch fließend ineinander über.

Möglicherweise lässt ein Gesellschaftssystem wie die DDR ja auch eine Boheme, Unangepasste, Kreative, Gradwanderer erst so richtig schillern, weil sich all die braven Bürger:innen so sehr konform verhielten oder aber das Schillern aufs rein Private begrenzten. Hier dagegen wurde mindestens in den nächtlichen Anlaufstellen das Private ordentlich zur Schau getragen, ausgelebt und zwar hemmungslos. So wirkt es wenigstens nachträglich.

Jutta Voigt hat kein Sachbuch geschrieben. Es ist viel mehr ein sehr literarisches und, glaube ich, sehr persönliches Erinnerungsbuch. Sie streift durch die Lokale und Zeiten mit atmosphärisch dichten Bildern, rauchgeschwängert und von Stierblut vollgesogen. Das ist wirklich grandios zu lesen.

Je mehr ich über dieses seit über dreißig Jahren verschwundene Land lese, um so weniger kann ich für mich sagen, was und wie es denn nun eigentlich gewesen sein mag. Also trage ich weiter all diese Mosaiksteinchen zusammen und genieße solche Perlen wie dieses Buch. Das will auch so gar nicht vergessen machen, welche auch wirklich schrecklichen Ecken und Seiten es dort auch gab.

Kurz und gut: Passt bestens zu einer Flasche Stierblut. Diesen ungarischen Wein muss es schon allein deswegen noch geben, weil es solch unglaublich guten Texte gibt. Lesen!

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Samstag, 26. Juni 2021

Mosaik #547


Huh, heiß, Feuer - grillen! Danke Abrafaxe für diese assoziative Inspiration. 🥰😎😜

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Sonntag, 20. Juni 2021

Johann Chapoutot: Gehorsam macht frei. Eine kurze Geschichte des Managements - von Hitler bis heute


"Was heutige Unternehmen und die NS-Ideologie gemeinsam haben

Über 600 Führungskader- von BMW über Aldi bis Thyssen-Krupp - durchliefen die Akademie für Führungskräfte, die der fanatische NS-Jurist Reinhard Höhn 1956 in Bad Harzburg Begriffserklärung begründete und über Jahrzehnte hinweg leitete. Höhns beispielhafter Aufstieg zum Marketing-Guru wirft die beunruhigende Frage auf: Wie stark ist unsere Arbeitswelt noch heute vom Geist der NS-Zeit geprägt?" (Umschlagtext)

"Die NS-Kriegswirtschaft zielte konsequent auf Leistungsfähigkeit: Der Mensch wurde zum Produktionsfaktor, die 'Volksgemeinschaft' gehorchte dem 'Führer'. Dieses Menschenbild setzte sich in der Bundesrepublik fort: Aus 'Menschenführung' wurde 'Management', auf die NS-Kriegsmaschinerie folgte die Massenproduktion der Konsumgesellschaft. Am Beispiel des Unternehmensberaters Reinhard Höhn legt Johann Chapoutot eine erschreckende Kontinuität im ökonomischen Denken vor und nach 1945 offen: Das Ziel unbedingter Leistungsbereitschaft findet sich bei den Vordenkern der NS-Kriegswirtschaft ebenso wie in den Handbüchern der Unternehmensführung von heute." (Klappentext)

Titel, Untertitel und Cover haben mich sofort innehalten lassen. Auftragstaktik, Delegation von Verantwortung an Mitarbeiter:innen ... alles ursprünglich Nazikram? Und schon war ich sehr neugierig. 🤓

(Übersetzung: Clemens Klünemann)

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