„Seit Tagen stapfen wir durch das Eis und über die harten Äcker,
auf der Suche nach einem Quartier für den Winter. Zu dieser Jahreszeit ist das
Reisen sehr gefährlich, deshalb meiden wir die Straßen und Wege.“ (Seite 5)
Wir – das sind Johanna Krainer und ihr kleiner Bruder Jakob. Der
Winter ist der des Jahres 1646. Der Dreißigjährige Krieg dauert nun schon
länger an als die Anzahl an Lebensjahren, die das Geschwisterpaar zusammenbringt.
Ein Ende ist für sie nicht abzusehen oder auch nur vorstellbar.
Auf sich allein gestellt ziehen sie durch ausgezehrte
Landschaften, vorbei an menschenleeren Dörfern und Häusern. Einzig das Grauen,
das Menschen einander antun können wächst und gedeiht. Galgenbäume, zermarterte
Körper, Leichenteile, Verwesungsgeruch – all das schmückt die Welt der
Geschwister, die das kaum noch wahrzunehmen in der Lage sind. Etwas zu essen zu
finden, Dinge zum Eintauschen und die ständige Sorge um den eigenen Schutz vor
Soldaten oder anderen Hungerleidern – das bestimmt ihr Denken.
Die Geschichte, die Lukas Kummer bereits 2015 präsentierte, dreht
sich um die schier unendliche Vergeblichkeit mit der sich die beiden
Geschwister durch diese Welt des Krieges ihren Weg suchen. Erbaulich ist hier
gar nichts. Auf jeden erfreulichen Fund folgt ein hinterhältiger Angriff, eine
fast beiläufige Attacke, weil sie gerade da sind oder im Weg stehen.
Kummer illustriert so die alltäglich gewordenen Schrecken eines
Krieges, der Menschen und Länder auszehrt. Dem eine Sinn oder auch nur eine
fassbare Begründung zu verleihen ist Sache von Historikern. Für Johanna und Jakob geht es nur um eines:
irgendwie bis morgen überleben. Und dann bis übermorgen. Und immer so weiter.
Dabei können sie der Verrohung der Welt um sie herum nichts
entgegen setzen als die kurzen und seltenen Momente, in denen der kleine Jakob
sehnsüchtig zu den am nächtlichen Himmel blinkenden Sternen aufschaut. Johanna,
die allein die ganze Last zu tragen hat, fügt sich darein, indem sie als Junge
verkleidet für beide kämpft. Die Vergeblichkeit ihres Kampfes kroch mir beim
Lesen eiskalt den Rücken herauf, als ich versuchte mir vorzustellen, wie sie in
einer Zeit und an einem Ort nach dem Ende des Krieges ankommen könnten.
Vergeblich. Sie sind, im schlimmsten Sinne, Kinder dieses sinnlosen Krieges.
Lukas Kummer hat Bilder und einen Zeichenstil gefunden, die all
diese Trostlosigkeit widerspiegeln und einfangen. Es ist zutiefst beklemmend,
Johannas Stimme über diesen Bildern zu hören.
Nicht unerwähnt lassen will ich, dass ich die Aufmachung des
Comics durch den Indieverlag Zwerchfell wirklich toll finde.
Kurz und gut: Beklemmend und eine überzeugende, gelungene
Darstellung von Kriegsgräueln und Trostlosigkeit. Lesen!
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