„Die Gefahr, die von einem endgültigen Sieg der extremen
Rechten ausgeht, betrifft nicht nur Frankreich, sondern eine Reihe von
europäischen Ländern, die der Welle des neuen Nationalismus zum Opfer zu fallen
drohen.“ (Vorwort, Seite 2)
Ausdrücklich auch in Reaktion auf den kontroversen Erfolg von
Michel Houellebecqs „Unterwerfung“ schrieb der Historiker Francois Durpaire das
Skript für diesen Comic. Wie auch bei Houellebecq ist der Ausgangspunkt die Präsidentschaftswahl
in Frankreich – dieses Mal die im Mai 2017 bevorstehende.
Mit 50,41% siegt die Führerin des rechtsextremen Front
National (FN) knapp gegen den sozialistischen Amtsinhaber Francois Hollande.
Der Comic entwickelt anhand des realen Programms des FN, die Geschichte der
ersten Maßnahmen der neuen Präsidentin und deren Auswirkungen auf das Land.
Begleitet von Protesten wird der massenmediale Wind kälter
und schärfer. Akteure der Extremen Rechten bekommen nun Platz auf der großen
Bühne. Der Euro wird abgeschafft, der Franc wieder eingeführt. Unzählige
Menschen ohne gesicherten Aufenthaltstitel werden als Illegale diffamiert und
mit zunehmen rabiateren Methoden außer Landes geschafft. Der zur Abwehr des
Terrorismus ausgebaute Sicherheitsapparat wird mehr und mehr zur Überwachung
der gesamten französischen Gesellschaft umfunktioniert.
Gegenpart zur Präsidentin Le Pen ist eine kleine Gruppe
Widerständiger, die sich um die 90jährige, ehemalige Kämpferin der Resistance,
Antoinette Giraud, scharen. Sie stehen für das aufgeklärte, progressive
Frankreich, dass sich in Teilen vom öffentlichen Leben zurückzieht aber auch
aufbegehrt und sich nicht dem neuen Regime andient.
Der Comic versteht sich selbst als Warnung, aufklärende Intervention
und Kommentar zur aktuellen Situation – nicht nur in Frankreich. Damit liegt
nahe, dass er vermutlich eher nicht als großes Comic-Werk in die
Geschichtsbücher eingehen wird. Als weiteren Anlass zur Diskussion und
Auseinandersetzung mit der Welt um uns herum ist er dagegen bestens geeignet.
Da es im Mittelpunkt um das konsequente Anwenden der vorliegenden und
nachlesbaren Forderungen des FN auf die Realität geht und eben nicht darum, das
Führungspersonal vorzuführen, lässt sich diesem Werk nicht vorwerfen, reine
Propaganda zu sein.
Der Zeichenstil von Farid Boudjellal, die immer wieder
eingebauten Collagen und die fotoartigen Hintergründe sorgen für eine zwar
düstere aber eben auch angemessen distanzierte Atmosphäre. Hier soll bewusst
nicht auf Skandalisierung gesetzt werden.
Alles in allem ist „Die Präsidentin“ für meinen Geschmack
ein gelungener Beitrag zur gesellschaftlichen Debatte. Auch das kann Comic.
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