Irgendwie schreibt dann doch das Leben die dramatischsten
Geschichten. Wie diese von Miguel Ruiz, einem republikanischem Kämpfer aus dem
Bürgerkrieg gegen das faschistische Franco-Regime.
Mit Paco Rocas Bearbeitung der Erinnerungen von Ruiz
entdeckte ich einmal mehr ein Kapitel europäischer Geschichte, von dem ich
bisher kaum eine Vorstellung hatte. Das in Form einer Graphic Novel, eines
Comics also, zu entdecken, bestätigt einmal mehr die Möglichkeiten, die in
diesem Medium stecken – weit über bunte Bildergeschichten für Kinder hinaus.
Die Erzählung setzt ein mit der Flucht republikanischer
Kämpfer vor dem vorrückenden Franco-Regime im März 1939. Miguel Ruiz und einigen
seiner Kameraden gelingt es gerade noch auf das letzte Schiff zu kommen, das
den Hafen von Alicante verlassen kann. Tausende aber bleiben zurück.
Von Rettung kann allerdings für diejenigen, die es auf das
Schiff geschafft haben, auch nur schwer die Rede sein. Gerade so erreichen sie
erreichen sie den Hafen von Oran an der algerischen Küste, werden aber von den
dortigen Behörden zunächst nicht von Bord gelassen. Statt Freiheit im
unfreiwilligen Exil erleben die Spanienkämpfer schließlich Gefangenschaft in
Arbeitslagern. Als Spielball der Geschichte gestehen ihnen die Außenposten des
Vichy-Regimes am Ende nicht einmal den Status von Kriegsgefangenen zu.
Erst die Landung der Alliierten in Nordafrika befreit sie
endlich aus diesem trostlosen Schicksal und stellt sie vor die Entscheidung, an
der Seite auch ihrer bisherigen französischen Peiniger nun gegen die Deutschen
und den Faschismus kämpfen zu können. Als Teil der französischen
Befreiungsarmee unter de Gaulle formieren sie sich schließlich zu einer
vorwiegend spanisch besetzen Einheit in Bataillonsstärke. Nach der Landung der
Alliierten nehmen sie nun an vorderster Front an der Befreiung Frankreichs teil
und bilden sogar die Spitze bei der Befreiung von Paris.
In all den Kriegswirren treibt diese spanischen
Kämpfer_innen an, dass der Sieg über Hitler-Deutschland auch den Sieg über
Franco und sein faschistisches Regime in Spanien bringen soll. Doch mehr und
mehr wird ihnen klar, dass außer ihnen offenbar niemand ein Interesse daran hat,
auch Spanien zu befreien.
Miguel Ruiz versucht einen Weg zurück in seine Heimat zu
finden, muss aber feststellen, dass ihm der durch die langlebige
Franco-Diktatur verwehrt bleibt. Er lässt sich letztlich in Frankreich nieder, nimmt
ein einfaches, arbeitsreiches Leben auf und schweigt so lange über sein Leben,
bis er es selbst vergessen zu haben scheint.
Paco Roca verbindet zwei Erzählebenen miteinander. Im Hier
und Heute versucht der Zeichner Paco aus Spanien den Überlebenden Miguel Ruiz
dazu zu bringen, sich zu erinnern. In ihren Gesprächen wird deutlich, wie sehr
ein Menschenleben zwischen die großen Mühlräder der Geschichte geraten kann. In
den Rückblenden werden die verschiedensten Stationen auf Miguels Weg lebendig.
Dieser dicke Wälzer hat mich zutiefst berührt. Die Story, die
Aufteilung der Bilder, die Zeichnungen und auch die zeichnerisch gestaltete
Atmosphäre in jeder einzelnen Szene – es stimmt wirklich alles.
Puh, was soll ich da noch groß sagen? Lesen, Leute! Entdeckt
Paco Roca, wenn ihr ihn nicht schon kennt.
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