Mitglieder der “Abteilung
für Fragen der Kindheit und Zukunft” machen sich in Buchhandlungen auf die
Suche nach möglicherweise jugendgefährdenden Schriften. Sie sammeln ein, was
ihnen verdächtig erscheint.
Nun warden beim
Durchblättern alle Seiten markiert, die einen eventuell “schädlichen” Inhalt
aufweisen. Der Grad der Schädlichkeit des gesamten Werkes ergibt sich aus dem
Verhältnis der “schlimmen” Seiten zur Anzahl der Seitenzahl insgesamt.
Die “Kommission für
Erziehung und Schutz Minderjähriger” bekommt den Stapel der so
herausgefilterten Werke zur abschließenden Begutachtung vorgelegt. Im
Schnellverfahren und ohne Zeit, die Sachen auch wirklich zu lesen, wird nun
abgeurteilt.
Welche Auswirkungen
mag ein solches Zensurverfahren wohl auf die Urheber haben, die die
Veröffentlichung ihrer Werke ja nicht gefährden wollen. Wie reagieren Verlage,
um ihren verkaufbaren Ausstoß an Titeln nicht zu gefährden? Bis hierhin ist
übrigens noch nicht die Story von “Poison City” geschildert worden, sondern nur
der reale Anlaß für Tsutsui, diesen zweibändigen Manga zu schreiben und zu
zeichnen. Diese reale Begebenheit aus dem Japan zu Beginn des 21. Jahrhunderts
wird im Anhang erzählt.
Die Story von “Poison
City” dreht das Rad noch ein wenig weiter. Was wäre, wenn sich eine radikale
Gruppe fände, die dieses Zensursystem nutzte, um mit einer willkürlichen
Behauptung, was alles sittenwidrig und gefährdend wäre, unser Leben
einzuschränken, uns gefügig zu machen. Wie weit würden wir es ertragen?
Brächten wir den Mut zum Widerstand auf?
Ein junger Mangaka
arbeitet an seiner Horrorserie, die er unbedingt veröffentlichen möchte,
während die “Säuberungsfront” sich anschickt, das gesellschaftliche Klima zu
bestimmen. Zunächst weiß er den Verlag auf seiner Seite. Gemeinsam versuchen
sie auszuloten, wie weit sie die neuen Grenzen strapazieren können. Doch als
sein Werk tatsächlich indiziert wird, steht der junge Mann vor existenziellen
Entscheidungen.
Tsutsuis Manga nur als
Thriller zu lesen, erscheint mir zu wenig angesichts der Tragweite, die er
schildert. Seit einigen Jahren erleben wir in den hochgelobten Demokratien, wie
schnell oder unmerklich für ewig sicher
geglaubte Freiheiten angreifbar werden und auch verloren gehen können. Es kommt
dabei auf jede*n von uns an und darauf, wie weit wir bereit sind, dies klaglos
hinzunehmen. Allein die Tatsache, wie wenig sich Autoren/ Zeichner wie Tsutsui
manchmal zur Realität hinzudenken müssen, ist schon erschreckend.
Muss ich extra
erwähnen, dass “Poison City” spannend aufgebaut, überzeugend erzählt und
grafisch toll umgesetzt ist? ^^
Kurz: Eine überzeugende
Lektüre auch für Manga-ferne Leser*innen. Lesen!
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