„Die Reise war sehr lang.
Wir zogen durch Wüsten, überwanden Berge und Meere …
…bis wir die Küste Apuliens erreichten.“ (Seite 5)
Néjib führt uns in seiner Geschichte vor, wie sehr Glauben sich
mitunter durch Wissen und Wissenschaft herausgefordert, bedroht fühlt. Dazu
nutzt er das mittelalterliche Castel del Monte als Kulisse, dass der Stauferkaiser
Friedrich II. zwischen 1240 und 1250 im südlichen Italien errichten ließ. Die Zeit
der Handlung und das abgelegene Bauwerk lassen gleich ein wenig „Der Name der
Rose“-Feeling aufkommen. Schließlich handelt es sich auch hier um ein
Verwirrspiel mit Krimieinschlag.
Der Kaiser versammelt im Castel del Monte herausragende Geister
seiner Zeit um sich. So auch Hannibal Quassim al Battuti, der mit seiner Tochter
Houdeh und einem geheimnisvollen Assassinen anreist. Hannibal ist Optiker und
hat entdeckt, wie sich mittels der Bündelung von Lichtstrahlen und ein wenig
Chemie das Abbild eines Menschen auf eine Leinwand bannen lässt. Einzig die
Fixierung des Bildnisses wirft noch Fragen auf.
Doch solcherlei Experimente finden nicht bei allen Zeitgenossen Unterstützung.
Der Glaube fühlt sich herausgefordert von etwas, das nicht sein darf. Und so
entspinnt sich ein Wettlauf mit der Zeit. Der Kaiser fordert Ergebnisse und
verfolgt dabei seine ganz eigenen Ziele. Hannibal ringt um seinen Ruf und die
Ergebnisse seiner Forschungen. Aber andere Kräfte halten all dies für
Blasphemie. Selbst wenn es gelänge: Es darf nicht sein.
Néjib gelingt es, die verschiedenen Ebenen der Geschichte auf
unterhaltsame und spannende Art zu verbinden. Wie bei Umberto Ecos Werk auch,
lässt sich „Stupor Mundi“ als Mittelalterkrimi oder philosophische Wissenschaftsgeschichte
lesen. Der krakelig-leichte Strich verhindert realistisch angehauchten
Mittelalterkitsch und lässt dabei genug Spielraum für Entdeckungen.
Kurz und gut: Der Verlag Schreiber & Leser tat gut daran,
diesen zunächst in Frankreich erschienenen Comicband ins Deutsche zu
übersetzen. Möge er in vielen Buchhandlungen auch jenseits des begrenzten
Comicmarktes seinen Platz und ein Publikum finden.
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen