„Der libertär-autoritäre Protest richtet sich gegen die spätmoderne Gesellschaft, rebelliert aber im Namen ihrer zentralen Werte: Selbstbestimmung und Selbstverwirklichung.“ (Umschlagtext)
Es ist doch verrückt, wie die letzten drei Jahre Haltungen, die zuvor eher unsichtbar unter der Oberfläche geruht zu haben scheinen, hervorbrachten, verstärkten und verbreiteten. In dieser irgendwie nebulösen Debattenwolke aus Coronaleugnung, Trumpismus, Reichsbürgertum, Putintreue, alternativen Fakten, Fake News usw. wabert unser aller Unbehagen und manifestiert sich immer mehr nicht nur in Dokumentationen über komische Leute mit unverständlichen Haltungen irgendwo, sondern sickert in Gespräche im Hier und Heute und manchmal mit Menschen, die man mag und doch eigentlich zu kennen glaubte. Und plötzlich ist das gesellschaftliche Unbehagen ganz nah.
Ich bin sehr gespannt auf dieses Buch und hoffe auf ein paar analytische Planken fürs Verstehen der Gegenwart.
„Coronakritiker
mit Blumenketten, Künstler, die naturwissenschaftliche Erkenntnisse infrage
stellen, Journalisten, die sich als Rebellen gegen angebliche Sprechverbote
inszenieren: Der libertäre Autoritäre hat Einzug gehalten in den politischen
Diskurs. Er sehnt sich nicht nach einer verklärten Vergangenheit oder der
starken Hand des Staates, sondern streitet lautstark für individuelle
Freiheiten. Etwa frei zu sein von Rücksichtnahme, von gesellschaftlichen
Zwängen – und frei von gesellschaftlicher Solidarität. Der libertäre
Autoritarismus, so Carolin Amlinger und Oliver Nachtwey, ist eine Folge der
Freiheitsversprechen der Spätmoderne: Mündig soll er sein, der Einzelne, dazu
noch authentisch und hochgradig eigenverantwortlich. Gleichzeitig erlebt er
sich als zunehmend macht- und einflusslos gegenüber einer komplexer werdenden
Welt. Das wird als Kränkung erfahren und äußert sich in Ressentiment und
Demokratiefeindlichkeit.
Auf der
Grundlage zahlreicher Fallstudien verleihen Amlinger und Nachtwey dieser
Sozialfigur Kontur. Sie erläutern die sozialen Gründe, die zu einem Wandel des
autoritären Charakters führten, wie ihn noch die kritische Theorie dachte. Die
Spätmoderne bringt einen Protesttypus hervor, dessen Ruf nach individueller
Souveränität eine Bedrohung ist für eine Gesellschaft der Freien und Gleichen:
Er leugnet gegenseitige Abhängigkeiten und eine geteilte Realität.“
(Klappentext)
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