Mittwoch, 15. Februar 2017

Harald Martenstein/ Tom Peuckert: Schwarzes Gold aus Warnemünde



„Soeben wird mir mitgeteilt, dass an der Ostseeküste der Deutschen Demokratischen Republik umfangreiche Erdölvorkommen entdeckt worden sind. Nach Angaben unserer Geologen handelt es sich um die größten bisher bekannten Lagerstätten der Erde. Die Regierung der DDR hat sich entschlossen, Ihnen mitzuteilen, dass ab sofort Öl zur Verfügung steht. […] Soweit ich weiß, gilt das ab sofort. Unverzüglich.“ (Seite 7)

Wer erinnert sich nicht an die denkwürdige Pressekonferenz von Günter Schabowski im Herbst 1989 und an den Zettel, in dem so viel an historischer Entwicklung sich zusammenballte.

Martenstein und Peuckert berichten 25 Jahre später als Undercover-Reporter aus dem Land des Petro-Sozialismus. Es gibt Bürgergeld und glitzernde Fassaden. Hartmut Mehdorn leitet Robotron, Karl-Theodor Guttenberg ist Wirtschaftsminister und Katarina Witt moderiert das Dschungelcamp, das live aus Kuba übertragen wird.

Das schöne „was wäre wenn“-Spiel in einen Roman zu verpacken, ist sicher keine neue Erfindung. Und so ist es irgendwie auch folgerichtig, das auf die real dann doch öllos untergegangene DDR anzuwenden. Herausgekommen ist ein Roman, der in jedem Fall unterhaltsam ist, aber auch nicht versteckt, dass da etwas mehr als eine lustige Story transportiert werden soll.

Denn natürlich ist auch in dieser alternativen Entwicklung im Gang der Geschichte nicht alles Gold, was glänzt. Die neureichen Ossis schauen verächtlich auf die neidischen Brüder und Schwestern aus dem verarmten Westen herab. Rechtlose Wanderarbeiter halten die ausufernd dekadenten Partys der Reichen und Mächtigen am Laufen.

Natürlich entlarven Martenstein und Peuckert in bester Wallraff-Manier das Hohle hinter der glitzernden Fassade, die auf Sand gebaute Utopie, die ohne Unterdrückungsapparat dann eben doch nicht auskommen kann.

In sich find ich das alles schlüssig und spannend erzählt. Trotzdem fragte ich mich während und nach der Lektüre, ob es nur darum ging zu zeigen, dass die Ossis am Ende eben kein Stück besser wären, als sich die Wessis – um im Klischee zu bleiben – real herausgestellt haben. Hätte auch eine zu Geld gekommene DDR automatisch sich kapitalistischen Spielregeln unterwerfen müssen, ergänzt um ein Spitzel- und Unterdrückungssystem? Ist die Aussage also, dass es gar keine Alternative gäbe?

Schmunzeln beim Lesen hin oder her – irgendwie ließ mich diese Historyfiction dann letztlich doch etwas unbefriedigt zurück. Aber vielleicht fühlt sich der Ossi in mir auch nur etwas auf den Schlipps getreten. ^^

Kurz: Kann man lesen, ist aber auch schnell wieder verblasst.

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