„Die Politiker sagen uns nicht die Wahrheit! Die Politik lügt uns
an, heute mehr denn je! Wir glauben denen da oben gar nichts mehr!“ (Seite 9)
Ulrich Teusch ist Publizist und Autor für Hörfunkfeatures. Die
ersten Sätze seines Vorwortes beschreiben eine Haltung von Bürger*innen, der er
während der Recherchen für ein Feature zu Lügen in der Politik oft begegnete.
Medien braucht es als Mittler, um Politikverdrossenheit entgegenzuwirken. Teusch
findet, dass das Mediensystem krankt und so seine Aufgabe nicht mehr erfüllen
kann.
Medienkritik also. Zunächst stellt Teusch klar, dass er den
Begriff „Lügenpresse“ für falsch hält. Auch weil der Begriff der Lüge so schwer
zu fassen sei. Die Erläuterung, warum er „Lückenpresse“ die geeignetere
Formulierung findet, fußt auf der nicht so sehr aufsehenerregenden Erkenntnis,
dass bei allen journalistischen Bemühungen der Blick der Einzelnen eben auch
wertebasiert, interessengeleitet ist, wie auch die Rahmenbedingungen der Medien
selbst. Aus der schieren Masse an Informationen muss ausgewählt werden. Dies
geschieht nach Kriterien, die zwangsläufig dazu führen, dass über Eines
berichtet wird über Anderes aber eben nicht.
Diesen Mechanismus an sich beklagt Teusch weniger als die Art und Weise
der Auswahl. Hier bezieht er sich im Wesentlichen auf die Mainstreammedien –
also die Leit- und Qualitätsmedien – und insbesondere auf den Mainstream des
Mainstreams. Auch wenn er hier letztlich doch schwammig in seiner Definition
bleibt, lässt sich aus seinen immer wieder angeführten Beispielen
schlussfolgern, dass er damit hauptsächlich die Öffentlich-Rechtlichen meinen
dürfte.
Soweit, so gut. Ab da lässt mich Teuschs Buch aber ehrlicherweise
recht unbefriedigt zurück. Er führt zahllose Beispiele für Sendungen,
Kommentare etc. an, in denen seiner Ansicht nach, tendenziös, manipulierend,
meinungsmachend und eben nicht berichtend gearbeitet wird. Der Vorwurf, dass
Öffentlich-Rechtliche Medien zu sehr der Schmissigkeit privater bzw. der
Konzernmedien hinterherlaufen und auf Quote statt auf Qualität bauen – nunja,
der ist nicht neu und wenigstens in Teilen so richtig wie banal.
Was mich aber beim Lesen richtig geärgert hat, ist Teuschs Art der
Beweisführung. Die besteht zum überwiegenden Teil darin, die Leser*innen aufzufordern
sich vorzustellen, dieser oder jener Bericht oder Kommentar hätte einen anderen
Schwerpunkt gehabt oder eine andere Aussage. Daraus, dass der konstruierte
Konjunktiv so unwahrscheinlich ist oder sei, schließt Teusch messerscharf –
tja, dass etwas ganz schlimm und schief sei.
Gemischt mit einem Thema, dass sich ebenso als roter Faden durch
das Buch zieht, seine Kritik an der Berichterstattung über Russland, bekommen
seine ja nicht falschen Beispiele leider einen genauso tendenziösen Schlag wie
der, den er den Mainstreammedien gerade vorwirft. Er findet, dass in
manipulativer Absicht über Russland nur das Schlechte berichtet wird und
dahinter ein transatlantischer Klüngel stecken müsse. Leider argumentiert er
selbst hier insgesamt so oberflächlich, dass ich mich streckenweise gefragt
habe, ob Teuschs Kritik nicht nur die ist, dass die Mainstreammedien nicht für
wichtig halten, was er selbst für wichtig hält.
Immerhin betont er immer wieder, dass es natürlich genügend Journalist*innen
gibt, die einen guten Job machen und outet sich auch als grundsätzlicher Befürworter
öffentlich-rechtlicher Medien.
Bedauerlich bis ärgerlich empfand ich, dass der Autor eigentlich
übers Raunen nicht hinausgeht und im Grunde auch nicht wirklich Ross und Reiter
als Ziel seiner Kritik benennt. Ebenso unterkomplex kommen die Bedingungen zur
Sprache, unter denen journalistische Arbeit geleistet wird. Was ließe sich
nicht alles über konkrete Arbeitsbedingungen, Prekarität, Outsourcing, die
Übermacht der PR, Kommerzialisierung bis in den letzten Winkel und
Besitzverhältnisse in der Medienbranche, Verquickungen und Verflechtungen berichten
und daraus schlussfolgern? Leider spricht Teusch an der Stelle dann lieber
ausführlich über den amerikanischen Markt als über die Medienbranche
hierzulande.
So bleibe ich nach der Lektüre zurück mit vielen Fragezeichen,
weil ich nicht wirklich entschlüsseln konnte, was genau die Absicht dieses Buches
war. Für die Schlussfolgerung, dass das Publikum mehr Mediennutzungskompetenz
braucht, um emanzipierter Medien nutzen zu können, dafür hätte es dieses Buch
nicht gebraucht.
Kurz und gut: Zuviel Raunen und Konjunktiv für eine brauchbare und
weiterführenden Analyse. Am Ende irgendwie doch nur ein Meinungsstück zwischen
Buchdeckeln, wo ein paar Kommentarspalten es vielleicht auch getan hätten.
Schade!
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen