„Kurz nach drei Uhr am Nachmittag des 22. April 1973 fuhr ein fünfunddreißig
Jahre alter Architekt namens Robert Maitland mit hoher Geschwindigkeit die
Ausfahrt des Westway-Kreuzes in der Londoner Innenstadt hinunter.“ (Seite 5)
Ein Vorderreifen platzt. Der Jaguar kommt von der Straße ab, stürzt
die steile Böschung hinunter und kracht gegen dort liegende, rostende Autowracks.
Robert Maitland ist gestrandet. Er lebt, muss aber feststellen, dass er mit
einer üblen Beinverletzung auf einer grünen Insel inmitten des Autobahnkreuzes
festsitzt. Von den umliegenden Straßen ist der Ort kaum oder gar nicht
einsehbar.
Die Vorstellung des Settings hatte mich ja gleich gekriegt:
Inmitten dieses Inbegriffs der Moderne und der Mobilität – eines
Autobahnkreuzes in der Londoner Innenstadt – liegt in abgeschlossenes, unerreichbares
Areal. Niemand kommt je hierher, niemand achtet darauf, niemand hält an. Das
Leben zieht buchstäblich an diesem armen Robinson vorbei.
Selbst als er es mühsam die Böschung heraufschafft, sehen die vorbeifahrenden
Großstädter nichts als einen Vagabunden in abgerissenen Klamotten, der wirr gestikuliert.
Er wird buchstäblich auf die Insel zurückgeschleudert.
Seine Verletzungen, Hunger und Durst und das wechselhafte Wetter kosten
in Kraft. Selbst die Insel scheint gegen ihn zu kämpfen. Das hohe Gras verschlingt
den ramponierten Jaguar und macht jedes Herumstreifen auf der Suche nach einer
Fluchtmöglichkeit oder auch nur nach Essen zu einem ungleichen Kräftemessen.
Während seine Kraft zusehends schwindet wird ihm irgendwann klar, dass
er nicht allein auf dieser Insel ist. Ob das Rettung oder nur einen Gegner mehr
bedeutet, das will ich hier gar nicht verraten. 😉
Verraten möchte ich aber, dass die nüchtern-klare Sprache von
Ballard schon auf den ersten Seiten ihren Sog entfaltet. Die eher kurzen, klar
strukturierten Kapitel stärken das Berichthafte dieses Romans. Trotzdem ist die
zunehmende Verwirrung, das fieberne Driften des verletzten Maitland intensiv
spürbar.
Ich freue mich auf jeden Fall über eine Entdeckung und bin gespannt
darauf, noch mehr von J.G. Ballards Texten zu entdecken. Und überhaupt: Wieso
kannte ich den bisher nicht? ^^
Kurz und gut: Der Roman ist perfekt, um ihn direkt an einem Stück
wegzuschmökern und sich damit selbst auf eine kleine Insel inmitten der
hektisch weiterflutenden Moderne zu katapultieren und innezuhalten. Krass gut!
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