"Es gibt ihn also, den lateinamerikanischen Weg, doch
er ist gewunden, ausgesetzt und beizeiten von blühendem Dickicht überwuchert.
Eigentlich ist er eher ein Umweg." (Seite 18)
Friedensabkommen mit den FARC-Rebellen in Kolumbien mit
knapper Mehrheit von der Bevölkerung abgelehnt, Venezuela im Chaos, Dilma
Rousseff in Brasilien als Präsidentin abgesetzt und Lula da Silva, der
ehemalige Hoffnungsträger, angeklagt – mit den Schlagzeilen von heute wirkt das
Buch von Sebastian Schoepp von 2011 ein wenig wie von der Realität eingeholt.
Schoepp berichtet als Auslandskorrespondent für die
Süddeutsche Zeitung aus Spanien und Lateinamerika. Beides kennt er gut aus
eigenem Erleben. So führt er in dem Band auch lebendig und mit authentischer
Begeisterung für Land und Leute durch die letzten Jahrzehnte und stellt einen
Kontinent in Bewegung vor. Eine Bewegung, die nach Jahrzehnten der Stagnation
mehrheitlich nach links zeigt.
Mit viel Sympathie berichtet Schoepp vom Überwinden von
Differenzen, der Suche nach einem Umgang mit Verschiedenheiten über die Grenzen
hinweg. Er stellt uns dies als Anregung für ein krisengeschütteltes Europa vor,
dass auch damals schon seinen Weg zu mehr Einigung nur noch sehr zögerlich
beschritt.
In den letzten fünf Jahren hat sich Lateinamerika rasant
weiter entwickelt. Nicht alles lief so, wie das Buch es hoffen ließ. Trotzdem
lohnt sich die Lektüre auch und gerade heute, da sich Auseinandersetzungen
nicht nur in Lateinamerika sondern auch hier bei uns deutlich verschärft haben.
Ganz abgesehen davon, dass ein unaufgeregter und neugieriger Blick über den Tellerrand
noch nie geschadet hat.
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