Donnerstag, 5. Januar 2017

André Herrmann: Klassenkampf



„Es war Juli.
Dem Geruch nach zu urteilen, war ich bereits vor drei Wochen auf tragische Art und Weise verstorben.“ (Seite 7)

André hat in einer kleinen Stadt in Sachsen-Anhalt gerade sein Abi bestanden und ist bereit, sich in den nächsten drei Monaten kein Stück mehr als nötig zu bewegen, bis dann das Studium in Potsdam beginnt. Allein seine Mutter reißt die Tür zu seinem Zimmer auf, um ihm nicht nur einen bunten Schal zu schenken, sondern ihn auch an die feierliche Zeugnisübergabe zu erinnern.

Dies ist der Auftakt zu einem alljährlich stattfindenden Ritual, das im Winter des Jahres 2005 einsetzt, und dem André in jedem der folgenden zehn Jahre zu entgehen versucht. Das Klassentreffen.

Recht schnell schmeißt André das Studium in Potsdam und wechselt das Fach, die Uni und die Stadt und zieht nach Leipzig. Jahr für Jahr wäre er eigentlich mit dem Abholen von ein paar Geschenken zu Weihnachten zufrieden, landet aber immer wieder auf dem ebenso verlässlich immer abstruser geratenden Klassentreffen.

Während André irgendwie so studiert und beginnt, erstes Geld mit dem Schreiben und Vortragen von Selbstgeschriebenem zu verdienen, durchlaufen die ehemaligen Mitschüler merkwürdige Metamorphosen, bis es immer schwerer wird, in ihnen die zu erkennen, die sie früher mal waren.

André Herrmann beschreibt also das typische Grauen, das wir doch alle irgendwie kennen. Älterwerden halt. Oder das, was man so Erwachsenwerden nennt.

Die zunehmend überzeichneten Figuren machen viel Spaß beim Lesen. Herrmann gelingen immer wieder Schilderungen von Situationen, bei denen ich prustend loslachen musste.

Trotzdem überwog am Ende zumindest bei mir das Gefühl, dass irgendetwas fehlt. Nach dem Lachen blieb wenig haften, also weiter zur nächsten Episode, zur nächsten Pointe.

Es ist nicht schwer, Videos im Netz zu finden mit Leseauftritten von André Herrmann, der mit Poetry Slam Auftritten bekannt wurde. Ich kann nicht ausschließen, dass hier das Vorurteil des Romanlesers gegenüber dieser Form von Literatur spricht, aber ich finde, dass die Texte Herrmanns hier erst wirklich wirken. Als Roman bleibt es für mich irgendwie unfertig.

Ich mag das Buch aber dennoch, auch weil der Verlag schlicht eine gut gemachte Klappenbroschur daraus gemacht hat. Soviel Buchliebhaberei darf schon sein. J

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