Sonntag, 28. November 2021

Jérôme Leroy: Der Block


(Übersetzung: Cornelia Wend)

„Letztlich bist du also wegen der Möse einer Frau Faschist geworden.“ (Seite 9)

Die Faschisten haben es geschafft. In einem Frankreich, dass in Gewalt und Chaos versinkt, entscheidet sich die konservative Regierung dazu, den rechtsextremen „Patriotischen Block“ in die Regierung aufzunehmen. Für die beiden Männer im Mittelpunkt dieses Romans bedeutet das eine gravierende Wende in ihrem Leben in und mit dem Block.

Antoine ist der Ehemann der Parteivorsitzenden. Während sie die Verhandlungen führt, wartet er in der gemeinsamen Luxuswohnung. Als eine Art Parteiintellektueller wird er im Falle der Regierungsbeteiligung wohl Staatssekretär werden. Stanko dagegen versteckt sich. Er ist bisher der Chef des parteieigenen Ordnungsdienstes, der paramilitärisch organisiert und ausgebildet ist. Stanko ist das personifizierte schmutzige Geheimnis, von dem niemand möchte, dass es bei einer Regierungspartei zur Sprache kommt.

Der Text wechselt zwischen diesen beiden, ganz unterschiedlich nachdenklichen Männern hin und her. Es gibt keine Außenperspektive, nur die Erinnerung an die Aktionen und gemeinsamen Kämpfe in und um den Patriotischen Block. Das eröffnet einen Binnenblick darauf, wie viel Zynismus und die Bereitschaft zu Gewalt zum Erfolg dieses rechtsextremen und populistischen Blocks beitragen. Gar nicht so überraschend ist, dass der Intellektuelle und in der Hierarchie höher Stehende auch der Zynischere der beiden ist.

Wenig überraschend ist auch, dass Stanko dem Erfolg des Blocks geopfert werden soll. Für einen wie ihn hat die neue Regierungspartei keine Verwendung mehr. Also werden genau die Männer auf Stanko angesetzt, die er zuvor für den Ordnungsdienst selbst ausgebildet hat.

Klar lässt sich der Text auch als Kammerstück zwischen genau diesen beiden Typen lesen, deren Leben viele Jahre lang miteinander verwoben waren. Spannend wird es aber eben auch und gerade durch die Konstruktion eines Binnenblicks innerhalb des Patriotischen Blocks. Der ganze aufgeblähte Pathos, die zelebrierte Wut, die Lust am Chaos wird hier zurückgeführt auf das, worum es diesen Extremisten und Populisten eigentlich geht: Macht.

Natürlich ist dieser fiktive Text keine politische Analyse. Die Wirkung solcher Texte kann sich aber trotzdem entfalten, wenn man den Gaulands und Höckes und den zahllosen anderen dieser Geisteshaltung in der Realität zuhört.

Leroy hat hier wahrlich keine gemütliche Strandlektüre verfasst. Wer sich aber für politische Zustände, die Gegenwart und gesellschaftliche Fragen interessiert, wird dieses Buch mit Gewinn lesen.

Kurz und gut: Hart und unbedingt lesenswert, weil es leider immer noch so aktuell ist. Lesen!

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