Dienstag, 17. September 2024

Ilko-Sascha Kowalczuk: Freiheitsschock. Eine andere Geschichte Ostdeutschlands von 1989 bis heute


„1989/90 erlitt Ostdeutschland einen ‚Freiheitsschock‘, das ist die Grundthese dieses Buches. Ilko-Sascha Kowalczuk erzählt die Geschichte Ostdeutschlands seit 1990 als Kampf um die Freiheit – ein Kampf, dessen Ausgang richtungsweisend ist für die Zukunft ganz Deutschlands. Er will aufrütteln: zu mehr aktiver Eigenverantwortung, zu einer Abkehr von der eigenen Opferrolle und zu einem Blick auf die Geschichte, bei dem die DDR nicht immer schöner wird, je länger sie her ist. Die Diktatur bleibt in diesem Buch eine Diktatur und die Einheit eine Freiheitserfolgsgeschichte: eine Intervention gegen die antifreiheitlichen Strömungen von einem der profiliertesten ostdeutschen Intellektuellen.“ (Umschlagtext)

Bei meinem zumeist antizyklischen Posten über Bücher kann ich ja durchaus auf Erscheinungen hinweisen, die dem Hype schon entwachsen sind, weil es etwas her ist *hust*, dass sie veröffentlicht wurden. Bei diesem Band wollte ich ganz vorne mit dabei sein, aber irgendwie wollten das sehr viele. Bitter nur, dass es erschütternde Wahlergebnisse im Osten braucht, dass die oft oberflächliche Aufregung ein Nachdenken über Ostdeutschland überhaupt erst wichtig zu machen scheint.

Sei es drum. Ich ahne jetzt schon, dass Ilko-Sascha Kowalczuk hoffentlich gewohnt pointiert und scharf Schlüsse ziehen wird, denen ich widersprechen mag. Ich bin aber sicher, dass dies ein wenigstens für mich produktives Reiben und Knirschen verursachen wird. Und ich hoffe sehr, dass ich mehr Lust auf die Auseinandersetzung beim Lesen haben werde, als mir das Buch von Oschmann – ihr erinnert euch sicher – beschert hat.

Und falls das jetzt nicht deutlich genug war: ich freue mich auf die Lektüre und darüber, nun doch noch ein Exemplar ergattert zu haben! 😉

„Die AfD ist ein gesamtdeutsches Phänomen, aber in Ostdeutschland ist sie besonders erfolgreich. Wie ist das zu erklären? Wieso wird die liberale Demokratie gerade dort in Frage gestellt, wo die erste erfolgreiche Revolution auf deutschem Boden stattfand? Über Ostdeutschland wird gerade intensiv diskutiert, und Ilko-Sascha Kowalczuk ist eine der markantesten Stimmen dieser Debatte. Der Kampf um die Freiheit ist sein Lebensthema. Selbst ist der SED-Diktatur groß geworden, hat er Standardwerke zur Geschichte der DDR und des Kommunismus vorgelegt, aber auch zur Revolution von 1989 und den Folgen der ‚Übernahme‘ der DDR durch die Bundesrepublik. Kowalczuk will die Ostdeutschen aus ihrer Opferrolle herausholen. Der Westen mag sich seinen Osten ‚erfunden‘ haben. Doch auch der Osten erfand und erfindet sich seinen Westen. In der DDR war der Westen für viele ein Sehnsuchtsort, doch auch die antiwestliche Propaganda der SED hatte weit zurück reichende Wurzeln. Sie wurden durch die Frustrationen des Vereinigungsprozesses verstärkt. Und sie hindern jetzt viele Ostdeutsche daran, sich die liberale Demokratie der Bundesrepublik zueigen zu machen.“ (Klappentext)

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Montag, 16. September 2024

Walter Moers: Das Einhörnchen, das rückwärts leben wollte. Zwanzig zamonische Flabeln

 

„Make laugh, not war!

Ein Einhörnchen, das lieber rückwärts leben möchte; ein Werwolf, der ein Wiewolf sein will; eine fleischfressende Pflanze, die gern Vegetarierin wäre – etliche Bewohner Zamoniens haben Probleme mit ihrer Identität und daher kein leichtes Leben. Aber ob Dummwolf oder Schlaufuchs, ob Schmiegehäschen oder Halbtagsfliege, sie alle finden ihren Weg in einer Welt, in der Fantasie und Humor völlig außer Kontrolle geraten sind.

Zwanzig zamonische Flabeln (kein Setzfehler!) von Bestsellerautor Hildegunst von Mythenmetz, kongenial übersetzt und illustriert von Walter Moers.“ (Umschlagtext)

Alles, was wir an literarischen Fundstücken, Nachrichten und Botschaften vorliegen haben, ist mir viel zu plausibel, als dass ich die weltenübergreifende Zusammenarbeit von Moers und von Mythenmetzt nicht ernsthaft ernstzunehmend fände. So findet gleichsam ohne mein Zutun jeder neue Band sich zur gewissenhaften Prüfung auf meinem zamonischen Lesetapel ein, möge er nie ernstlich abnehmen!

„Die zamonische Lachfabel:
Garantiert komplett moralfrei!

Die Fabel gehört zu den ältesten literarischen Gattungen, war beliebt schon im Alten Orient, in der griechischen (Äsop und Hesiod) und römischen Antike (Horaz), im deutschen Mittelalter und der Aufklärung (Lessing), gepflegt vom Franzosen La Fontaine im 17. Und dem Amerikaner James Thurber im 20. Jahrhundert. Ist sie also nicht reichlich angestaubt? Nicht in der Version des Erfolgsduos Hildegunst von Mythenmetz und Walter Moers. Sie präsentieren zwanzig zamonische ‚Lachfabeln‘, kurz ‚Flabeln‘, die laut Großem Erchl, dem offiziellen Regelwerk der zamonischen Literatur, mindestens sieben Schmunzler, drei Lacher und eine Scherzfigur enthalten müssen.“ (Klappentext)

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Dienstag, 10. September 2024

Mosaik #585 und Sonderheft "Das Geheimnis der Uferschnepfe" (Die Abrafaxe im Land Brandenburg)


 Sommerzeit ist ja auch Schmökerzeit. Perfekt also, wenn das monatliche Mosaik gleich noch mit zusätzlichem Lesestoff in Form eines Extraheftes geliefert. Was die Abrafaxe wohl im Brandenburg der Gegenwart so entdecken?

😉

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Sonntag, 8. September 2024

Martin Debes: Deutschland der Extreme. Wie Thüringen die Demokratie herausfordert


„In Thüringen greift die AfD nach der Macht und bringt die ganze Republik in Bedrängnis

Martin Debes erzählt die Geschichte eines Landes, das Experimentierfeld extremer politischer Strömungen war und wieder geworden ist: Genau ein Jahrhundert, nachdem in Weimar erstmals Bürgerliche mithilfe völkischer Extremisten regierten, steht die Demokratie in Thüringen vor einer neuen Herausforderung. 2024 könnte die AfD Wahlsieger und damit regierungsentscheidend werden. Das ist nicht nur ein Härtetest für die Region, sondern einer für die ganze Bundesrepublik. Thüringen steht damit beispielhaft für die Bedrohung der Demokratie in Deutschland.“ (Umschlagtext)

Kurz vor der Landtagswahl in Thüringen in einem unerwarteten feinen Buchladen in meiner alten Heimat entdeckt. Nunja, auch wenn der Band vor der Wahl erschien, hat er offensichtlich auch nichts mehr ändern können.

Ich bin gespannt auf einen kleinen Lauf durch Thüringens Geschichte und auf die Einschätzungen des Autors – und darauf, wie sich die politischen Dinge derweil weiterentwickeln. Erschütternd genug, dass so kurz nach den Wahlen in Sachsen und Thüringen schon wieder so viel Schweigen ist.

„Nahezu alle relevanten Konfliktlinien der Bundesrepublik lassen sich anhand von Thüringen nachvollziehen. Die örtlichen Protagonisten Bodo Ramelow, Björn Höcke oder Thomas Kemmerich sind weit über die Landesgrenzen bekannt. Doch Thüringen war schon immer besonders: Hier wurde Bach geboren, übersetzte Luther das Neue Testament, schrieben Goethe und Schiller bedeutende Werke, gründete sich das Bauhaus, konstituierte sich die Weimarer Republik – und fand Hitler seinen Mustergau. Nun könnte in dem Land, das vom einzigen linken Ministerpräsidenten Deutschlands regiert wird, die rechtsextremistische AfD die Macht übernehmen – und die politische Architektur der Bundesrepublik grundsätzlich verändern. Martin Debes beschreibt, wie es dazu kommen konnte, und erweist sich erneut als ‚grandioser Deuter des Ostens und begnadeter Schreiber‘ (Medium Magazin).“ (Klappentext)

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Donnerstag, 5. September 2024

Margaret Atwood: Moralische Unordnung


„MORALISCHE UNORDNUNG ist der Roman von Margaret Atwoods Leben. All ihren Scharfsinn, ihren erbarmungslosen Humor richtet sie wie Scheinwerfer auf das eigene Leben, und das Ergebnis zählt zum Besten, was wir von dieser großen Erzählerin kennen.“ (Umschlagtext)

Ein Fundstück von Pankows Straßen. Ich mag ja, dass man beim Streifen durch den Kiez immer wieder vor den Häusern abgestellte Kartons findet mit allerlei Krimskrams. Was die Leute halt so loswerden wollen. Und Bücher gibt es auch oft genug.

Zu jeder Bücherkiste ließe sich ohne Weiteres eine Geschichte spinnen über diejenigen, die da ihre Regale aussortiert haben. Kinderbücher, Lektüre aus Studium oder Ausbildung, Weiterbildungen, Romane – mal offensichtlich gelesen und oft auch offensichtlich nicht. Ich meine, das ist doch mal spannend. 😊

Und zu Margaret Atwood muss ich ja eigentlich nichts schreiben. Spätestens mit der Serienverfilmung ihres Klassikers „Report der Magd“ wurde sie einem nochmal größeren Publikum bekannt. Ich entdecke immer noch Ungelesenes von ihr.

Diese Ausgabe sieht doch sehr viel älter aus als sie ist. Aber interessant finde ich, wie anders die Klappen- und Umschlagtexte zum Teil vor gerade mal 16 Jahren klangen. ^^

(Übersetzung: Malte Friedrich)

„Nur die erste Geschichte bricht aus der Chronologie dieses Lebens aus. Sie zeigt ein älteres Paar, das aus dem Kanada der Gegenwart in der Phantasie der Frau plötzlich in die Spätzeit des Römischen Reiches versetzt wird: Die Barbaren kommen!
Dann aber führt das Buch in die Kindheit der Erzählerin Nell, schildert die kluge, lebenstüchtige, aber ein wenig kühle Mutter, den praktischen, robusten Vater, einen Insektenforscher, und die viel jüngere, psychisch labile Schwester.
Als Nell das Elternhaus verlässt, verdient sie ihr Geld mit freier Lektoratsarbeit. Sie lernt den Mann ihres Lebens, Tig, kennen, der aber noch mit Oona verheiratet ist und zwei Söhne hat. Vor dieser Ehe läuft Tig nur sehr langsam davon, quälend lang dauert es, bis er sich wirklich trennt.
Diese ‚alte Geschichte‘ von der Ehefrau und der Geliebten, wie Lillie, eine liebenswerte Immobilienmaklerin, es nennt, ist der Kern des Buches – und Lillie selbst ist ein Kabinettstückchen von Atwoods Porträtkunst. Aber da sind noch andere solcher Glanzstücke: Tig, der überaus gutwillige, aber gerade deshalb fast unerträgliche Mann, Oona, die Tig und Nell zusammenbringt, dann aber nicht aushält, was sie angerichtet hat, und schließlich die Tiere: Gladys, das trotzige Welsh-Pony, und der neurotische Hund Howl.
Dies ist ein großartiges Buch, in dem die ganze stilistische Virtuosität, die Leichtfertigkeit, der Witz und die Ironie Atwoods wie Scheinwerfer auf ihr eigenes Leben gerichtet werden. Ein atemberaubendes Experiment.“ (Klappentext)

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Sonntag, 1. September 2024

Ines Geipel: Fabelland. Der Osten, der Westen, der Zorn und das Glück


„35 Jahre nach dem Fall der Mauer: Was ist aus dem Glück von 1989 geworden?

Woher kommt all der Zorn? Woher kommen die falschen Bilder? Ines Geipel geht noch einmal zurück zu dem Zeitriss, geht hinein in die Umbrüche nach dem Ende der deutschen Teilung. Hartnäckig hinterfragt sie die politisch entzündlichen Geschichten, die im Land erzählt werden. Und weil sie sich Zeit nimmt, nachhorcht, recherchiert, immer wieder von Menschen erzählt, öffnet sie die verstellten Räume in uns. Ein fesselndes, unverzichtbares Buch zur Lage der Demokratie in Ost und West.“ (Umschlagtext)

Wahlabend in Sachsen und Thüringen. Eigentlich wollte ich heute etwas zu einem Roman schreiben oder zu einem Comic. Aber während die ersten Prognosen und nun auch Hochrechnungen aus Dresden und Erfurt eintrudeln, gelingt mir die geistige Flucht aus dem Alltag einfach nicht.

Mir ging es ja bei meinen Ost-Lektüren in der letzten Zeit oft so, dass ich kopfschüttelnd auf uns „Ossis“ schaue und einfach keine richtige Erklärung finde. So viele Stimmen für Rechtsextremisten und noch mehr Stimmen für Populisten, denen ich persönlich keine Lösungskompetenz zutraue, die den komplizierten Zeiten gerecht wird! Aber die Frage, die für mich darunter liegt, lautet eigentlich: Was ist mit dem inneren Kompass der Menschen passiert? Und ja, mir ist klar, dass es keine einfachen Antworten gibt. Die Konsequenz kann wieder einmal nur lauten: Nicht aufgeben, trotz alledem oder genau deshalb!

„Der 9. November 1989. In Berlin fällt die Mauer. Es ist einer der glücklichsten Momente der deutschen Geschichte. Ines Geipel ist bereits im Sommer in den Westen geflüchtet und erlebt die Öffnung, die Hoffnungen und Aufbrüche als Studentin in Darmstadt. 35 Jahre danach erinnert sie sich: Wie fühlte er sich an, dieser historische Moment des Glücks? Wie erzählen wir uns Ost und West und die Wiedervereinigung? Wie war das noch mal mit der Treuhand damals, mit dem Streik in Bischofferode, mit der innerdeutschen Fluchtgeschichte? Wie ist das mit den Opfern und Tätern? Woher kommt all der Zorn, woher die Verleugnung, woher die schiefen Legenden, wenn es um den aktuellen Zustand des Landes geht? Wie ist der Erfolg der extremen Rechten im Osten zu erklären? Und wieso schlüpft der Westen so selbstverständlich in seine gut ausgetretenen Schuldschuhe und sperrt sich gegen die politische Wucht im Jetzt?
Mit großer Klarheit und Offenheit geht Ines Geipel noch einmal zurück. Zurück in die politische Umbruchlandschaft nach 1989, in die eigene Familie, zurück in all die besetzten Räume der Erinnerung, zurück zu den Verharmlosungen und Legenden, die die Gegenwart so vergiften. Ein Text voller Courage und Erfahrung, der auf die Frage zuläuft: Können die Deutschen ihr Glück auch verspielen?“ (Klappentext)

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