Dienstag, 29. November 2022

Tillie Walden: Auf einem Sonnenstrahl


„MIA ist das neueste Mitglied an Bord eines Raumschiffs, dessen Mannschaft zerfallene Weltraumarchitektur restauriert. Die Besatzung wird für Mia schnell zu einer zweiten Familie, doch die Erinnerungen an ihre Zeit im Internat, als sie sich in die geheimnisvolle Schülerin Grace verliebte, lassen sie nicht los. Zusammen macht die Crew sich auf zu einer gefährlichen Reise ans Ende der Galaxie …

Die preisgekrönte Comicautorin TILLIE WALDEN erzählt eine queere Coming-of-Age-Story über Freundschaft und die Suche nach einer verschollenen Liebe.“ (Umschlagtext)

Ich finde ja, auch Comics dürfen mal so richtig dick sein. 😉 Die Story klingt in jedem Fall vielversprechend und die Zeichnungen, in ihrem recht klaren Stil nicht minder. Ich freue mich auf das Schmökern dieses weiteren Mitbringsels von „Kleine Verlage am großen Wannsee“.

„EIN riesiger Fels. Ein Fels, so groß, dass er eine ganze Welt ist. Doch der Ort ist vergiftet. Kein Leben gedeiht hier. Ewige Stürme, Sternenschauer und endloser Wind. Niemand verlässt diesen Ort. Niemand soll ihn verlassen … Aber es gibt Leute, die aufpassen, dass nicht doch jemand entwischt.“ (Klappentext)

(Übersetzung: Barbara König)

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Sonntag, 27. November 2022

Stefanie vor Schulte: Junge mit schwarzem Hahn


„Als der Maler kommt, um ein Altarbild für die Kirche zu fertigen, weiß Martin, dass er am Ende des Winters mit ihm fortgehen wird.“ (Seite 5)

Diese Geschichte des Waisenjungen Martin bedient sich märchenhafter Elemente. Zum Märchen macht das diesen Text nicht unbedingt. Und Kindern würde ich ihn auch nicht vorlesen. Erwachsenen dagegen empfehle ich ihn unbedingt.

Martin verlor seine Familie früh auf tragische Weise und lebt seitdem allein in einer Hütte abseits des Dorfes. Niemand kümmert sich um ihn. Seinen Lebensunterhalt verdient sich der vielleicht Zehn- oder Elfjährige durch kleine Hilfsarbeiten. Mit seiner ruhigen, besonnenen Art ist er ein guter Beobachter, der in aller kindlichen Unschuld eine Klugheit ausstrahlt, die den tumben Dorfbewohnern Angst macht. Suspekt ist diesen nicht weniger, dass ein schwarzer Hahn den Jungen stets begleitet. Entweder sitzt auf Martins Schulter oder unterm Hemd. Der Hahn ist sein bester Freund und alles, was ihm geblieben ist.

Der Maler durchbricht mit seiner Anwesenheit die wenig idyllische Eintönigkeit der Tage und setzt damit eine Reihe von Ereignissen in Gang, die Martin aus dem Dorf fortführen. Die eher mittelalterliche Welt, in die der Junge nun gerät, ist von Krieg verwüstet, von Hunger geplagt und menschlicher Niedertracht und Gewalt ausgeliefert.

Der Junge mit den ruhigen Augen und dem reinen Herzen musste erleben, wie einer Mutter aus seinem Dorf die Tochter von einem schwarzen Reiter geraubt wurde. Dass er mit dem Maler zusammen das Dorf verlässt, ist nicht nur ein Aufbruch in eine mögliche Zukunft. Er gibt sich selbst das Versprechen, die geraubte Tochter wie alle anderen geraubten Kinder zu finden und zu befreien.

Dieser Debutroman von Stefanie vor Schulte hat mich von der ersten Seite an gefesselt. Sie erzählt schnörkellos, macht wenig erzählerisches Tamtam. Dabei kennzeichnet sie ihre Figuren mit vielen kleinen Beschreibungen, die genau treffen. Die Gräuel in dieser Welt, durch die sich Martin schlagen muss, sind ebenso klar, bitter und keine leichte Kost.

Gerade überlege ich noch, warum mir die Verbindung zum Märchen hier so nahe lag. Da ist natürlich diese mittelalterliche, einfache Welt der Bauern und Fürsten und Reiter. Die kindlich-jugendliche Unschuld stellt sich gegen den Wahnsinn und die Gewalt der Erwachsenen. Einen Schuss Magie gibt es natürlich auch noch. Ein paar wenige Figuren stechen hervor in dieser Geschichte, alle anderen tragen zu der bedrückenden Atmosphäre bei. Aber, die Autorin weidet das erzählerisch nicht aus und bleibt ihrem Erzählton treu.

Kurz und gut: Dieser Debutroman ist für mich eine echte Entdeckung. Lesen!

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Samstag, 26. November 2022

Patricia B. McConnell: Das andere Ende der Leine. Was unseren Umgang mit Hunden bestimmt



 „Dieses Buch wirft eine revolutionäre Perspektive auf unseren Umgang mit Hunden: Es beleuchtet nicht nur deren, sondern in erster Linie unser Verhalten! Als Doktorin der Zoologie und Expertin für Hundeverhalten betrachtet McConnell uns Menschen augenzwinkernd wie eine interessante Spezies von Säugetieren. Fundiert, aber höchst unterhaltsam beschreibt sie, wie wir uns gegenüber Hunden benehmen, wie diese unser Verhalten deuten und wie wir mit ihnen umgehen sollten, um das Zusammenleben für beide harmonisch zu gestalten.

Beginnen Sie, unser Verhalten aus der Perspektive von Hunden zu betrachten und Sie werden verstehen, warum vieles, das für uns wie Ungehorsam aussieht, einfach ein großes Missverständnis ist: Denn wir sind Primaten, die Hunde Caniden – und sprechen folglich andere Sprachen. Die gute Nachricht ist: Die Verständigung lässt sich bestens optimieren! Dieses mitreißende und vergnügliche Buch voller Aha-Effekte zeigt Ihnen, wie das geht.“ (Umschlagtext)

Heute gibt’s mal was ganz Anderes. Ich habe es ja sonst nicht so mit Ratgebern. Nach gut dreieinhalb Jahren mit unserer Hundine hat mich die Empfehlung dieses Buches aber neugierig gemacht. Wie Hundine Taira das findet – nun ja, der Blick spricht auch Bände. 😉

(Übersetzung: Gisela Rau)

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Montag, 21. November 2022

Ernesto Sabato: Der Tunnel


„Der gefeierte Maler Juan Pablo Castel ist ein Mörder. Im Gefängnis legt er schonungslos dar, wie ihm seine Leidenschaft für die mit einem Blinden verheiratete Maria zum Verhängnis wurde. […]“ (Umschlagtext)

Der Text wurde in den späten Vierzigerjahren des letzten Jahrhunderts erstmalig veröffentlicht. Literarisch schreit das ja förmlich nach Existentialismus. Ich will mich gern auf diesen Roman einlassen und Ernesto Sabato entdecken. 😉

(Übersetzung: Helga Castellanos)

„‚Der Tunnel‘ ist ‚der‘ existentialistische Roman nicht nur der argentinischen, sondern der gesamten lateinamerikanischen Literatur – Vergleiche mit den großen Werken eines Jean-Paul Sartre, Albert Camus oder auch Max Frisch sind durchaus angebracht.

Der gefeierte Maler Juan Pablo Castel ist ein Mörder. Im Gefängnis legt er schonungslos dar, wie ihm seine Leidenschaft für die mit einem Blinden verheiratete María zum Verhängnis wurde.“ (Verlagstext)

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Sonntag, 20. November 2022

Carolin Amlinger/ Oliver Nachtwey: Gekränkte Freiheit. Aspekte des libertären Autoritarismus


„Der libertär-autoritäre Protest richtet sich gegen die spätmoderne Gesellschaft, rebelliert aber im Namen ihrer zentralen Werte: Selbstbestimmung und Selbstverwirklichung.“ (Umschlagtext)

Es ist doch verrückt, wie die letzten drei Jahre Haltungen, die zuvor eher unsichtbar unter der Oberfläche geruht zu haben scheinen, hervorbrachten, verstärkten und verbreiteten. In dieser irgendwie nebulösen Debattenwolke aus Coronaleugnung, Trumpismus, Reichsbürgertum, Putintreue, alternativen Fakten, Fake News usw. wabert unser aller Unbehagen und manifestiert sich immer mehr nicht nur in Dokumentationen über komische Leute mit unverständlichen Haltungen irgendwo, sondern sickert in Gespräche im Hier und Heute und manchmal mit Menschen, die man mag und doch eigentlich zu kennen glaubte. Und plötzlich ist das gesellschaftliche Unbehagen ganz nah.

Ich bin sehr gespannt auf dieses Buch und hoffe auf ein paar analytische Planken fürs Verstehen der Gegenwart.

„Coronakritiker mit Blumenketten, Künstler, die naturwissenschaftliche Erkenntnisse infrage stellen, Journalisten, die sich als Rebellen gegen angebliche Sprechverbote inszenieren: Der libertäre Autoritäre hat Einzug gehalten in den politischen Diskurs. Er sehnt sich nicht nach einer verklärten Vergangenheit oder der starken Hand des Staates, sondern streitet lautstark für individuelle Freiheiten. Etwa frei zu sein von Rücksichtnahme, von gesellschaftlichen Zwängen – und frei von gesellschaftlicher Solidarität. Der libertäre Autoritarismus, so Carolin Amlinger und Oliver Nachtwey, ist eine Folge der Freiheitsversprechen der Spätmoderne: Mündig soll er sein, der Einzelne, dazu noch authentisch und hochgradig eigenverantwortlich. Gleichzeitig erlebt er sich als zunehmend macht- und einflusslos gegenüber einer komplexer werdenden Welt. Das wird als Kränkung erfahren und äußert sich in Ressentiment und Demokratiefeindlichkeit.
Auf der Grundlage zahlreicher Fallstudien verleihen Amlinger und Nachtwey dieser Sozialfigur Kontur. Sie erläutern die sozialen Gründe, die zu einem Wandel des autoritären Charakters führten, wie ihn noch die kritische Theorie dachte. Die Spätmoderne bringt einen Protesttypus hervor, dessen Ruf nach individueller Souveränität eine Bedrohung ist für eine Gesellschaft der Freien und Gleichen: Er leugnet gegenseitige Abhängigkeiten und eine geteilte Realität.“ (Klappentext)


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Dienstag, 8. November 2022

Viktor Jerofejew: Der gute Stalin


„Aufgewachsen in nächster Nähe zur Macht, erlebte Viktor Jerofejew die letzten Jahre Stalins, zu dessen Hofstaat sein Vater gehörte. Aus dieser Perspektive erzählt Jerofejew in seinem mitreißenden autobiografischen Roman die Weltgeschichte des Kalten Kriegs aus einer ganz ungewöhnlichen Perspektive. Zwischen der glücklichen Kindheit in einem goldenen Käfig und der Aufmüpfigkeit des werdenden Dissidenten erzählt Jerofejew provozierend ehrlich von seiner Geburt als Schriftsteller, aber auch vom Fall seines Vaters, den er zu verschulden hatte, und liefert eine liebevoll-kritische Hommage an einen Homo sowjeticus.“ (Umschlagtext)

Geschichte werden wir nicht einfach los – egal, was im Hier und Heute sich an Gegenwart ereignet - aller Brüche, Kehrtwenden und Aktenlücken und was auch immer zum Trotz. Darum bleibt Erinnerung lebenswichtig, auch in Form von literarischen Texten.

(Übersetzung: Beate Rausch)

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