Sonntag, 30. September 2018

Arne Jysch: Der nasse Fisch. Nach dem Roman von Volker Kutscher



„Mein Vater hatte seine guten Beziehungen spielen lassen. Das tat er gerne …“ (Seite 6)

Und so kommt der junge Kommissar Gereon Rath nach Berlin. In diesen quirligen, hyperventilierenden, vibrierenden und stinkenden Moloch am Ende der Zwanzigerjahre, 1929 genauer gesagt. Die Stadt steht seit gut einem Jahrzehnt für unglaublichen Glamour, für Rausch und Exzess ebenso wie für die Straßenschlachten politischer Gruppierungen und Parteien um Vergangenheit und Zukunft. Hier will der junge Rath seine eigene Vergangenheit in Köln zurücklassen und am liebsten in der legendären, modernen Berliner Kriminalpolizei arbeiten.

Ohne langes Geplänkel zieht es Leser*innen ebenso wie den Kommissar in einen Strudel aus Ereignissen, in die sich Rath immer mehr verstrickt sieht. Dabei geht es um Drogen, illegale Geschäfte, politische Verwirrungen.
Den Hintergrund gibt das gärende Berlin dieser Zeit – eine Metropole und Weltstadt zwischen romantischer Verklärung der Vergangenheit und einen einem bedingungslosen Glauben an die Zukunft, die alles anders und besser machen wird. Es tobt ein Kampf um die Zukunft auf den Straßen, dessen Ausgang wir natürlich schon längst kennen. Der Faszination nimmt das nichts.

Eigentlich lese ich gern erst das Original, bevor ich mir Verfilmungen und weitere Adaptionen anschaue. Konsequenterweise sah ich im Fall der Geschichte um Gereon Rath erst die zurecht hoch gelobte Fernsehserie, die dieser Tage erstmalig im öffentlich-rechtlichen Fernsehen gezeigt wird. Hinreichend angefixt griff ich zur Comicadaption von Arne Jysch. Bleibt also nur noch die ursprüngliche Romanvorlage von Volker Kutscher. ;)

Auch wenn die Story an sich aus der Serie vermutlich schon hinreichend bekannt ist, will ich ausnahmsweise mal nichts weiter zum Inhalt selbst schreiben. Zum Comic selbst aber schon.

Der hat mich nämlich ähnlich gefesselt und begeistert wie die Umsetzung der Serie. Den Schlag auf Schlag folgenden Ereignissen kann man sich auch in Jyschs Version kaum entziehen. Die Zeichnungen entfalten wie auch schon die Settings in der Serie prompt ihre Sogwirkung. Die Figuren sind markant, die Stadt wird lebendig. Den Soundtrack der Serie könnte man getrost auch beim Lesen des Comics laufen lassen.

Geschickt wird die Kriminalgeschichte um den Kommissar gestrickt und in den historischen Kontext eingewoben, ohne dass es sich nach Geschichtsunterricht der schlechten Art anfühlt. Gleichwohl kommt man nicht umhin, diese hochspannende Zeit in der Endphase der Weimarer Republik zur Kenntnis zu nehmen. Mich wenigstens hat das wieder neugierig gemacht auf eine Zeit, über die wir so gern glauben, schon alles zu wissen, schon alles gehört und gelesen zu haben.

Natürlich kann und darf man auch vorrangig die Kriminalgeschichte genießen. ;)

Ich bin in zwischen sehr gespannt auf die Romanvorlage von Volker Kutscher und hoffe sehr, nicht zu lange auf einen weiteren Band von Arne Jysch warten zu müssen. ;)

Kurz und gut: Die Geschichte um Kommissar Gereon Rath ist ein wunderbares Beispiel dafür, wie verschiedene Medien ihre Stärke bei der gleichen Story ausspielen können. Gerne mehr davon! ;)

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Freitag, 28. September 2018

Naoki Urasawa: 20th Century Boys (Ultimative Edition Band 1)



*kreeiiiiiiiiiisch*

"Ende des 20. Jahrhunderts steht die Menschheit vor dern Abgrund... doch die 20th Century Boys lassen sich davon nicht unterkriegen! Als Jugendliche erschufen die Freunde im Jahr 1969 ein Symbol. 1997, als die Ausmaße des drohenden Desasters zu Tage treten, erwacht dieses Symbol erneut zum Leben! Dies ist eine Geschichte über eine Gruppe Jungs, die die Welt rettet!" (Umschlagtext)

Von den Bänden der alten deutschen Ausgabe habe ich nur noch die ersten acht ergattern können. Wie hoch schlägt da mein Fanboyherz, dass es jetzt die Ultimative Edition gibt - überarbeitet und mit weiteren Farbseiten. 🤩🤩🤩

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Dienstag, 25. September 2018

Olga Grjasnowa: Gott ist nicht schüchtern



1.000 Instagramposts - puh, muss da nicht etwas mehr Glitter und so sein? Ach was, ich poste einfach, was ich sonst auch aussuchen würde. Das ist dann auch Feier genug. 🤣😉

"Amal und Hammoudi sind jung, schön und privilegiert, und sie glauben an die Revolution in ihrem Land. Doch plötzlich verlieren sie alles und müssen uns Überleben kämpfen. Sie lassen Damaskus hinter sich und fliehen." (Umschlagtext)

Menschen darauf zu reduzieren, dass sie Flüchtlinge sind, raubt ihnen nicht nur ihre je eigene Geschichte sondern auch ihre Zukunft. Ich bin gespannt, was dieser Roman dem entgegensetzen kann und will.

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Sonntag, 23. September 2018

Omar El Akkad: American War



"Amerika 2075 - der Albtraum ist wahr geworden. Der Meeresspiegel steigt, Millionen Menschen fliehen ins Landesinnere. Der zweite amerikanische Bürgerkrieg spaltet das Land, die Südstaaten sind von Flüchtlingslagern übersät. In einem der Camps hat die Familie Chestnut nach dem tragischen Tod des Vaters Zuflucht gefunden. Zu Beginn des Krieges ist Tochter Sarat noch ein Kind, sie kennt nichts anderes als Stacheldraht und Trockennahrung. [...] Krieg, Korruption und Folter haben sie hart gemacht, und schließlich radikalisiert sich Sarat und setzt mit einer verheerenden Tat das Leben aller aufs Spiel." (Verlagstext)

Mmh, klingt etwas nach einem Roland Emmerich Blockbuster gemischt mit Post Trump Fiction. ^^

Der Anfang liest sich vielversprechend. Im Film kriegt mich das Genre ja ohnehin. Mal schauen, ob es als Buch auch auf mich wirkt. ;)

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Samstag, 22. September 2018

Mosaik #514



Achtung, aufgepasst und warm angezogen! Herbst im Anzug. 🙃🧜‍♂️🧜‍♀️

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Donnerstag, 20. September 2018

Walter Moers: Rumo & Die Wunder im Dunkeln



"Rumo, der kleine Wolpertinger, der einmal der größte Held von Zamonien werden will, schlägt sich mit seinem sprechenden Schwert Löwenzahn durch Obenwelt und Untenwelt, zwei höchst unterschiedliche zamonische Welten voller Abenteuer, Gefahren und unvergeßlicher Charaktere: Rala, die schöne Wolpertingerin, die ein riskantes Verhältnis mit dem Tod pflegt; General Ticktack, der bösartige Anführer der Kupfernen Kerle; Urs vom Schnee, der mehr vom Kochen als vom Kämpfen hält [...]" (Klappentext)

Moers lesen ist irgendwie wie ein heftiger Anfall von Fantasie- und Erzählsucht. Und es komme mir jetzt niemand mit Eskapismus. 🤣😉

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Mittwoch, 12. September 2018

Michail Bulgakow: Die weiße Garde



"Dezember 1918: In Rußland herrscht Bürgerkrieg. Die Truppen des kaiserlichen Deutschland haben weite Teile der Ukraine besetzt. Kiew wird zum Sammelbecken der 'Weißen': Bankiers, Adlige, Halbweltdamen auf der Flucht vor der 'roten Gefahr'. In diesem Hexenkessel aus alten Überzeugungen und neuen Ideen werden auch die Turbins, eine zaristisch-patriotisch gesinnte Familie, vom Sog der Ereignisse erfaßt ..." (Umschlagtext)

Zurückzuschauen und sich im Heute an den gesellschaftlichen Umbrüchen von früher aufzurichten oder sie als Mahnung, Drohung oder Aufforderung zu lesen, das ist ja schon ein beliebter Sport. Und ich sage nicht, dass er unnütz sei. ^^

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Freitag, 7. September 2018

Felix Mertikat / Verena Klinke (u.a.): Tsukuyumi. Full Moon Down



"Die Welt ist nicht mehr dieselbe, seit der Mond auf die Erde gestürzt ist und sein Innerstes preisgegeben hat: den weißen Drachen Tsukuyumi, einst ein mächtiges Gottwesen. Nach langem Exil ist er auf die Erde zurückgekehrt und will zurückerobern, was man ihm genommen hat." (Umschlagtext)

Postapokalypse; Tierwesen und die letzten Überlebenden kämpfen um die Vorherrschaft - naja, und gegen den Drachen Tsukuyumi.

Der Comic zum Spiel. Läuft! 

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Mittwoch, 5. September 2018

Christoph Hein: Trutz



"[...] eine Recherche über zwei Männer, den Schriftsteller Rainer Trutz und Waldemar Gejm, einen Professor für Mathematik und Linguistik am der Lomonossow-Universität, der seit Jahren ein neues Forschungsgebiet entwickelt: die Mnemotechnik, die Lehre von Ursprung und Funktion der Erinnerung. Doch der Nationalsozialismus in gleicher Weise wie der Stalinismus werden Trutz und Gejm sehr bald zum Verhängnis: Der Deutsche, aus Nazideutschland geflohen, wird in einem sowjetischen Arbeitslager erschlagen. Die Umschwünge der Politik des Genossen Stalin folgen im Falle Gejm zur Deportation mit anschließendem Tod. Nur die beiden Söhne, Maykl Trutz und Rem Gejm, überleben und begegnen sich Jahrzehnte später im wiederhergestellten Deutschland und machen fast dieselben Erfahrungen wie ihre Väter ..." (Verlagstext)

Puh, weil es Christoph Hein ist, und ich den immer gern gelesen habe, sehe ich mal über diese umständliche Beschreibung hinweg. ;)

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Dienstag, 4. September 2018

Stephan Lessenich: Neben uns die Sintflut. Wie wir auf Kosten anderer leben



"Wir leben nicht über unsere Verhältnisse. Wir leben über die Verhältnisse der Anderen.

Im Grunde wissen wir es alle: Uns im Westen geht es gut, weil es den meisten Menschen anderswo schlecht geht. Wir lagern Armut und Ungerechtigkeit aus, im kleinen wie im großen Maßstab.

Stephan Lessenich, einer der führenden deutschen Soziologen, veranschaulicht in seiner provokanten Beschreibung, wie gerne wir unseren Anteil am sozialen Versagen unserer Weltordnung immer noch verdrängen." (Umschlagtext)

Ja genau, ich finde so Gutmenschen-Themen richtig und wichtig. ;)

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Sonntag, 2. September 2018

Leif Randt: Schimmernder Dunst über CobyCounty



"Ein fabelhaftes literarisches Denkmal für eine Zeit, in der ein Teil der Welt in einer Freiheit, Sicherheit und einem Wohlstand lebte, die keine vorige Generation kannte und die womöglich auch keine nachfolgende mehr erleben wird. (...) Ein fast epochaler Generationenroman." FAZ

"CobyCounty wird zum Schauplatz eines Zukunfts- und Generationenromans im Gewand des melancholischen Nihilismus. Das ist vielsagend. Und zumeist ungemein komisch." SZ (beides auf dem Backcover)

Wenn auf dem Backcover nichts zum Inhalt des Buches steht dafür aber gleich fünf Blurbs abgedruckt werden - und die 'Brigitte' ist ausnahmsweise mal nicht als Quelle dabei - Hey, da werde ich doch neugierig. ;)

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Samstag, 1. September 2018

Ernst Bloch: Geist der Utopie. Erste Fassung



"Im Sommer 1918 steht die Welt knietief im Blut: Der Krieg hat bereits Millionen von Opfern gefordert, die Spanische Gruppe breitet sich aus, in Rußland schlägt die Revolution in einen Bürgerkrieg um. Die alte Ordnung Europas wackelt und wird bald fallen. Eine ganze Generation - die Generation Y des vergangenen Jahrhunderts - steht auf einem Scherbenhaufen und schaut in eine ungewisse Zukunft.

Im Sommer 1918 erscheint im Verlag Duncker & Humblot dass Buch eines jungen Mannes, das Furore machen wird [...] Es ist ein Werk, das seine Zeit auf unnachahmliche Weise in Gedanken und Worte faßt, maßlos und streng, sozialistisch und messianisch, düster und voller Hoffnung. Nun ist die Zeit für eine Wiederentdeckung." (Klappentext)

Verzweifelt den Ereignissen in Nachrichten und Tweets zuschauen, mit einem Gefühl der Ohnmächtigkeit gegenüber der Schnelligkeit und dem Verrutschen von Diskursen und Wertvorstellungen schockstarr verharren - das kannten auch Andere vor uns.

Rechte Pöbler und Ideologen geben vor, unsere Freiheit und Liberalität zu verteidigen und wünschen zugleich jede gesellschaftliche Errungenschaft in den Orkus. Und immer noch setzt die schweigende Mehrheit dem nichts Wirksames entgegen. Das kann es doch unmöglich schon gewesen sein?!

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