Donnerstag, 25. Februar 2021

Roxanne Moreil/ Cyril Pedrosa: Das Goldene Zeitalter. Erster Teil


(Übersetzung: Ulrich Pröfrock)

„Vater Mathurin hatte die Hirschkuh gefunden, einfach so, tot, in einem Graben im Wald von Armand.“ (Seite 9)

In einer fantastischen, vom Mittelalter angehauchten Welt liegt ein Königreich darnieder. Der König, unter dem es noch reich und stolz war, ist tot, die Nachfolge noch nicht geregelt. Die Anwärterin darauf ist Prinzessin Tilda. Doch sie wird von Ränken des Hofadels ausgebootet, die ihren jüngeren Bruder benutzen und diesen auf den Thron hieven. Tilda wird in die Verbannung geschickt und muss fliehen.

Auf ihrer nun für sie gefährlichen Reise durch das Land sucht sie nach treuen Gefolgsleuten ihres Vaters, die sich nicht gegen sie verschworen haben. Dabei wird offenbar, dass die Gier des Hofadels Schuld trägt an der Armut und dem Hunger des Volkes. Tilda wollte das ändern. Nun wird sie als Opfer einer Verleumdungsgeschichte ihrer Gegner gejagt.

Allein weil dieser Comic von Cyril Pedrosa ist, würde ich ihn auch lesen und lieben, die Geschichte hier, ganz märchengerecht, zu ende wäre. Ist sie natürlich nicht. Denn es kommt eine alte Legende ins Spiel und ein vergessenes Buch taucht auf: Das Goldene Zeitalter.

Und was darinsteht, bringt die märchenhafte Erzählkonvention in Bewegung. Ganz klassisch ließe sich erwarten, dass die gute Tilda über den bösen Hofadel siegen wird, den Thron besteigt und als junge, gerechte Königin das Reich zu altem Wohlstand zurückführt. Königtum und die gesellschaftlichen Strukturen von oben und unten wären gerettet und rehabilitiert.

Das alte, vergessene Buch bringt aber eine neue Idee auf: Alle Menschen wären gleich. Keine Kriege mehr um Grenzen und Thronrivalitäten, kein oben und unten. Eine echte Utopie – auch für die Verhältnisse eines Märchens.

In Teil zwei, auf den ich sehnsüchtig warte, wird sich Tilda wohl entscheiden müssen. Ist ihr der Wandel zum Guten so wichtig, dass sie ihre eigene Rolle als Prinzessin aufgeben wird? Wird sie am Ende zu einer Revolutionärin? Ist so eine Welt überhaupt revolutionierbar, wenn die Bewohner:innen sich nicht einmal ansatzweise vorstellen können, dass alles auch anders sein könnte? Klingt irgendwie auch heute aktuell, oder? 😉

Stilistisch ist auch dieser Band wieder ein echter Pedrosa. Satte Farben, markante Figuren, eine Farbgebung, die rauschhafte Atmosphäre kreiert. In einer Rezension las ich, dass der Stil mittelalterlichen Stilistiken recht nahekäme. Beim nochmaligen Durchblättern finde ich das einen passenden Hinweis.

Kurz und gut: Was soll ich da sagen? Ich bin Fanboy. Lest Cyril Pedrosa, los! 😉

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