Montag, 29. November 2021

Steffen Mau: Sortiermaschinen. Die Neuerfindung der Grenze im 21. Jahrhundert


"Der kosmopolitische Traum von einer grenzenlosen Welt hat in den letzten Jahren tiefe Risse bekommen. Aber war er überhaupt jemals realistisch? Steffen Mau zeigt, dass Grenzen im Zeitalter der Globalisierung von Anbeginn nicht offener gestaltet, sondern zu machtvollen Sortiermaschinen umgebaut wurden. Während ein kleiner Kreis Privilegierter heute nahezu überallhin reisen darf, bleibt die große Mehrheit der Weltbevölkerung weiterhin systematisch außen vor." (Umschlagtext)

"Während die Mobilität von Menschen über Grenzen hinweg in den letzten Jahrzehnten stetig zunahm und Grenzen immer offener schienen, fand gleichzeitig eine in Wissenschaft und Öffentlichkeit unterschätzte Gegenentwicklung statt. Vielerorts ist es zu einer neuen Fortifizierung gekommen, zum Bau neuer abschreckender Mauern und militarisierter Grenzübergänge. Grenzen wurden zudem immer selektiver und  - unterstützt durch die Digitalisierung - zu Smart Borders aufgerüstet. Und die Grenzkontrolle hat sich räumlich massiv ausgedehnt, ja ist zu einer globalen Unternehmung geworden, die sich vom Territorium ablöst. Der Soziologe Steffen Mau analysiert, auf welche Weise und mit welchen Mitteln die neuen Sortiermaschinen Mobilität und Immobilität zugleich schaffen: Für erwünschte Reisende sollen sich Grenzen wie Kaufhaustüren öffnen, für andere sollen sie fester denn je verschlossen bleiben. Nirgends tritt das Janusgesicht der Globalisierung deutlicher zutage als an den Grenzen des 21. Jahrhunderts." (Klappentext)

Kaum sind die Nachrichten nicht voll von Begriffen wie Flüchtlingskrise, können wir gar dem Irrglauben erliegen, dass Thema Grenzen sei keines mehr. Jetzt bin ich sehr gespannt auf Steffen Maus neues Buch.

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Sonntag, 28. November 2021

Jérôme Leroy: Der Block


(Übersetzung: Cornelia Wend)

„Letztlich bist du also wegen der Möse einer Frau Faschist geworden.“ (Seite 9)

Die Faschisten haben es geschafft. In einem Frankreich, dass in Gewalt und Chaos versinkt, entscheidet sich die konservative Regierung dazu, den rechtsextremen „Patriotischen Block“ in die Regierung aufzunehmen. Für die beiden Männer im Mittelpunkt dieses Romans bedeutet das eine gravierende Wende in ihrem Leben in und mit dem Block.

Antoine ist der Ehemann der Parteivorsitzenden. Während sie die Verhandlungen führt, wartet er in der gemeinsamen Luxuswohnung. Als eine Art Parteiintellektueller wird er im Falle der Regierungsbeteiligung wohl Staatssekretär werden. Stanko dagegen versteckt sich. Er ist bisher der Chef des parteieigenen Ordnungsdienstes, der paramilitärisch organisiert und ausgebildet ist. Stanko ist das personifizierte schmutzige Geheimnis, von dem niemand möchte, dass es bei einer Regierungspartei zur Sprache kommt.

Der Text wechselt zwischen diesen beiden, ganz unterschiedlich nachdenklichen Männern hin und her. Es gibt keine Außenperspektive, nur die Erinnerung an die Aktionen und gemeinsamen Kämpfe in und um den Patriotischen Block. Das eröffnet einen Binnenblick darauf, wie viel Zynismus und die Bereitschaft zu Gewalt zum Erfolg dieses rechtsextremen und populistischen Blocks beitragen. Gar nicht so überraschend ist, dass der Intellektuelle und in der Hierarchie höher Stehende auch der Zynischere der beiden ist.

Wenig überraschend ist auch, dass Stanko dem Erfolg des Blocks geopfert werden soll. Für einen wie ihn hat die neue Regierungspartei keine Verwendung mehr. Also werden genau die Männer auf Stanko angesetzt, die er zuvor für den Ordnungsdienst selbst ausgebildet hat.

Klar lässt sich der Text auch als Kammerstück zwischen genau diesen beiden Typen lesen, deren Leben viele Jahre lang miteinander verwoben waren. Spannend wird es aber eben auch und gerade durch die Konstruktion eines Binnenblicks innerhalb des Patriotischen Blocks. Der ganze aufgeblähte Pathos, die zelebrierte Wut, die Lust am Chaos wird hier zurückgeführt auf das, worum es diesen Extremisten und Populisten eigentlich geht: Macht.

Natürlich ist dieser fiktive Text keine politische Analyse. Die Wirkung solcher Texte kann sich aber trotzdem entfalten, wenn man den Gaulands und Höckes und den zahllosen anderen dieser Geisteshaltung in der Realität zuhört.

Leroy hat hier wahrlich keine gemütliche Strandlektüre verfasst. Wer sich aber für politische Zustände, die Gegenwart und gesellschaftliche Fragen interessiert, wird dieses Buch mit Gewinn lesen.

Kurz und gut: Hart und unbedingt lesenswert, weil es leider immer noch so aktuell ist. Lesen!

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Freitag, 26. November 2021

Samira El Ouassil & Friedemann Karig: Erzählende Affen. Mythen, Lügen, Utopien. Wie Geschichten unser Leben bestimmen


"Eine starke Geschichte kann Leben retten, Wahlen entscheiden, Gesellschaften verändern. Aber sie kann auch Kriege auslösen und Menschen für verfeinden. Samira El Ouassil und Friedemann Karig verfolgen diese ambivalente Wirkmacht anhand wichtiger Narrative von der Antike bis zur Gegenwart: von Jesus bis Frodo, von Kassandra bis Greta. Sie zeigen, welche Erzählungen uns heute gefährden und warum wir dringend neue benötigen, um unsere Welt zu erhalten." (Umschlagtext)

"Wie gelingt es, die Klimakrise so zu erzählen, dass ein weltweites Handeln einsetzt? Aus welchen Narrativen entstehen Rassismus und Antisemitismus? Mit welchen Storys manipulierte Trump seine Anhänger, weshalb verfangen die Lügen der Rechtspopulisten und Verschwörungsideologinnen? Was erzählen wir seit jeher über uns selbst - als Deutsche, als Europäer, als Humanistinnen? Geschichten sind ein maßgeblicher Teil unserer Sozialisation, mehr noch, sie sind Kern unserer Identität. Kein Wunder, dass wir die Welt in Geschichten sortieren. Sie durchdringen Politik, Medien und Kultur, lehren uns, unterhalten uns, verführen uns, formen unsere Wirklichkeit. Samira El Ouassil und Friedemann Karig erforschen die Kraft der Narrative, die sich im griechischen Drama ebenso manifestiert wie in einer Netflix-Serie, im Roman wie im Rap. Und sie machen sich auf die Suche nach einer wirkmächtigen neuen Erzählung der Aufklärung." (Klappentext)

Ihr wisst schon: Es stand da so rum ... wie hätte ich nein sagen können?! 🤓🙈🤷‍♂️

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Montag, 22. November 2021

Joe Hill/ Gabriel Rodriguez: Locke & Key. Master Edition (Bände 1, 2 und 3)


Drei Geschwister in einem alten Haus in Lovecraft, magische Schlüssel, rachsüchtige Geister und ein brutaler Kampf um die Zukunft. Ich würde sagen, da ist alles drin. 🤓

Und wer sich partout nicht die Zeit nehmen will, den Comic zu genießen, die:der streamt hält nur die Serie. Für alle anderen ist es ein doppelter Genuss. 🥳

Ich freu mich jetzt auf die Bände 2 und 3 der fetten Master Edition. 🤓🥰

(Übersetzung: Reinhard Schweizer)

Band 1:

„Nach der brutalen Ermordung ihres Vaters ziehen die Geschwister Tyler, Kinsey und Bode mit ihrer Mutter in ein altes Anwesen im Küstenstädtchen Lovecraft. Doch das Grauen verfolgt sie bis in ihr neues Zuhause, wo außerdem gefährliche Geheimnisse, rachsüchtige Geister und das ultimative Böse auf die Familie warten. Denn mit dem richtigen Schlüssel und der passenden Tür kann man nicht nur zum Geist werden, sondern auch vieles öffnen: Die finstere Vergangenheit genauso wie die Schädeldecke eines Menschen…“ (Umschlagtext)

Band 2:

„Seit ihr Vater brutal ermordet wurde, leben Tyler, Kinsey und Bode Locke mit ihrer Mutter im Keyhouse. Das alte Anwesen auf der Insel Lovecraft ist ein Ort voller Geheimnisse, an dem die unheilvolle Vergangenheit nie zur Ruhe kommt. Das hat vor allem mit den magischen Schlüsseln und Türen zu tun – die einen nicht nur in einen Geist verwandeln können – aber auch mit dem skrupellosen, finsteren Zack. Er stellt ein weiteres gefährliches Geheimnis dar, das mit dem Gestern und dem Keyhouse zu tun hat, und mit düsteren Absichten hat er sich in Tys Leben und in Kinseys Herz geschlichen. Und so werden die Locke-Kids mit immer mehr Finsternis konfrontiert…“ (Umschlagtext)

Band 3:

„Die Finsternis der Vergangenheit und die Gewalttaten der Gegenwart sind durch die Geheimnisse des Keyhouse und magischen Schlüssel untrennbar miteinander verbunden. Allerdings ahnen Tyler und Kinsey Locke nicht, dass der Körper ihres kleinen Bruders Bode von jenem rachsüchtigen Geist übernommen wurde, der für alles Leid in ihrem Leben verantwortlich ist – und der alles noch viel schlimmer machen will, indem er die Schwarze Tür öffnet! Und so kommt es zu einer letzten brutalen, blutigen Schlacht, in der die Locke-Kids und ihre Freunde an vorderster Front gegen das Böse kämpfen müssen…“ (Umschlagtext)


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Sonntag, 14. November 2021

Min Jin Lee: Ein einfaches Leben

"Sunja und ihre Söhne leben als koreanische Einwanderer in Japan wie Menschen zweiter Klasse. Während sie versucht, sich abzufinden, fordern Noa und Mozasu ihr Schicksal heraus. Der eine schafft es an die besten Universitäten, den anderen zieht es in die Spielhallen der kriminellen Unterwelt der Yakuza.

Ein opulentes Familienepos über Liebe, Loyalität und die Suche nach der eigenen Identität - zeitlos und universell." (Umschlagtext)

"Zwanzig Jahre Arbeit stecken in diesem großen, umwerfenden Buch, das in über zwanzig Ländern erschienen ist.
Sunja, Tochter eines Fischers, wird genau im falschen Moment schwach, bei genau dem falschen Mann. Um ihrer Familie keine Schande zu machen, verläst sie Korea und bringt ihre Söhne Noa und Mozasu fernab der Heimat in Japan zur Welt. Koreanische Einwanderer, selbst in zweiter Generation, leben dort als Menschen zweiter Klasse. Während Sunja sich abzufinden versucht, fordern ihre Söhne das Schicksal heraus. Noa studiert an den besten Universitäten, Mozasu zieht es in die Pachinko-Spielhallen der kriminellen Unterwelt der Yakuza.

Ein opulentes Familienepos, mit leichter Hand erzählt. Zeitlos und universell." (Verlagstext)

Im Buchladen meines Vertrauens gesehen und schon liegt es auf meinem Lesestapel - verrückt. 🤓

(Übersetzung: Susanne Höbel)

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Donnerstag, 11. November 2021

Grit Lemke: Kinder von Hoy. Freiheit, Glück und Terror


"In den sechziger und siebziger Jahren waren sie mit ihren Eltern nach Hoyerswerda gekommen, eine DDR-Musterstadt: aus dem Heideboden gestampft, aus Bauelementen zusammenmontiert? Morgens rollen die Eltern in Schichtbussen davon, die Kinder wachsen in einem großen kollektiv auf. Doch der Wiedervereinigung folgen Massenentlassungen, und der Rassismus gegen in der Stadt lebende Vertragsarbeiter führt letztlich zu Ausschreitungen. Danach wird nichts mehr sein, wie es war ...

Durch Angriffe auf Migranten wurde Hoyerswerda 1991 zum Symbol für rechte Gewalt in den neuen Bundesländern. In einem dokumentarischen Roman über ihre Heimatstadt verschränkt die 1965 geborene Autorin Grit Lemke virtuos die Stimmen der 'Kinder von Hoy' zu einer mitreißenden Oral History und einer Biografie ihrer komplexen Generation." (Umschlagtext)


Wieder der Osten, dieses Mal ein "dokumentarischer Roman". Offenbar gibt es aber viele Menschen, die mit dem Thema noch lange nicht durch sind, dabei erzählen so viele Texte eher verstörende Geschichten. Wie kommt dennoch dieses Gefühl des Verbundenseins zustande?

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