Sonntag, 26. Mai 2024

Cormac McCarthy: Der Passagier


„Ein Flugzeugwrack auf dem Grund des Ozeans, ein verschwundener Passagier, ein Bruder und eine Schwester, die einander Erlösung und Verderben bringen: Sechzehn Jahre nach seinem Weltbestseller Die Straße kehrt Cormac McCarthy zurück mit dem ersten Teil seines zweibändigen Romans, der in die Gewitterstürme der menschlichen Existenz führt. Der Passagier und Stella Maris – das Opus magnum eines Giganten der amerikanischen Literatur.“ (Umschlagtext)

Dass Cormac McCarthy im letzten Jahr im hohen Alter von 89 Jahren verstorben ist, hatte ich mitbekommen. Dass sein erster Roman bereits in den 60ern erschien, hatte ich dagegen nicht so sehr auf dem Schirm. Die Border-Trilogie, mit der ich den Autor für mich entdeckte, datiert auf die 90er. Und plötzlich geht mir auf, dass ich mich mit jedem Buch von ihm, durch ein ganzes Schriftstellerleben lese. Das klingt irgendwie banal. Aber ich denke mir gerade so: voll krass.

„1980, Pass Christian, Mississippi: Bobby Western, Bergungstaucher mit Tiefenangst, stürzt sich ins dunkle Wasser und taucht hinab zu einer abgestürzten Jet Star. Im Wrack findet eher neun in ihren Sitzen festgeschnallte Leichen. Es fehlen: der Flugschreiber und der zehnte Passagier. Bald mehren sich die Zeichen, dass Western in etwas Größeres geraten ist. Er wird von Männern mit Dienstausweisen verfolgt, wird heimgesucht von der Erinnerung an seine Eltern, die an der Erfindung der Atombombe beteiligt waren, und von der Trauer um seine Schwester, seine große Liebe und sein größtes Verderben.

Der Passagier führt – von den geschwätzigen Kneipen New Orleans´ über die sumpfigen Bayous und die Einsamkeit Idahos bis zu einer verlassenen Ölplattform vor der Küste Floridas – quer durch die mythischen Räume der USA. Ein atemberaubender Roman über Moral und Wissenschaft, das Erbe von Schuld und den Wahnsinn, der das menschliche Bewusstsein ausmacht.“ (Klappentext)

(Übersetzung: Nikolaus Stingl)

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Mittwoch, 22. Mai 2024

Bini Adamczak: Beziehungsweise Revolution. 1917, 1968 und kommende


„Lassen sich die Revolutionswellen von 1917 und 1968 in ein Verhältnis wechselseitiger Kritik setzen, so dass sie der Revolution eine gelingendere Zukunft öffnen?“ (Umschlagtext)

Sieben Jahre sind ja nicht zwingend alt für einen Text. Außerdem finde ich, dass, wenn die Gegenwart angesichts multipler, sich verstärkender und scheinbar nicht enden wollender Krisen trostlos und fern aller Zukunft scheint, dass es genau dann nicht falsch sein kann, darüber nachzudenken, was sein könnte. Letztlich die große, immer wieder gestellte Frage: Wie wollen wir leben?

Wenn nur der Druck nicht so klein wäre … 😉

„Im Oktober 2017 jährt sich die Russische Revolution zum einhundertsten Mal. Anlass genug, die Ereignisse von 1917 durch das Prisma 1968 zu betrachten und beide Revolutionen in ein Verhältnis wechselseitiger Kritik zu bringen. Während 1917 auf den Staat fokussierte, zielte 1968 auf das Individuum. In Zukunft müsste es darum gehen, die ‚Beziehungsweisen‘ zwischen den Menschen in den Blick zu nehmen. Das Buch analysiert die revolutionären Geschlechterverhältnisse als Verhältnisse, die zwischen Privatheit und Öffentlichkeit, ‚Nahbeziehungen‘ und ‚Fernbeziehungen‘ geknüpft sind – das Geschlecht der Revolution. So tritt ein Begehren zutage, das nach wie vor auf Realisierung wartet: das Begehren nach gesellschaftlichen Beziehungsweisen der Solidarität.“ (Verlagstext)

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Dienstag, 21. Mai 2024

Mosaik #581

 

Auch im Mai darf das bunte Lesevergnügen mit den Abrafaxen natürlich nicht fehlen. Yippieh!

Hatte ich eigentlich schon mal erwähnt, dass ich sehr cool finde, dass es jeden Monat einen Magazinteil im Heft gibt, mit recht gut aufbereitetem Wissen über die Zeit, in der die Abrafaxe gerade unterwegs sind? Und die Leserbriefe sind auch immer wieder recht köstlich. 😊

So, mal unentgeltlich aber aus vollem Herzen Werbung gemacht. Guckstdu! 😊

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Sonntag, 19. Mai 2024

Lize Spit: Der ehrliche Finder


„Vom Glück und Unglück, einen echten Freund zu haben – eine Geschichte aus dem Herzen unserer Gegenwart“ (Umschlagtext)

Mit diesem schlanken Roman beschließe ich dann doch endlich die Mitbringsel-Reihe zur diesjährigen #lbm. 😉

Allerdings kam der Band ausnahmsweise gar nicht direkt in Leipzig auf meinen Messestapel, auch wenn ich ihn mehrfach in der Hand hielt. Nach der Messe besuchte der MM, während ich noch im Messekoma lag, eine Lesung mit der Autorin und brachte mir diese signierte Ausgabe mit.

Und hey, die Beschreibung fand ich schon in Leipzig interessant. Coming of age im weiteren Sinne funktioniert ja ohnehin bei mir gut. Also bin ich gespannt und freue mich auch auf diesen Roman. 😊

(Übersetzung: Helga von Beuningen)

„Seit er vor einem Jahr in Bovenmeer angekommen ist, sitzt Tristan in der Schule neben Jimmy, der klüger und einsamer ist als alle anderen und es sich zur Aufgabe macht, Tristan Ibrahimi durch das Schuljahr zu begleiten. Denn der hat nicht nur einen Krieg erlebt und eine Flucht durch ganz Europa, sondern er hat auch das, wonach Jimmy sich am meisten sehnt: eine intakte, große Familie, die Halt und Geborgenheit bietet.

Gemeinsam bauen sie sich eine eigene Welt voller geheimer Orte und einer Sprache, die beide verstehen, eine Welt, in der Freundschaft möglich ist. Bis jemand eine Entscheidung trifft, die nicht nur ihre Welt gefährdet und Jimmy und Tristan alles abverlangt.“ (Klappentext)

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Samstag, 18. Mai 2024

Lilly Gollackner: Die Schattenmacherin


„In naher Zukunft hat die Klimakatastrophe die Erde nahezu unbewohnbar gemacht und alle Männer ausgelöscht. Eine Gemeinschaft von Frauen hat mit Disziplin und technischer Innovation das Überleben gesichert – da beginnt der Kampf um Ressourcen, Macht und Identität.

‚Was ist aus ihrem Verlangen nach Zukunft geworden? Ein Schrein voller Erinnerungen. Nur, weil sie sich selbst nicht mehr bewegen können, möchten sie, dass die Welt stillsteht. Sie hatten ihre Zukunft. Jetzt ist es an der Zeit, uns unsere zu lassen, denkt Ania.‘“ (Umschlagtext)

Fast bin ich durch mit der Vorstellung des kleinen Messe-Mitbringsel-Stapels von der diesjährigen #lbm. *hüstel* Nein nein, das wirkt nur so viel, weil die Posts sich in diesem Jahr etwas hinziehen. Ich schwöre. 😊

Ja, Dystopien gehen halt immer noch bestens. Das die Erde kein wohnlicher Ort mehr ist, ist auch kein neuer Hintergrund für solche Geschichten, die in der nahen Zukunft spielen. Spannend ist, dass das Geschlechterthema doch immer häufiger auftaucht – zumindest mir fallen seit einiger Zeit immer wieder solche Bücher auf. Mal verleiht eine mysteriöse Krankheit den Frauen übernatürliche Kräfte und rüttelt so am patriarchalen Machtgefüge der Welt, mal errichten Männer in einer vom Klima gebeutelten Welt autoritäre und misogyne Gesellschaften, das männliche und das weibliche Prinzip werden gegeneinander in Stellung gebracht als Überlebensstrategien, etc. Es ist natürlich offensichtlich und eine Binsenweisheit, dass vor futuristischen Hintergründen letztlich doch auch immer aktuelle gesellschaftliche oder politische Fragen ausdiskutiert werden – ganz abgesehen davon, dass es natürlich auch unterhaltsam ist. Auch bei diesem vom Verlag Kremayr & Scheriau mal wieder sehr hübsch gestalteten Band bin ich gespannt, wie weit die Prämisse der Story trägt.

Ich weiß ja noch nicht, wie weit diese Geschichte geht. Aber mir fiel schon ein, dass es doch sicher eine spannende Geschichte wäre, wenn in diese männerlose Welt wieder Jungs geboren würden. Wie könnte eine Gesellschaft, die seit Jahrzehnten nur Frauen kennt, mit dem Aufwachsen und Erziehen dieser Jungs umgehen? Und wie würden Jungs bzw. Männer diese Welt wahrnehmen und erleben? Ok, ich lese vielleicht erstmal einfach diesen Roman. 😊

„Das Jahr 2068:
Sengende Hitze, überdachte Städte, rationiertes Wasser. Und keine Männer mehr. Eine mysteriöse Seuche hat sie vor Jahrzehnten dahingerafft. Nur künstliche Fortpflanzung sichert den Fortbestand der Menschheit. Ruth, langjährige Präsidentin dieser Welt, bereitet die Amtsübergabe an die junge Ania vor. Die Junge möchte die Männer mit allen Mitteln zurückholen. Ruth stemmt sich dagegen, und sie hat gute Gründe. Der Generationenkonflikt wächst sich zum Machtkampf aus, offenbart bittere Geheimnisse und rüttelt an den Grundfesten der Gemeinschaft.“ (Klappentext)


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Dienstag, 14. Mai 2024

Lisa Weeda: tanz tanz revolution


„Es ist die Nacht, in der das Böse ausgetrieben wird. Mit Leichtigkeit hebt Baba Yara den bleichen Mond aus der Schwärze. Dann fängt sie an zu tanzen. Baba Yara wird uns retten! Mit ihrem Tanz kann sie Menschen zum Leben erwecken. Die schlechten Toten, all jene, die zu früh von uns gegangen sind. Wer würde das nicht wollen?

Lisa Weedas Jahrhundertroman ‚Aleksandra‘ sorgte für Furore, jetzt legt sie ihr neues Buch ‚Tanz, tanz, Revolution‘ vor – ein kühnes Romanexperiment, das uns dazu auffordert, für den Frieden in Bewegung zu bleiben. Denn Tanz kennt keine Sprache, keine Grenzen.“ (Umschlagtext)

Als am Ende der Doppellesung mit Lisa Weeda und Klaus Lederer das Publikum steht und, angeleitet von der jungen Autorin, mitten in einem Museum mit alten Musikinstrumenten zu tanzen beginnt, das war schon witzig und auch ein wenig magisch. Passend zu den Beschreibungen des Romans und zu dem, was wir bei der Lesung schon hören durften.

Ich freue mich sehr über dieses Mitbringsel von der diesjährigen #lbm. 😉

(Übersetzung: Birgit Erdmann)

„Der Svaboda Samoverzjenja ist ein traditioneller Tanz, mit dem man Menschen zum Leben erwecken kann. Die schlechten Toten, all jene, die zu früh von uns gegangen sind. Wir können es von der alten Baba Yara lernen, sie macht es vor, wir müssen nur hinschauen. Doch in diesem bösen Märchen, in das sich unsere Zeit verwandelt hat, sehen die Menschen lieber weg. Denn so lebt es sich leichter, auch wenn die Welt zugrunde geht. – Hier setzt Lisa Weedas hellsichtiger Roman ein, der unsere Kriegsmüdigkeit anklagt und das Tanzen feiert: Denn Tanz kennt keine Sprache, kennt keine Grenzen. Es braucht nur Körper, die sich bewegen.“ (Verlagstext)

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Sonntag, 12. Mai 2024

Jule Bönkost: Kritisch weiß sein. Eine Anleitung zum Mitmachen


„Jule Bönkost – Kulturwissenschaftlerin, Autorin, Dozentin und weiß – engagiert sich seit vielen Jahren gegen Rassismus und für diskriminierungskritische Bildung. Kritisch weiß sein entstand aus der Überzeugung, dass es sich auch für Weiße lohnt, sich ihrer eigenen Verstrickung in Rassismus bewusst zu werden und diesem den Kampf anzusagen. Mit dieser theoretisch reflektierten und überaus praktischen Anleitung zum Mitmachen möchte Jule Bönkost auch andere Weiße sensibilisieren und zu rassismuskritischem Handeln ermutigen. Hierzu gibt sie konkrete Werkzeuge an die Hand und erklärt, wie das eigene Weißsein genutzt werden kann (und sollte), um dem täglichen erlebbaren strukturellen Rassismus etwas entgegenzusetzen.

Mit zahlreichen erfahrungsbasierten Hinweisen, Beispielen aus der Praxis, Übungen und Fragen zur Selbstreflexion möchte das Buch denjenigen ein hilfreicher Wegweiser sein, die sich für eine Welt einsetzen, die lebenswert für alle Menschen ist.“ (Umschlagtext)

Ein paar Mitbringsel von der #lbm habe ich noch zum Vorstellen. Unter anderem diesen Band.

Gespräche zu führen mit Menschen, die beim Thema struktureller Rassismus bereits sensibilisiert sind und eine Antenne und Interesse am Lernen haben, ist mal eine Sache. Dann gibt’s da aber eben auch diejenigen, die vom braunschwarzgelb geprägten Diskurs so eingestellt sind, dass sie einen persönlichen Angriff heraushören, wenn es um ein gesellschaftliches Phänomen geht. Letztere Menschen sind damit leider auch nur schwer ansprechbar für Workshops u.ä. Ähnliches kennen wir ja schon vom Thema Sexismus. Die, die interessiert sind und kommen, sind schon sensibilisiert und guten Willens. Diejenigen, bei denen der Aufklärungsbedarf deutlich höher ist, kommen halt nicht.

Ich hoffe auf Inspiration für die schwierigere Art von Gesprächen und auf Ideen für gute Veranstaltungen zum Thema. Schauen wir mal. 😊

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Freitag, 10. Mai 2024

Jean Malaquais: Planet ohne Visum


„Marseille 1942, einige Monate vor der endgültigen Besetzung der Freien Zone durch die Deutschen. Der Mittelmeerhafen quillt über von Menschen, die vor dem Krieg fliehen und auf die Überfahrt nach Amerika hoffen, in eine ungewisse Zukunft. Die Stadt ist wie eine Reuse, in der die Unerwünschten und vom Vichy-Regime Verfolgten zappeln und täglich versuchen, den Spitzeln und Denunzianten zu entkommen. Die Schicksale der Romanfiguren, die Malaquais auftreten lässt, sind auf verhängnisvolle Weise miteinander verstrickt: Flüchtlinge, Aktivisten der Résistance, Vertreter internationaler Hilfsorganisationen, Legionäre, Devisenschieber, Mitläufer aller Art. Zum Teil sind sie angelehnt an historische Figuren wie Victor Serge, Walter Benjamin und Varian Fry, der zahlreichen Verfolgten zur Ausreise verholfen hat – darunter Jean Malaquais selbst.

Planet ohne Visum ist ein schillerndes Tableau seiner Zeit, dessen elegante Sprache und stilistischen Reichtum Nadine Püschel meisterhaft ins Deutsche übertragen hat.“ (Klappentext)

Während so einer vierwöchigen stationären Reha kann man doch locker ganz viel posten. Ähem, da hatte ich mich dann doch etwas getäuscht. Nun ja, wieder zuhause angekommen, mache ich das jetzt halt wieder vom eigenen Schreibtisch aus. Yippieh! 😉

Auch diese schöne Ausgabe ist ein weiteres Mitbringsel von der #lbm – wird also zum Angeben gepostet. 😊

Erschütternd ist, dass Themen wie Flucht, Krieg, Verfolgung – Dinge, die Menschen Menschen anzutun bereit sind, auch in Europa wieder schmerzhaft präsent sind. Braucht es mehr Begründung dafür, warum es eine gute Idee sein könnte, sich der Texte, zu erinnern, die sich vor nicht einmal hundert Jahren mit diesen Fragen beschäftigten, weil die Katastrophe, der Zivilisationsbruch genau hier in Europa stattfand? Für mich nicht.

(Übersetzung: Nadine Püschel)

„‘Jean Malaquais war einer der großen Abenteurer der europäischen Literatur. Planet ohne Visum ist einer der zentralen Texte über Exil, Flucht, Faschismus, der vieles, was an Literatur über diese Themen bekannt ist, in neuem Licht erscheinen lässt, teilweise sogar überstrahlt. Nadine Püschels Übersetzung ist wirklich ein großer Wurf, die deutsche Ausgabe ein Juwel.‘ – Fabian Wolff, Deutschlandfunk“ (Umschlagtext)

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