Sonntag, 20. November 2022

Carolin Amlinger/ Oliver Nachtwey: Gekränkte Freiheit. Aspekte des libertären Autoritarismus


„Der libertär-autoritäre Protest richtet sich gegen die spätmoderne Gesellschaft, rebelliert aber im Namen ihrer zentralen Werte: Selbstbestimmung und Selbstverwirklichung.“ (Umschlagtext)

Es ist doch verrückt, wie die letzten drei Jahre Haltungen, die zuvor eher unsichtbar unter der Oberfläche geruht zu haben scheinen, hervorbrachten, verstärkten und verbreiteten. In dieser irgendwie nebulösen Debattenwolke aus Coronaleugnung, Trumpismus, Reichsbürgertum, Putintreue, alternativen Fakten, Fake News usw. wabert unser aller Unbehagen und manifestiert sich immer mehr nicht nur in Dokumentationen über komische Leute mit unverständlichen Haltungen irgendwo, sondern sickert in Gespräche im Hier und Heute und manchmal mit Menschen, die man mag und doch eigentlich zu kennen glaubte. Und plötzlich ist das gesellschaftliche Unbehagen ganz nah.

Ich bin sehr gespannt auf dieses Buch und hoffe auf ein paar analytische Planken fürs Verstehen der Gegenwart.

„Coronakritiker mit Blumenketten, Künstler, die naturwissenschaftliche Erkenntnisse infrage stellen, Journalisten, die sich als Rebellen gegen angebliche Sprechverbote inszenieren: Der libertäre Autoritäre hat Einzug gehalten in den politischen Diskurs. Er sehnt sich nicht nach einer verklärten Vergangenheit oder der starken Hand des Staates, sondern streitet lautstark für individuelle Freiheiten. Etwa frei zu sein von Rücksichtnahme, von gesellschaftlichen Zwängen – und frei von gesellschaftlicher Solidarität. Der libertäre Autoritarismus, so Carolin Amlinger und Oliver Nachtwey, ist eine Folge der Freiheitsversprechen der Spätmoderne: Mündig soll er sein, der Einzelne, dazu noch authentisch und hochgradig eigenverantwortlich. Gleichzeitig erlebt er sich als zunehmend macht- und einflusslos gegenüber einer komplexer werdenden Welt. Das wird als Kränkung erfahren und äußert sich in Ressentiment und Demokratiefeindlichkeit.
Auf der Grundlage zahlreicher Fallstudien verleihen Amlinger und Nachtwey dieser Sozialfigur Kontur. Sie erläutern die sozialen Gründe, die zu einem Wandel des autoritären Charakters führten, wie ihn noch die kritische Theorie dachte. Die Spätmoderne bringt einen Protesttypus hervor, dessen Ruf nach individueller Souveränität eine Bedrohung ist für eine Gesellschaft der Freien und Gleichen: Er leugnet gegenseitige Abhängigkeiten und eine geteilte Realität.“ (Klappentext)


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