Sonntag, 26. November 2017
Mosaik #504
Ach, ich steh heut einfach gar nicht auf ... đ
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Mittwoch, 22. November 2017
Irina Teodorescu: Der Fluch des schnauzbÀrtigen Banditen
“Der Mann trĂ€gt einen
langen Schnauzbart zur Schau, so lang, dass er ihm oft in die SoĂe seines Lieblingsgerichts
– einen bei den Bauern dieser lĂ€ndlichen Gegend traditionellen Brei aus weiĂen
Bohnen – hĂ€ngt. Sein Appetit lĂ€sst erkennen, dass er ein bodenstĂ€ndiger Mann
ist: Er ist so versessen auf sein Leibgericht, dass in seinem langen Schnauzer
stets eingetrocknete Ăberreste von weiĂen Bohnen hĂ€ngen.” (Seite 7)
Soviel kann ich ja
schon einmal verraten: Trotz seines in weiĂen Bohnen getrĂ€nkten Schnauzers wird
der Bandit dann doch leider verhungern. Viel wichtiger ist aber ohnehin der
Fluch, mit dem er die Familie Marinescu noch rechtzeitig vor seinem Ableben belegt.
Genauer gesagt: Die mĂ€nnlichen Erstgeborenen jeder Generation. Ăber ein ganzes Jahrhundert.
So wird Familiengeschichte geschrieben.
Fantastisch fand ich an
den 141 Seiten, dass ich die ganze Zeit ĂŒber eine kleine Blaskapelle im Ohr
hatte, die von einer irren Geige durch abstruseste Notenfolgen gepeitscht wird.
Dabei bin ich gar nicht sicher, ob diese Art Musik fĂŒr das RumĂ€nien, in dem die
Geschichte spielt, wirklich typisch ist. Aber was ist in diesem Roman schon
typisch?
Hach, diese RumĂ€nen –
nein, irgendwie funktioniert der Gedankengang nicht. So leicht lÀsst sich diese
irre Geschichte nicht in eine Schublade packen. Ja, alles klingt so hĂŒbsch nach
einer fernen, exotisch anmutenden Welt, dort irgendwo im SĂŒdosten Europas. Es
ist alles sehr dörflich und einfach. Alle wirken ein wenig naiv, immer schon
rĂŒckstĂ€ndig und sehr impulsiv. Das Europa, das wir kennen, ist nicht nur viele
Jahre sondern auch viele Wegstrecken entfernt.
Und dann noch diese Familienclans,
in denen die Frauen so anheimelnde Namen tragen wie Maria die Zweitgeborene,
Maria die Versaute, Maria die HĂ€ssliche oder Margot die Schlange. So geht das natĂŒrlich
ĂŒber Generationen hinweg. WĂ€hrend die mĂ€nnlichen Erstgeborenen vom Fluch des
schnauzbĂ€rtigen Banditen mit schöner RegelmĂ€Ăigkeit hinweg gerafft werden,
dĂŒrfen die Frauen auf die ihnen je eigene Art hĂŒbsch daran leiden.
So sind sie halt, die
Marinescus. Je mehr ich aber darĂŒber nachdenke, um so weniger exotisch kommt
mir allerdings diese Art der Familiengeschichte vor. Denn eigentlich kennen wir
das doch auch - diese auf Familiefeiern immer wieder erzÀhlten Geschichten. Da
war der Opa, und der war so und so, und seine Frau, die Oma erst noch. Aber Jahre
spÀter kam dann heraus. Das musst du dir mal vorstellen. Und selbst heute merkt
man das noch, wenn du nur an deinen Onkel denkst. Apropos, ob das mit der neuen
Flamme lange gut geht. Guck mal, wie die guckt. Die will bestimmt nur ans Familiensilber.
Ach, dass die MĂ€nner dieser Familie einfach nie ohne dieses Laster …
Irgendwie so wird doch
Sippengeschichte erzĂ€hlt und familiĂ€re IdentitĂ€t konstruiert. Komisch sind natĂŒrlich
immer die anderen, wÀhrend in unserem eigenen Familienkosmos doch alles so
hĂŒbsch normal lĂ€uft.
Bevor das jetzt jemand
aus meinem Clan liest und womöglich in den falschen Hals bekommt: Nein, ich
meine natĂŒrlich nicht uns. Die MĂŒllers, Meiers oder Marinescus vielleicht. Und FlĂŒche
gibts bei uns gleich gar nicht.
Kurz: Ein herrlich
irrer Familienroman, keine Seite zu kurz oder zu lang. Lesen!
Dienstag, 21. November 2017
Paul Mason: Postkapitalismus. Grundrisse einer kommenden Ăkonomie
"Ist der Kapitalismus, wie wir ihn kennen, zukunftsfĂ€hig? [...] Zwischen historischer Herleitung und Gegenwartsanalyse, zwischen Theorie und Aktivismus leistet der Autor seinen Beitrag zur Debatte darĂŒber, was Kernelemente des zukĂŒnftigen ökonomischen und sozialen Zusammenlebens sein könnten." (Umschlagtext)
Ich finde ja, dass die Grundsatzfrage immer wieder gestellt werden muss. Nach der breiten Debatte um dieses Buch ist es nur folgerichtig, dass die Bundeszentrale fĂŒr politische Bildung auch hier eine Lizenzausgabe vorlegt.
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Montag, 20. November 2017
Nnedi Okorafor: Das Buch des Phönix
"Man hat sie vieles genannt - ein Forschungsprojekt, ein Ding, eine Abscheulichkeit. Sie selbst nennt sich Phönix und ist ein genetisches Experiment." (Umschlagtext)
Cross Cult legt einen dritten Roman von Nnedi Okorafor auf deutsch vor, und ich kleiner Fanboy bin aufgeregt und sehr gespannt. ;)
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Sonntag, 19. November 2017
Cordula Nussbaum: Organisieren Sie noch oder leben Sie schon? Zeitmanagement fĂŒr kreative Chaoten
“Liebe Leserin, lieber
Leser,
herzliches Lachen, das
war die erste Reaktion der meisten Menschen, denen ich von diesem Buch
erzĂ€hlte. `Zeitmanagement fĂŒr Chaoten? Das ist ja ein Widerspruch in sich´,
sagen viele – und auf den ersten Blick haben sie recht.” (Seite 7)
Puh, irgendwie lassen
mich Ratgeber ja meist eher ratlos zurĂŒck. Insbesondere, wenn es um
Persönlichkeitsfragen geht. Wer bin ich? Wie bin ich? Wie kann ich besser,
effizienter etc. werden?
Zwar weiĂ ich aus
meiner eigenen Arbeit, dass Menschen gern und oft nach sicheren Rezepten
fragen, denen sie sichere Handlungsanleitungen entnehmen können. Aber wir können
uns ja nunmal uns selbst und auch die Welt um uns herum nicht einfach nach Rezept
backen.
Cordula Nussbaum wird als
erfolgreiche Bestseller-Autorin und Trainerin vorgestellt und widmet sich den
offenbar bisher in diesem Ratgeber-Segment vernachlÀssigten kreativen Chaoten
ihren Ratgeber.
ZunÀchst wird ein Test
angeboten, der ein Raster anbietet zwischen “Ordnern” und “Chaoten”. Aus dieser
Selbsteinordnung fĂŒr die Leser*innen nun werden die weiteren Tipps und
RatschlÀge abgeleitet. Erst geht es um die Art zu arbeiten bzw. zu organisieren
insgesamt, bis dann die VorschlÀge immer kleinteiliger und konkreter werden.
Wie so oft bei
Ratgebern wurde ich auch hier das GefĂŒhl nicht los, alles schon einmal gehört
zu haben. VerstÀrkt wird dies sicher durch einen Schreibstil, der immer wieder bereits
Formuliertes wiederholt. Dabei ist der Tonfall recht jovial gehalten und auch
immer sehr wertschÀtzend.
Bei all den konkreten
Tipps bin ich mir nicht sicher, ob sie nicht genauso auch jedem anderen
Menschen empfohlen werden wĂŒrden. Was dem Nutzen, auch eigentlichen Klares
immer wieder einmal auszusprechen, um sich damit bewusst auseinanderzusetzen,
keinen Abbruch tut.
Die gröĂte StĂ€rke des
Buches empfand ich in den immer wieder eingestreuten Hinweisen, wie wichtig Aufmerksamkeit
und WertschĂ€tzung fĂŒr die Menschen sind, mit denen wir zusammen arbeiten. Der
hÀufigste Stolperstein ist und bleibt vermutlich schlicht das so banale wie
verfĂŒhrerische MissverstĂ€ndnis, dass alle Anderen genau ticken wĂŒrden wie ich
selbst.
Aufmachung, Gestaltung
und die Handhabung des Buches sind durchdacht und gut umgesetzt. Etwas nervig
aber vermutlich der Sparte geschuldet sind die stÀndigen Verweise auf Links zu
weiteren Online-Angeboten der Autorin, die dort natĂŒrlich gebucht werden
können. Ein paar als Werbung gekennzeichnete Seiten am Ende hÀtten mich beim Lesen
weniger genervt.
Gerade kommt mir noch
in den Sinn, dass ich vielleicht selbst immer ratlos bei Ratgebern zurĂŒckbleibe
und das Rezepthafte kritisiere, weil mir einfach ein Rezept, das mich ĂŒberzeugt
schlicht noch nicht in die Finger kam. Vielleicht ist das aber auch einfach nur
nicht mein Genre. ^^
Kurz: Kann man gut
lesen und fĂŒr Anregungen nutzen – es geht aber auch ohne. đ
Samstag, 18. November 2017
Kate Evans: Die rote Rosa (Frei ĂŒbersetzt)
'LiebesgrĂŒĂe aus Kiew' brachten mir zwei total liebe Menschen mit, wo sie ein Seminar mit und fĂŒr das dortige BĂŒro der Rosa-Luxemburg-Stiftung durchfĂŒhrten.
Diese 'grafische Biografie' ĂŒber die Namensgeberin der Stiftung kann ich zwar nicht lesen, habe mich aber trotzdem riesig darĂŒber gefreut. ;)
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Freitag, 17. November 2017
Franzobel: Picus. Eine Strandnovelle
"'Ich bin gekommen, Ihnen mitzuteilen, dass die ungelegenste Stunde angebrochen ist, Es soweit ist. Ihre Frist ist aufgelesen, abgelaufen. In dieser Angelegenheit bin ich gekommen. Ungelegen, aber ich bin da. Ich bin Ihr Tod.'
'Ach du ScheiĂe', fluchte ich. 'Aber ich habe doch schon gesagt, ich kaufe nichts.'" (Umschlagtext)
FrĂŒhmogendliches Idyll: Literatur an Katze!
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Donnerstag, 16. November 2017
Robert Menasse: Die Hauptstadt
"In seinem groĂen europĂ€ischen Roman spannt Robert Menasse einen weiten Bogen zwischen den Zeiten, den Nationen, dem Unausweichlichen und der Ironie des Schicksals, zwischen kleinlicher BĂŒrokratie und groĂen GefĂŒhlen." (Umschlagtext)
Ok, ausnahmsweise. Weil es halt alle haben, hab ich es jetzt auch. ^^
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Montag, 13. November 2017
Birgit Weyhe: Madgermanes
Die Bundeszentrale fĂŒr politische Bildung kann also auch Comic. ^^ Und einen guten Comic haben sie hier als Lizenzabdruck ausgesucht.
Birgit Weyhe greift die Geschichte von mosambikanischen Vertragsarbeitern auf, die Ende der 70er Jahre in die DDR geholt wurden. Nach der Wiedervereinigung mussten die meisten von ihnen wieder zurĂŒck in ihre Heimat, wo sie zum Teil bis heute auf die Auszahlung ihres Lohnes durch die eigene Regierung warten. Sie arbeiteten fĂŒr Made in Germany. Nun nennen sie sich selbst Madgermanes.
"Diese wenig beachtete Episode deutsch-afrikanischer Geschichte arbeitet Birgit Weyhe, die als Kind in Ostafrika lebte, in der Graphic Novel auf. Sie verknĂŒpft afrikanische und europĂ€ische Bildsprachen, um das Leben dreier Protagonisten zwischen zwei Welten darzustellen und stöĂt dabei immer wieder auf die Frage: Was ist Heimat?" (Umschlagtext)
Im Original erschien der Comic im Avant Verlag.
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Mittwoch, 8. November 2017
Isabel Fargo Cole: Die grĂŒne Grenze
Lasst dicke BĂŒcher um mich sein - Ă€hem. ;)
"Nachricht von sehr lebendigen Menschen der verschollenen DDR an ihrer Ă€uĂersten Grenze, am FuĂe des Brocken [...]" (Alexander Kluge, Umschlagtext)
"Die grĂŒne Grenze ist ein sehr reales MĂ€rchen vom Leben an der Grenze und von ihrer Ăberwindung." (Klappentext)
Komm nur, du nasskaltes Herbstwetter! Ich bin gewappnet. Ich habe BĂŒcher, und ich werde sie einsetzen. ^^
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Dienstag, 7. November 2017
Rutger Bregman: Utopien fĂŒr Realisten.
"Das wahre Problem unserer Zeit ist nicht, dass es uns nicht gutginge oder dass es uns in Zukunft schlechter gehen könnte. Das wahre Problem ist, dass wir uns nichts Besseres vorstellen können." (Umschlagtext)
Zeit, mal wieder rumzuspinnen und ĂŒber Alternativen und Utopien zu sprechen, meint der NiederlĂ€nder Rutger Bregman.
Eine coole Aufmachung bzw. Herstellung habt ihr euch da auĂerdem noch einfallen lassen, liebe Leute vom Rowohlt Verlag. ^^
#leseherbst #sachbuch #rutgerbregman #rowohlt #politik #zeitgeschehen #utopie #alternative #bge #lesen #leselust
Sonntag, 5. November 2017
Tetsuya Tsutsui: Poison City (2 BĂ€nde)
Mitglieder der “Abteilung
fĂŒr Fragen der Kindheit und Zukunft” machen sich in Buchhandlungen auf die
Suche nach möglicherweise jugendgefÀhrdenden Schriften. Sie sammeln ein, was
ihnen verdÀchtig erscheint.
Nun warden beim
DurchblĂ€ttern alle Seiten markiert, die einen eventuell “schĂ€dlichen” Inhalt
aufweisen. Der Grad der SchÀdlichkeit des gesamten Werkes ergibt sich aus dem
VerhĂ€ltnis der “schlimmen” Seiten zur Anzahl der Seitenzahl insgesamt.
Die “Kommission fĂŒr
Erziehung und Schutz MinderjĂ€hriger” bekommt den Stapel der so
herausgefilterten Werke zur abschlieĂenden Begutachtung vorgelegt. Im
Schnellverfahren und ohne Zeit, die Sachen auch wirklich zu lesen, wird nun
abgeurteilt.
Welche Auswirkungen
mag ein solches Zensurverfahren wohl auf die Urheber haben, die die
Veröffentlichung ihrer Werke ja nicht gefÀhrden wollen. Wie reagieren Verlage,
um ihren verkaufbaren Ausstoà an Titeln nicht zu gefÀhrden? Bis hierhin ist
ĂŒbrigens noch nicht die Story von “Poison City” geschildert worden, sondern nur
der reale AnlaĂ fĂŒr Tsutsui, diesen zweibĂ€ndigen Manga zu schreiben und zu
zeichnen. Diese reale Begebenheit aus dem Japan zu Beginn des 21. Jahrhunderts
wird im Anhang erzÀhlt.
Die Story von “Poison
City” dreht das Rad noch ein wenig weiter. Was wĂ€re, wenn sich eine radikale
Gruppe fĂ€nde, die dieses Zensursystem nutzte, um mit einer willkĂŒrlichen
Behauptung, was alles sittenwidrig und gefÀhrdend wÀre, unser Leben
einzuschrĂ€nken, uns gefĂŒgig zu machen. Wie weit wĂŒrden wir es ertragen?
BrÀchten wir den Mut zum Widerstand auf?
Ein junger Mangaka
arbeitet an seiner Horrorserie, die er unbedingt veröffentlichen möchte,
wĂ€hrend die “SĂ€uberungsfront” sich anschickt, das gesellschaftliche Klima zu
bestimmen. ZunÀchst weià er den Verlag auf seiner Seite. Gemeinsam versuchen
sie auszuloten, wie weit sie die neuen Grenzen strapazieren können. Doch als
sein Werk tatsÀchlich indiziert wird, steht der junge Mann vor existenziellen
Entscheidungen.
Tsutsuis Manga nur als
Thriller zu lesen, erscheint mir zu wenig angesichts der Tragweite, die er
schildert. Seit einigen Jahren erleben wir in den hochgelobten Demokratien, wie
schnell oder unmerklich fĂŒr ewig sicher
geglaubte Freiheiten angreifbar werden und auch verloren gehen können. Es kommt
dabei auf jede*n von uns an und darauf, wie weit wir bereit sind, dies klaglos
hinzunehmen. Allein die Tatsache, wie wenig sich Autoren/ Zeichner wie Tsutsui
manchmal zur RealitĂ€t hinzudenken mĂŒssen, ist schon erschreckend.
Muss ich extra
erwĂ€hnen, dass “Poison City” spannend aufgebaut, ĂŒberzeugend erzĂ€hlt und
grafisch toll umgesetzt ist? ^^
Kurz: Eine ĂŒberzeugende
LektĂŒre auch fĂŒr Manga-ferne Leser*innen. Lesen!
Samstag, 4. November 2017
Adnan Oktar (Harun Yahya): Wie Fossilien die Evolution widerlegen. Millionen von Fossilien widerlegen die Evolutionstheorie
Crazy shit - Was man so an einem Samstag ganz unerwartet und ungefragt aus dem Briefkasten ziehen kann. Und dann die spannende Frage: Welche Sorte Kreationisten hat hier wohl viel Geld ausgegeben fĂŒr "unbestreitbare Beweise, dass der Darwinismus nichts als ein groĂer Betrug ist und dass mehr als 700 Millionen Fossilien die Evolution vollkommen widerlegen"?
Ich will ja nicht spoilern, um denen nicht den SpaĂ zu nehmen, die mit diesem quietschebunten Machwerk ebenfalls ungefragt beglĂŒckt wurden. Aber soviel kann ich sicher verraten: Es ist vollkommen egal, ob dahinter durchgeknallte Evangelikale, freidrehende Salafisten oder sonst irgendeine SeelenfĂ€ngerbande steckt.
Egal in welcher Farbe, in welcher Verkleidung oder mit welchem Brimborium - sie verkaufen billigen WelterklĂ€rungszauber und grĂŒnden sich auf nichts, als der eigenen Unsicherheit, auf Hass auf das Andere und auf nicht erklĂ€rbare Verschwörungstheorien.
Und tschĂŒss ... ^^
#leseherbst #pamphlet #postwurfsendung #siesindunteruns #vielfarbefĂŒrnix #bla
Freitag, 3. November 2017
Zoë Beck: Die Lieferantin
“RotweiĂblau waren nicht ihre Farben. Morayo Humphries war Schwarz.”
RotweiĂblau sind die Farben einer nach dem Brexit erstarkenden Rechten
in einem London in sehr naher Zukunft. Die Stadtpolitik aber auch das ganze
Land antworten auf eine Wirtschaftskrise mit einem autoritÀren Kurs. Mehr
Beobachtung und mehr Bevormundung der BĂŒrger*innen. Eines der Streitthemen ist
der Umgang mit Drogen. Nach dem Brexit will die Regierung einen Druxit und
glaubt, damit ein drogenfreies England zu erreichen.
Dagegen formiert sich liberaler Widerstand, vor dessen Hintergrund ein
kleines Start-Up fĂŒr Furore sorgt. Ăber eine App lassen sich Drogen jeder Art
bestellen, die dann unglaublich schnell geliefert werden – via Drohne. Ellie
Johnson ist die DIE LIEFERANTIN und versteht ihre Dienstleistung als Teil des
Widerstandes gegen die Kampagne der Regierung.
Damit gerĂ€t sie natĂŒrlich nicht nur ins staatliche Fadenkreuz sondern
auch in das der Londoner Unterwelt, die ihr althergebrachtes Gewerbe bedroht
sieht. Die Jagd auf Elli ist eröffnet.
Zoë Becks Roman lÀsst
sich sowohl als Polit-Thriller, als auch als Unterwelt-Story lesen. Sympathische,
idealistische Hauptfiguren treffen auf Schurken und korrupte Politiker, die
sich nachts in ihren Rausch stĂŒrzen, um am nĂ€chsten Tag gegen Drogen mobil zu
machen. Erschreckend ist, wie plausibel das klingt. Vermutlich lieĂe sich die
gleiche Story mit verschiedensten anderen AufhÀngern (Sexismus etc.) genauso
erzÀhlen. So funktioniert Populismus eben.
Abgesehen davon ist Zoë
Beck eine spannende Geschichte gelungen, die sie schnörkellos und mitreiĂend
erzĂ€hlt. Neben der Spannung bleibt mir vor allem das Schauern ĂŒber den so
realistisch nahen, dystopischen Hintergrund in Erinnerung.
Und Zoë Beck kann noch
viel mehr. So ĂŒbersetzt und verlegt sie selbst BĂŒcher im CulturBooks Verlag, in
dessen Programm ich schon so einige Perlen gefunden habe. Aber das wird ein
anderer Text.
Kurz: Zoë Beck kann
Thriller. Lesen!
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