„‘An Warnungen vor der faschistischen Gefahr fehlte es nicht. Zum Dritten Reich führten viele kleine und große Entscheidungen – und nicht zuletzt die zeittypische Erwartung, die eine, alles umwälzende Entscheidung stünde unmittelbar bevor. Die Republikfreunde fühlten sich wie auf einer Scholle im Eismeer, von der täglich Stücke abbröckelten. Doch was einem Eismeer glich, der Kältestrom gegen die parlamentarische Republik und den Rechtsstaat, war vorbereitet, wurde organisiert.‘
Bis heute gilt das Ende der Weimarer Republik als Modellfall politischer Katastrophen. In einem großen Panorama schildert Jens Bisky, gedankensprühend und geschichtensatt, die Jahre, in denen sich das Schicksal Deutschlands entschied.“ (Umschlagtext)
Polarisierte Debatten, Diskursverschiebungen nach weit rechts, gesellschaftliche Spaltung, Fake News und Hetze, Scheindebatten und Gewaltphantasien gegen „die da Oben“, Verächtlichmachung demokratischer Institutionen und Spielregeln – Geschichte wiederholt sich nicht, heißt es. Ich schaue mir das Drama um die Konstituierung des Thüringer Landtages an, das in der hyperschnellen Abfolge von Schlagzeilen schon längst wieder ganz nach unten gerutscht zu sein scheint.
Dabei lässt sich in unendlich vielen Gesprächen mit Menschen, die mit offenen Augen und Herzen durch die Welt gehen, immer wieder vernehmen, wie weit Sorge und Angst davor inzwischen verbreitet sind, dass sich Geschichte doch wiederholen könnte. Verbotsverfahren gegen die AfD und ein Wiedergewinnen der Menschen für die Demokratie – das eine wird wohl ohne das andere nicht ausreichen.
Es reicht ganz offenbar nicht mehr, schlaue Bücher zu lesen und darauf zu vertrauen, dass jenseits des Lesesessels sich schon alles fügen wird. Nicht mehr, fürchte ich.
„Als im Oktober 1929 Gustav Stresemann,
der erfolgreiche Außenminister, starb, fragten sich die Zeitgenossen, wie es
nun mit der Republik weitergehen könne. Gerade formierte sich eine
faschistische Koalition, die 1933 an die Macht kam; Bauern warfen Bomben, die
öffentlichen Haushalte litten unter wachsenden Defiziten, bald schien das
parlamentarische System gelähmt. Demokratische Republik oder faschistischer
Staat – so lautete ab dem Sommer 1930 die Alternative.
Was folgte – der Aufstieg radikaler
Kräfte, die Pulverisierung der bürgerlichen Milieus, der Aufruhr der
Mittelschichten, die Selbstüberschätzung der Konservativen und Nationalisten,
die sich einbildeten, Hitler zähmen zu können, Verelendung und Bürgerkriegsflucht
-, mündete in die verbrecherischste Diktatur des 20. Jahrhunderts. Jens Bisky
erzählt, wie die Weimarer Republik in einem Wirbel aus Not und Erbitterung
zerstört wurde. Es kommen Politiker und Journalisten der Zeit zu Wort,
erschöpfte Sozialdemokraten, ratlose Liberalem nationalistische Desperados,
Literaten, Juristen, Offiziere. Wie nehmen sie die Situation wahr? Welche
Möglichkeiten hatten sie? – Das große Panorama einer extremen Zeit, die noch
immer ihre Schatten auf die Gegenwart wirft.“ (Klappentext)
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen