Freitag, 25. Januar 2019

Kate Evans: Rosa. Die Graphic Novel über Rosa Luxemburg



„Die folgende Geschichte ist eine fiktionale Darstellung wahrer Begebenheiten.“ (Vorwort, Seite 4)

Puh, diese Comic-Biografie über Rosa Luxemburg hat es mir echt nicht leicht gemacht. Ich versuche das mal zu beschreiben. 😉

Die Coverillustration macht ziemlich was her. Allerdings passiert es ja durchaus öfter, dass man mit dem Cover schon das Aufregendste aus dem Buch gesehen hat. Ein paar mehr interessante grafische Ideen hat Kate Evans in dem Werk schon noch untergebracht, doch insgesamt konnte mich der Zeichenstil nicht überzeugen.

Allzu oft stieß ich mich beim Lesen an deformiert und verzerrt dargestellten Figuren. Zwar versucht Evans immer wieder gewagte Perspektiven. In denen stimmt dann mit diesen Figuren aber gar nichts mehr. Um als Stilmittel wirken zu können, hat es mich zumindest beim Lesen immer wieder zu sehr und nachhaltig gestört.

Was mich aber noch sehr viel mehr störte, ist der Einsatz von Text-Bild-Kombinationen, das Lettering und der Erzählfluss insgesamt. Mir scheint hier ein grundlegendes Missverständnis bei diesem Projekt vorzuliegen.

In weiten Teilen des Buches erzählt Evans nicht mit Bildern, sondern setzt diese im Grunde als Illustrationen des Textes ein, vom dem es in diesem Comic einfach mehr, sehr viel mehr als genug gibt. Das ist überaus schade, weil es „der Graphic Novel über Rosa Luxemburg“ genau die Stärke des Mediums Comic nimmt. Sequentiell erzählen die Bilder, wenn überhaupt, meist nur, wenn die berüchtigten talking heads auftauchen. Aber im Wesentlichen trägt der Text die Erzählung. Auch die eingangs erwähnten grafischen Ideen, die das Buch ja durchaus vorweisen kann, haben hauptsächlich illustrativen Charakter.

Die zumeist unglaublich langen und länglichen Textpassagen wirken, als wenn sie nachträglich von jemandem eingesetzt wurden, der oder die mit Comic nicht viel anfangen kann. Das liegt nicht nur an der wirklich nicht gelungenen Auswahl der Typo, sondern auch daran, dass viele Textblöcke zwischen die Zeichnungen gequetscht wurden. Auch wenn die Textebene im Comic selbständig Inhalte transportiert, ist sie eben immer auch gleichzeitig ein grafisches Element. Die Möglichkeiten, die sich damit bieten, wurden hier leider vollkommen ignoriert.

Die Auswahl der Typo macht es den Leser*innen außerdem zusätzlich schwer zu erkennen, wer hier gerade spricht. Mich hat das beim Lesen immer wieder geärgert. Zumal, weil zwischendurch eine Erzähler*innenstimme auftaucht, die offenbar aus dem Heute spricht, aber keinerlei Erklärung oder Rahmung erfährt.

So trudelt die Erzählung durch das Leben von Rosa Luxemburg. Im Vorwort wird noch erklärt, dass die Chronologie von Ereignissen auch zugunsten der Dramaturgie durchaus auch umgestellt wurde. Dem dramaturgischen Fluss hat das für meinen Geschmack leider nicht viel gebracht. Das Werk insgesamt bleibt für mich ohne Mitte, ohne roten Faden. Ich habe bis zum Schluss nicht wirklich herausbekommen, worum es diesem Comic geht.

Ich weiß sehr zu schätzen, wenn Figuren der Zeitgeschichte nicht nur über die offiziellen Fakten vorgestellt, sondern auch die Menschen dahinter sichtbar werden. Evans versucht das mit privaten Einblicken. Insbesondere das immer wieder umständlich lange Zitieren aus Schriften von Rosa Luxemburg überlagert das und sorgt auch nicht für mehr Verständnis dafür, wie Mensch und Wirken hier zusammenhängen.

Insgesamt ist mein Eindruck, dass hier ein Comic-Projekt von Leuten geplant wurde, die nicht so recht Zugang zum Medium Comic haben. Und zu dem gehört es nun einmal, dass es dem Wesen nach ein erzählendes und visuelles Medium ist. Es wirkt ein bisschen so, als wenn die zu verwendenden Textblöcke schon feststanden, bevor die erzählerische und grafische Idee entwickelt wurde.

Puh, so habe ich tatsächlich schon lange nicht mehr über ein Buch gemeckert. Vielleicht liegt es daran, dass ich diese Comic-Biografie wirklich gern gemocht hätte. Aber es ist leider kein Comic geworden. Und das Label „Die Graphic Novel über Rosa Luxemburg“ macht es als plakativer Anspruch gleich auf dem Cover auch nicht wirklich besser.

Gleichwohl will ich vom Lesen des Buches gar nicht abhalten. Natürlich lässt sich allerhand über Rosa Luxemburg erfahren. Natürlich bietet dieses Werk dennoch einen anderen Zugang zum Werk der Luxemburg als die gesammelte Ausgabe ihrer Schriften oder eine wissenschaftliche Monografie über ihr Leben. Schade finde ich das Ergebnis dennoch, weil es eine Chance vertan hat.

Kurz und gut: Dieses Buch ist ein Missverständnis. Comic-Leser*innen werden enttäuscht sein. Leute die sonst nie Comics lesen, bekommen keinen Eindruck davon, was Comic jenseits von Funnies und Superhelden leisten kann. Das ist schade!

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