Freitag, 30. Dezember 2016

Stefan Kruecken: Sturmwarnung. Das aufregende Leben von Kapitän Schwandt



Kapitän Schwandt - "Aufgewachsen in den Trümmern Hamburgs, ging er früh zur See - und tauchte ein in eine exotische Welt aus Fernweh und Sternenstaub." Eine "Biografie voller Weisheit und Zigaretten". (Umschlagtext)

Spätestens seit so manchen Kommentaren vom Kapitän gegen Intoleranz, Dummheit und Gewalt war ich schon mal echt begeistert. Und mal wieder hat der Ankerherz Verlag ein verdammt schickes Buch gemacht. ^^

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Donnerstag, 22. Dezember 2016

Andreas Steinhöfel: Die Mitte der Welt



„Eines nasskalten Aprilmorgens bestieg Glass, die linke Hand am Griff ihres Koffers aus abgewetztem Lederimitat, die rechte am Geländer einer wackeligen Gangway, einen Ozeanriesen, der im Hafen von Boston zum Auslaufen nach Europa bereitlag.“ (Seite 9)

Glass flüchtete hochschwanger aus ihrem Leben in Amerika. Mit ihrer Ankunft in einer namenlosen Kleinstadt purzeln zugleich die Zwillinge Dianne und Phil in die Welt. Dies ist die Geschichte des siebzehnjährigen Phil und der Suche nach seiner eigenen Mitte der Welt.

Gemeinsam mit der unbändig freiheitsliebenden Glass und der geheimnisvoll starken Dianne lebt Phil in einer zunehmend verfallenden Villa inmitten eines verwildernden Gartens am Rande der Stadt der kleinen Leute. Die kleinen Leute, das sind die anderen, für die diese unkonventionelle Familie und deren ungewöhnliche Freunde ein dauerhafter Dorn im Auge sind. Dass Glass die Meinung dieser Leute kein Stück schert, bestimmt zugleich das Leben und Aufwachsen der Zwillinge.

Nie können sie einfach nur dabei sein. Immer haftet ihnen, wenn sie mit den Kindern der kleinen Leute zu tun haben, ein magisches Außenseitertum  an. Nur dass Dianne, die mit Tieren zu sprechen scheint, damit anscheinend viel besser klar kommt als ihr Bruder Phil.

Der erlebt sich selbst fast mehr als Zuschauer seines eigenen Lebens, das geprägt ist von den wirklich starken Charakteren um ihn herum. Neben Glass und Dianne sind da vor allem Tereza und ihre Freundin und natürlich Kat, Kameradin und Vertraute – die einzige Verbindung zur Welt der Kinder der kleinen Leute, in der sie selbst als Tochter des Schuldirektors ein Faszinosum darstellt.

In diesem Jahr aber drängt alles auf Veränderung, ohne dass Phil so recht wüsste, warum und in welche Richtung. Die innige Verbindung die Dianne, die keine Worte brauchte, ist schon eine ganze Weile abgebrochen. Ein stumm zwischen ihr und Glass ausgetragener Krieg, dessen Anlass und Auslöser ihm bis heute verborgen blieben, schwelt weiter und droht offen auszubrechen. Und dann verliebt er sich auch noch in Nicholas, den Neuen in der Schule, den stillen Läufer.

Am Ende dieses Jahres wird Phil Entscheidungen treffen und den Beobachterposten in seinem eigenen Leben aufgeben müssen.

Dies ist ein Jugendroman und ein Roman für Erwachsene. Steinhöfel erzählt anrührend, ohne jemals kitschig zu werden. Und er trifft mit so vielen Szenen mitten ins Herz:

„Was bist du dir wert, Phil?“
„Ich weiß nicht.“
„Wen liebst du mehr, dich selbst oder ihn?“
„Ich weiß nicht.“
Glass lässt meine Hand los und steht auf. „Nun, sobald du es weißt, hast du kein Problem mehr.“
„Danke für die großartige Hilfe!“
„Gern geschehen.“ Ihr Blick wird weich. „Ich meine es ernst, Phil. Mach dich nicht klein, nur weil du Nicholas nicht verlieren willst.“ In der Tür dreht sie sich noch einmal zu mir um. „Und bleib nicht ewig lang in der Wanne sitzen, Darling. Du wirst ganz schrumpelig.“ (Seite 403)

Unzählige junge Schwule haben wie ich selbst auch dieses Buch verschlungen, und wir fühlten uns verstanden. Dabei, und das ist ganz sicher die große Kunst von Andreas Steinhöfel, ist „Die Mitte der Welt“ nicht einmal vordergründig eine Coming-Out-Story. Klar, die Liebesgeschichte von Phil und Nicholas nimmt einen wichtigen Teil des Buches ein. Dass es eine Liebesgeschichte zwischen zwei jungen Männern ist, bleibt aber tatsächlich nahezu unwichtig. Es wird mit einer Selbstverständlichkeit erzählt, dass man sich beim Lesen nicht einmal fragt, ob man nun einen schwulen Roman liest.

Das Gleich lässt sich im Übrigen auch über die wirklich bildgewaltige Verfilmung des Romans sagen, die in diesem Jahr in die Kinos kam.

Natürlich wurde die Handlung des Romans für den Film auf Drehbuchformat gebracht. Und ja, grandiose Szenen des Romans und faszinierende Figuren aus dem Buch fielen dabei raus. Die Übersetzung in das Medium Film ist aber sowohl mit der Geschichte wie auch mit der Besetzung der Figuren unglaublich gut gelungen. Ich habe nichts vermisst und hatte auch im Kino das gute „Steinhöfel-Gefühl“.

Was ist schon normal? Mit verschmitztem Lächeln, lässig mit den Schultern zuckend, in den Augen funkelnde Lebensfreude und mit Neugierde auf die Welt da draußen – so begegnen Roman und Film dieser Frage. Und ganz sicher habe ich diesen Roman nicht zum letzten Mal gelesen und den Film nicht zum letzten Mal gesehen!

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Mittwoch, 21. Dezember 2016

Philipp Felsch: Der lange Sommer der Theorie. Geschichte einer Revolte 1960 - 1990



"Theorie? Von dem Wort ging seit den sechziger Jahren ein magisches Leuchten aus. Theorie war ein Glaubensartikel, eine Wahrheitsmaschine und ein Lebensstil." (Umschlagtext) Beispielhaft geht es hier um die Geschichte des Westberliner Merve Verlags, und Tobias Rapp vom Literatur Spiegel wird ebenda zitiert: "Es ist eine Geschichte, die Westberlin so erzählt, wie die Serie 'Mad Men' es für New York tat." Klingt doch schon mal gut, oder? ^^ #lesewinter #sachbuch #philippfelsch #fischerverlag #tagesfang #merveverlag #westberlin #theorie #60er #gesellschaft #linke #revolte #aufbruch #lesen #buecher #buch #lesenswert #bücherliebe

Dienstag, 20. Dezember 2016

Jonathan Safran Foer: Extrem laut und unglaublich nah



Seit gestern Abend musste ich immer wieder an den Titel dieses Buches denken und an die Geschichte des kleinen Oskar Schell, der seinen Vater am 11. September verlor.

Als er einen unbekannten Schlüssel in den Sachen seines Vaters findet, macht er sich quer durch New York auf die Suche nach dem passenden Schloss. Dabei lernt er eine Menge ungewöhnlicher Menschen kennen. "Ein mutiges Buch, gefühlsstark, traurig und komisch zugleich." (Umschlagtext)

Bücher gegen Hass und Hetze!

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Freitag, 16. Dezember 2016

Mittwoch, 14. Dezember 2016

Michael Schröter: Ein Häring unter Haien. Eene Kriminaljeschichte aus Berlin



„Na dit wird een Fest.“

Mäcke Häring ist Privatdetektiv, aber kein besonders erfolgreicher. Dafür ist er ein grandioser Stadtführer durch das schrullige, aufgewühlte, unfreundlich-herzliche Berlin der 20er Jahre. Dass er Frauen, Musik und Alkohol deutlich zugetan ist, brauche ich wohl nicht extra zu erwähnen. Irgendwie versteht sich das nahezu von selbst. ^^

In famos quirligem Stil zeigt uns Zeichner Michael Schröter Stadt und Leute von ihrer ruppigsten und zugleich lebensfrohen Seite. Kein gleichmäßiges Raster bändigt das unbändig Chaotische, das diese Stadt in diesen Jahren ausgestrahlt haben muss. Der Verzicht auf eine farbenfrohe Kolorierung lässt all die lässig komponierten Details umso eindrücklicher ins Auge springen.

Schröter verzichtet auf herkömmliche Sprechblasen und platziert die Texte mal in Kästchen, mal in freien Blöcken. An der einen oder anderen Stelle ist mir das dann etwas zu viel. Auch wenn es dem Comic nicht wirklich schadet.

Mäcke Häring ist Berliner und klingt auch so. Etliche Stellen hab ich mir selbst laut vorgelesen, um diesen eigentlich irgendwie fiesen Dialekt als Sound über die Bilder zu legen. Das war überaus vergnüglich. Jelacht hab ick, un zwar schallend. J

Dass ich die Zeichnungen grandios finde und die Atmosphäre wirklich gut getroffen, ist die eine Sache. Unentschieden bin ich, ob Mäcke Häring das Zeug hat, mehr als nur so ein Lokal-Comic zu sein. Detailverliebt, atmosphärig, schrullig – aber ohne großen Anschluss darüber hinaus?

Zum Glück gibt es ja noch mehr Bände, dieses selbstverlegten Comics. Ich werde also noch weiter Gelegenheit haben, der Frage nachzugehen, und mich dabei köstlich unterhalten zu lassen. ^^

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Dienstag, 13. Dezember 2016

César Aira: Der Literaturkongress



„Bei einer Reise, die mich kürzlich nach Venezuela führte, hatte ich Gelegenheit, den berühmten ‚Faden von Macuto‘ zu bestaunen, eines der Wunder der Neuen Welt, Erbstück von namenlosen Piraten, touristische Attraktion und ungelöstes Rätsel.“ (Seite 7)

Dieser Faden hängt in der Luft und führt vom Festland auf das Meer hinaus, wo er in der Tiefe verschwindet. Und niemandem gelang es bisher zu bergen, was den Faden auf dem Meeresgrund beschwert. Achtung, Auftritt von César, dem erfolglosen Schriftsteller.

Ihm gelingt es endlich, das Rätsel zu lösen. Die Belohnung sorgt dafür, dass César, der des Nachts zum genialischen Wissenschaftler mutiert, sich umso mehr seinem eigentlichen Projekt widmen kann – der Erringung der Weltherrschaft. Als Instrument dazu benötigt er einen weltweisen, charismatischen Führer. Das dies nur Carlos Fuentes, der mexikanische Autoren-Heroe  sein kann, liegt natürlich auf der Hand und damit auch der teuflisch einfache Plan, Carlos Fuentes anlässlich eines Literaturkongresses seiner DNA zu berauben und zu klonen.

Also ich glaube dem Autor jedes Wort. Vollkommen plausibel und natürlich ironiefrei gleitet die Handlung in eine surreale Realität, in der mich auch nicht mehr wundern würde, wenn walgroße, wabbelnde Krawatten sich aus den Bergen auf eine Stadt stürzen würden. Ehrlich.

In einem eigens durchgeführten Feldexperiment konnte ich nachweisen, dass einer von zwei Lesern sich grandios amüsierte und einhundert Seiten lang vor sich hin kicherte. Das sind sagenhafte 50 Prozent, die sich, da hege ich keinen Zweifel, noch unermesslich steigern ließen.

César Aira ist eine meiner persönlichen literarischen Entdeckungen des Jahres!

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Montag, 12. Dezember 2016

Michelle_Tea: Valencia



Valencia - vor der Tür knarzte nasenkneifende Kälte als mir auf der Verlagsschau queerer Verlage dieser Band ins Auge sprang. Aus verständlichen Gründen assoziierte ich also sofort Sonnenwärme ausatmende Nächte unter spanischem Himmel.

Tatsächlich entführt der Roman in die Wüste Arizonas und in das San Francisco der frühen 90er Jahre. Liebe, Riot Grrrls und die beginnende queer-lesbische Subkultur der Stadt liefern den Hintergrund für diesen Roman.

Also Heizung aufdrehen, Kissen zurecht rücken, kurz der spärlichen Herbstsonne zublinzeln und losgeschmökert. ^^

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Sonntag, 11. Dezember 2016

Mittwoch, 7. Dezember 2016

Francois Durpaire/ Farid Boudjellal: Die Präsidentin



„Die Gefahr, die von einem endgültigen Sieg der extremen Rechten ausgeht, betrifft nicht nur Frankreich, sondern eine Reihe von europäischen Ländern, die der Welle des neuen Nationalismus zum Opfer zu fallen drohen.“ (Vorwort, Seite 2)

Ausdrücklich auch in Reaktion auf den kontroversen Erfolg von Michel Houellebecqs „Unterwerfung“ schrieb der Historiker Francois Durpaire das Skript für diesen Comic. Wie auch bei Houellebecq ist der Ausgangspunkt die Präsidentschaftswahl in Frankreich – dieses Mal die im Mai 2017 bevorstehende.

Mit 50,41% siegt die Führerin des rechtsextremen Front National (FN) knapp gegen den sozialistischen Amtsinhaber Francois Hollande. Der Comic entwickelt anhand des realen Programms des FN, die Geschichte der ersten Maßnahmen der neuen Präsidentin und deren Auswirkungen auf das Land.

Begleitet von Protesten wird der massenmediale Wind kälter und schärfer. Akteure der Extremen Rechten bekommen nun Platz auf der großen Bühne. Der Euro wird abgeschafft, der Franc wieder eingeführt. Unzählige Menschen ohne gesicherten Aufenthaltstitel werden als Illegale diffamiert und mit zunehmen rabiateren Methoden außer Landes geschafft. Der zur Abwehr des Terrorismus ausgebaute Sicherheitsapparat wird mehr und mehr zur Überwachung der gesamten französischen Gesellschaft umfunktioniert.

Gegenpart zur Präsidentin Le Pen ist eine kleine Gruppe Widerständiger, die sich um die 90jährige, ehemalige Kämpferin der Resistance, Antoinette Giraud, scharen. Sie stehen für das aufgeklärte, progressive Frankreich, dass sich in Teilen vom öffentlichen Leben zurückzieht aber auch aufbegehrt und sich nicht dem neuen Regime andient.

Der Comic versteht sich selbst als Warnung, aufklärende Intervention und Kommentar zur aktuellen Situation – nicht nur in Frankreich. Damit liegt nahe, dass er vermutlich eher nicht als großes Comic-Werk in die Geschichtsbücher eingehen wird. Als weiteren Anlass zur Diskussion und Auseinandersetzung mit der Welt um uns herum ist er dagegen bestens geeignet. Da es im Mittelpunkt um das konsequente Anwenden der vorliegenden und nachlesbaren Forderungen des FN auf die Realität geht und eben nicht darum, das Führungspersonal vorzuführen, lässt sich diesem Werk nicht vorwerfen, reine Propaganda zu sein.

Der Zeichenstil von Farid Boudjellal, die immer wieder eingebauten Collagen und die fotoartigen Hintergründe sorgen für eine zwar düstere aber eben auch angemessen distanzierte Atmosphäre. Hier soll bewusst nicht auf Skandalisierung gesetzt werden.

Alles in allem ist „Die Präsidentin“ für meinen Geschmack ein gelungener Beitrag zur gesellschaftlichen Debatte. Auch das kann Comic.

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Dienstag, 6. Dezember 2016

Jule Jakob Govrin: Sex, Gott und Kapital. Michel Houellebecqs Unterwerfung zwischen neoreaktionärer Rhetorik und postsäkularen Politiken



„In der spätkapitalistischen Krise des Begehrens schlägt der libidinöse Leistungszwang in Lustlosigkeit um. Der Glaube an die Verheißungen der sexuellen Liberalisierung erscheint zerrüttet. Was verbleibt ist allumfassende Sinnleere. Dieses Narrativ findet sich im Werk Michel Houellebecqs.“ (Seite 5)

Die Frage, warum sie den Roman nicht einfach nur als Roman liest, beantwortet die junge Philosophin, Queertheoretikerin und Literaturwissenschaftlerin mit dem Verweis auf die Wirkkraft des Werkes, das in Frankreich just an dem Tag erschien, als im Januar 2015 von islamistischen Terroristen der Anschlag auf die Redaktion von Charlie Hebdo verübt wurde.

Es reiht sich ein in einen Diskurs, der in Frankreich von den Neuen Philosophen zu den Neuen Rechten führte, vor dem Hintergrund so gesellschaftspolitischer Großereignisse wie der Massenproteste gegen die Homo-Ehe. Nicht zuletzt sorgt der Autor selbst immer wieder für Skandale mit Äußerungen, die mit Ressentiments spielen und sein Werk aus der reinen Kunst, die nichts anderes sein will, herausstellen.

Auf knapp 90 Seiten stellt Jule Jakob Govrin viele Bezüge her, ordnet ein und sortiert – parteiisch, wie sie gleich zu Beginn ihrer Studie selbst schreibt. Als Leser, der nicht viel Ahnung von den in Frankreich laufenden Diskursen hat, entsteht für mich ein beängstigendes Bild der Nachbarrepublik.

Automatisch muss ich an das gesellschaftliche Klima in Deutschland denken. Wie oft werden auch hier wieder Nation und Familie bemüht, die dann natürlich ausschließlich heteronormativ gedacht wird – als Angstreaktion auf ankommende Flüchtlinge. Jeder Vorfall, jede Straftat mit Beteiligung von geflüchteten Menschen gerät zum Beleg dafür, „dass die ja so sind“. Noch der letzte Sexist meint, er könne nun Rumpöbeln und brennende Flüchtlingsunterkünfte mit der Rettung der emanzipierten, deutschen Frau rechtfertigen. Obwohl, und die persönliche Bemerkung will ich mir nicht verkneifen, reichlich klar und offen zutage liegt, wer den Hass der Wutbürger_innen abbekommen wird, wenn die Grenzen nur mal dicht wären und keine Menschen mehr zu uns flüchten könnten.

Govrins Studie ist – das liegt in der Natur der Sache – keine ganz leichte Lektüre. Ich will sie aber gern allen ans Herz legen, die nach dem Zuklappen von Houellebecqs Roman das Buch noch nicht ganz weglegen können. Lest, geht mit offenen Augen durch die Welt und disktutiert mit anderen darüber!


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