„Der große Ast, fast die ganze Krone, lag plötzlich unter dem Baum. Ich hatte kein Knirschen und Krachen gehört, der Knall aus einem kurzlebigen Buschwerk von Erdklumpen, nicht weit vom Baum entfernt, hatte alles übertönt.“ (Seite 9)
Das Faszinierende an dieser Bücherwelt ist ja, dass ich schon viele Jahre sehr viel gelesen haben und literarisch die Welt bereist haben kann – und doch findet sich immer wieder ein neuer Name, der andernorts wohl bekannt ist, von dem ich aber bisher noch nichts gehört habe. Und obwohl man denken könnte, dass die Themen sich irgendwann wiederholen müssten, gibt es durch diese persönlichen Neuentdeckungen immer wieder literarische erste Male. Ich finde das großartig.
Bei dieser Novelle, die im Krieg spielt, kann ich das zumindest gut nachvollziehen. Die Intensität des Textes, die erzählerische Dichte fangen Grauen und Schrecken des Krieges wirklich eindringlich ein.
Der Krieg, um den es hier geht, wird nicht weiter spezifiziert. Wir wissen nur, dass Deutsche, Russen und Partisanen sich an einer namenlosen Front gegenüberstehen. Mitten im Frontverlauf liegt in einer Ortschaft ein Haus, das jede der Seiten immer mal wieder einnimmt und besetzt. Der Erzähler ist einer der Kämpfer auf Seiten der Partisanen.
Mitten im Kampf wird er versprengt, verliert seine Kameraden und findet sich in dem fast schon idyllisch gelegenen Haus wieder. Er ist allein und beginnt das schier endlos große Anwesen und das Gebäude zu durchsuchen.
Zunächst traut er dem „Frieden“ nicht, wird aber sicherer, je länger er auf niemanden trifft. Umso erregter wird der Partisan, als er feststellt, dass das Haus doch nicht gänzlich unbewohnt ist. Außerdem drängt auch der Krieg sich wieder in diese Idylle. Das Haus wird einmal mehr besetzt.
Bei all dem verschwimmt immer mehr die Realität oder das, was im Grauen des Krieges noch davon übrigbleibt. Wer ist Feind, wer Freund, was bedeuten diese Kategorien überhaupt, wenn es dem Einzelnen nur noch ums Überleben gehen kann?
Und damit ist für mich der Kern des Textes erreicht. Jenseits aller heroischen Kriegspropaganda egal welcher Seite, die nur versucht, mehr „Menschenmaterial“ für die endlosen Schlachten zu gewinnen, bleibt da nichts als Grauen, Wahnsinn, das nackte, jeder Hoffnung beraubte Leben. All die Erzählungen und Begründungen für Kriege können dieses Höllenloch nicht stopfen.
Womit ich nicht sagen will, dass es egal sei, wer aus welchem Grund in den Krieg zieht. Angesichts gerade der beiden die Presse und die Diskussionen beherrschenden Kriege wird das besonders deutlich. Aber die konkreten, individuellen Auswirkungen auf alle Menschen, die sich in diesen Schrecknissen wiederfinden, sind und bleiben unbeschreiblich und letztlich nicht zu rechtfertigen.
Das widerspricht auch jeder Propaganda, die die Gegenseite zu entmenschlichen sucht und unterstreicht einmal mehr die Notwendigkeit von weltweit geltenden Konventionen, die gerade so massiv unter Beschuss stehen. Und das ist sicher kein Kollateralschaden.
Wer also gegen Krieg spricht, dafür aber mit Kriegspropaganda argumentiert, möge diesen Text lesen.
Kurz und gut: Kein leichter Stoff und leider offenbar zeitlos. Lesen!
(Übersetzung: Waltraud Hüsmert)
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