Freitag, 28. April 2017

César Aira: Wie ich Nonne wurde



"Meine Geschichte, die Geschichte, 'wie ich Nonne wurde', begann sehr früh in meinem Leben, und zwar kurz nach meinem sechsten Geburtstag." (Umschlagtext)

Ah, Matthes & Seitz machen eine Aira Bibliothek. Da bin ich mit Band 1 doch schonmal dabei. ;)

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Dienstag, 25. April 2017

Michel Tournier: FREITAG oder das Leben in der Wildnis



"Wie einst bei Defoe, so strandet auch Tourniers Robinson auf einer winzigen Südseeinsel." (Umschlagtext)

Aber mit dem Einheimischen Freitag läuft es dann offenbar doch etwas anders, weil der wohl nicht ganz so gefügig ist wie in der ursprünglichen Version.

Das klingt doch mal witzig und macht mich sehr gespannt auf dieses antiquarische Fundstück. ;)

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Montag, 24. April 2017

Christian Baron: Proleten, Pöbel, Parasiten. Warum die Linken die Arbeiter verachten



„Schwungvoll kracht mein kleiner Kinderkörper gegen die Wohnzimmerwand. Auf allen vieren krieche ich zum Stahlofen in der hinteren Ecke des Raums. Ich spüre Tränen auf meiner Wange und wische sie weg. Während ich aufstehe, sehe ich den Behälter mit dem zum Verfeuern zurechtgeschnittenen Holz. Blitzartig reift ein Entschluss in mir.“ (Seite 9)

Mit einer drastischen Darstellung von Gewalt, Ohnmacht und Auflehnung beginnt Christian Baron seinen persönlichen Bericht über das Verhältnis der Gesellschaft zur Unterschicht – und des politisch linken Teils der Gesellschaft insbesondere.

In der Eingangsszene wird der Achtjährige von seinem betrunkenen Vater gegen die Wand geschleudert. Der Junge steht schließlich ohnmächtig wütend, trotzig mit einem über den Kopf erhobenen Holzscheit schlagbereit vor dem schon wieder apathischen Trinker auf dem Sofa.

Ein zweiter wichtiger Moment, den Baron schildert, ist der seiner akademischen Abschlussprüfung. Mit Angstschweiß auf der Stirn und zitternden Fingern bangt er dem Urteil der Prüfer entgegen – und hat es schließlich geschafft. Der Junge aus der Unterschicht, dessen Weg ganz gewiss nicht in dieser Weise vorgezeichnet war, hat es zum Akademiker gebracht.

Von früher kenne ich noch den Spruch: „Man bekommt zwar den Jungen aus dem Dorf, aber nie das Dorf aus dem Jungen.“ Daran musste ich beim Lesen dieses Buches oft denken, beschreibt Baron doch sehr eindringlich entlang seiner persönlichen Erfahrungen, wie sehr die Herkunft offenbar am Individuum haften bleibt, einer vielleicht unsichtbaren, aber immer präsenten und wahrnehmbaren Aura gleich.

Christian Baron hat sich aus einer nach seiner Schilderung nahezu beispielhaften Unterschichtenfamilie nach oben gearbeitet. Der Vater ein Trinker, die Mutter hilflos, bis sie dem Krebs viel zu jung erliegt. Christian und seine drei Geschwister haben Glück und kommen bei einer Tante unter. Die dort herrschenden „kleinen Verhältnisse“ eröffneten den Weg des sozialen Aufstiegs über Bildung. Das Buch schreibt er schließlich als Journalist und Redakteur bei der Tageszeitung neues deutschland. Der Ausbruch aus der vorgefertigten Biografie ist also gelungen.

Wie kommt es aber, dass er, der sich seinen Aufstieg im politisch linken Umfeld erarbeitet hat, immer wieder an Grenzen stieß, die durch diese Aura des Unterschichtenkindes provoziert scheinen: Unsicherheiten, wenn alle um einen herum so eloquent die Welt erklären können; Gefühle der Minderwertigkeit, weil andere so selbstsicher ihren Platz in der Welt behaupten; der Impuls, sich wegducken zu wollen, wenn die Mittelstandslinken beim stilechten Rotwein die Nase rümpfen über die sozial Abgehängten und deren Unfähigkeit, kulturell oder habituell mitzuhalten.

Trotzdem Baron die eigene Biografie als roter Faden seines Buches dient, beschreibt er doch das gesamtgesellschaftliche Phänomen des unentwegten Nach-unten-Tretens. Es lässt sich auch bei jenen feststellen, die selbst nicht viel haben und sich am unteren Rand der Mittelschicht bewegen. Baron schildert, wie das mediale Bild von der verblödeten, verrohten, arbeitsscheuen und versoffenen Unterschicht durchsickert und wiederkehrt in politischen Diskursen à la Hartz IV, aber gleichsam in Haltungen von politisch links orientierten und aktiven Menschen, die sich letztlich oft genug ebenso akademisch-elitär gebärden wie andere auch, von denen sie sich eigentlich abzugrenzen suchen.

Ich habe Barons Buch nicht als Anklage gegen linke Akademiker gelesen, sondern vielmehr als einen Hinweis darauf, dass die politische Haltung allein noch keinen besseren Menschen macht. Der Autor liegt mit seinen Schilderungen und Schlussfolgerungen durchaus im Trend, wenn ich an die umfangreichen Besprechungen zu Didier Eribon im letzten Jahr denke: Die Abgehängten unserer Gesellschaft müssen endlich wieder ernst genommen werden, es muss ihnen eine eigene Stimme zugebilligt werden, und zur Beschreibung der Gesellschaft sollte endlich wieder auf den Begriff der Klasse zurückgegriffen werden.

Beim Lesen konnte ich in jedem Fall eine ganze Reihe von Mechanismen wiederentdecken, die ich selbst aus dem politischen Betrieb kenne. Es bleibt zu hoffen, dass dieses Buch viele Leser*innen findet. Für heftige Debatten sorgte es wohl schon, wenn ich Gerüchten dazu glauben darf. ^^

Also: Lesen!

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Sonntag, 23. April 2017

Joe Sacco: Sarajevo



"Joe Sacco ist Journalist und Zeichner Comics. Er kommt damit den Menschen, ihren Nöten und Ängsten, ungleich näher als viele seiner Kollegen. Was auch darin liegen mag, dass ihn die branchenübliche Objektivität nicht interessiert. [...]" (Zitat von Matthias Schmidt auf dem Umschlag)

Drei Comic-Reportagen über Sarajevo am Ende des Bosnienkrieges.

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Samstag, 22. April 2017

#verlagebesuchen am 22.04.2017 - Periplaneta und Mark Uriona liest



#verlagebesuchen im April und passend zu meiner aktuellen Lektüre lausche ich heute #markuriona

Er liest aus seinem noch druckfrischen Roman, den er zusammen mit #pitpikus geschrieben hat. Mehr über das Buch verrate ich später. Aber soviel kann ich sagen: Wenn er in eurer Nähe liest, dann nix wie hin. ;)

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Freitag, 21. April 2017

Mosaik #497



Geh weg Wetter, hier kommt mein Wochenende! :p

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Donnerstag, 20. April 2017

Niroz Malek: Der Spaziergänger von Aleppo. Miniaturen



"Niroz Malek lebt in Aleppo. Trotz allem. Und er scheint davon, wie es ist, trotz allem in Aleppo zu leben. Das Ergebnis sind kurze Texte, Miniaturen nicht nur über den Alltag in einer Stadt, auf die Bomben fallen, sondern auch Träume, Phantasien, Texte zu Musik und Literatur, Erinnerungen an gestorbene Freunde und Weggefährten." (Umschlagtext)

Eine würdige Auswahl für meinen #indiebookday in diesem Jahr, finde ich.

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Dienstag, 18. April 2017

Rodrigo Rey Rosa: De Gehörlosen



Meine ganz persönliche Entdeckung auf der diesjährigen #LBM ist der Septime Verlag aus Wien. Ich hätte ja durchaus so ziemlich den ganzen Stand leerkaufen mögen, habe mich dann aber fürs Erste mit diesem Band begnügt. ^^

Ein gehörloser Maya-Junge und eine Bankerstochter verschwinden zeitgleich. Nur der Leibwächter der jungen Dame will die zunächst ergebnislose Suche nicht aufgeben. Und niemand hört ihm zu. (siehe Umschlagtext)

Ganz abgesehen davon, dass das Buch auch noch toll gestaltet und gemacht wurde - es ist aus dem guatemaltekischen Spanisch übersetzt worden. Guatemaltekisch! Was ein Hammerwort. ;)

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Montag, 17. April 2017

Reinhard Kleist: The Secrets of Coney Island



Gibt es eigentlich Trostloseres als einen leeren, langsam verrottenden Vergnügungspark?

Die drei Kurzcomics von Reinhard Kleist erzählen von verlorenen Seelen, Grusel, Abenteuer und von der Vergangenheit.

Und draußen regnet es gleich wieder. ^^

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Sonntag, 16. April 2017

Hermann Amborn: Das Recht als Hort der Anarchie. Gesellschaften ohne Herrschaft und Staat



„Einmal war bei einer Prügelei zwischen zwei Brüdern der eine der beiden ums Leben gekommen.“ (Seite 9)

Der überlebende Bruder wird beim Oberhaupt des Klans als Mörder angezeigt. Der verurteilt ihn zum Tode. Währenddessen ruft der so Beschuldigte in seinem Versteck Freunde zusammen und erzählt von einem ganz anderen Tathergang. Der tote Bruder habe ihn betrogen und verprügelt und sei dann im Handgemenge einer Verletzung erlegen.

Es wird beschlossen, dass ab sofort ein Gremium solche Vorfälle prüfen und bewerten müsse, um dann eine gemeinsame Lösung zu finden. Der Klanälteste solle nicht länger allein entscheiden und urteilen, sondern vielmehr nur noch das Urteil des Gremiums vollstrecken, dem er auch nicht länger angehören dürfe.

Diese Geschichte stellt der Ethnologe Hermann Amborn seiner Studie über gesellschaftliche Rechtsprechung jenseits eines staatlichen Gewaltmonopols voran. Sie spielt in Südäthiopien vor langer, langer Zeit.

Das klingt für unsere Ohren ja ein wenig nach heiler Welt und lässt uns aufgeklärte Bürger*innen gleich skeptisch schauen. Jede Rechtsprechung, bei der Justitia nicht ihren Auftritt mit verbunden Augen hat, erscheint uns irgendwie zwangsläufig als rückständig – im Guten wie im Schlechten.

Zugleich wachsen wir auf mit der tiefsitzenden Erkenntnis, dass Rechthaben und Rechtbekommen nicht dasselbe ist. Was aber Anderes offenbart dies als ein eigentliches Misstrauen gegenüber unserem eigenen Rechtssystem? Wie blind ist Justitia wirklich, wenn man das System nur gut genug kennen und verstehen muss, um es zu seinen Gunsten auszunutzen – oder sich diese Expertise kaufen kann?

Wenn unser Rechtssystem damit diejenigen begünstigte, die über hinreichend Wissen und Fähigkeiten verfügen, oder über genügend Geld, hätten die ja nun mehr als genug Gründe, dieses System nicht zu verändern. Zugleich dürften sie gerade diejenigen sein, die wenigstens indirekt dieses System beherrschen. Nicht zu vergessen, dass Rechtspfleger*innen jeder Art – Anwälte, Richter*innen etc. – in einem solchen Rechtssystem per se nicht zu den Marginalisierten gehörten.

Wie merkwürdig dürfte ein solches Rechtswesen auf Menschen wirken, die in einer anarchischen Gesellschaft leben, die ihre Angelegenheiten nicht mittels eines Staatswesens organisiert. Nicht das Durchsetzen des Staatswohls stünde für sie im Vordergrund, sondern das harmonische Funktionieren der Gesellschaft selbst. Staatswohl und das Wohl der Gesellschaft fielen in eins; eine Staatselite könnte sich so nur schwer etablieren.

Allen Gedankenspielen zum Trotz würde ich unser Rechtssystem sehr ungern gegen die meisten anderen existierenden Rechtssysteme eintauschen. Überaus spannend und anregend fand ich die Lektüre von Amborns Studie, weil sie ganz unaufgeregt darauf hinweist, dass unsere Realität auch nur eine von vielen ist, dass Gesellschaften sich auch anders entwickelten und dies nicht gleichbedeutend mit Rückständigkeit sein muss. Ganz nebenher rückt Amborn auch das Bild von anarchischen Gesellschaften ein wenig gerade, das eben nicht zwangsläufig Chaos, Willkür und Gewalt bedeuten muss.

Der Band erschien in der Reihe „Fröhliche Wissenschaft“ bei Matthes & Seitz, die ich wegen der Auswahl der Titel, dem herrlich ungewöhnlichen Format und der tollen Gestaltung sehr mag.

Kurz: Auch wenn der Stoff sicher nicht jede*n begeistern wird, empfehle ich das Büchlein gern weiter.

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Montag, 10. April 2017

Javier de Isusi: Ich habe Wale gesehen. Eine Freundschaft im Baskenland



Die 1980er Jahre im Baskenland: ein Priester, ein Widerstandskämpfer der ETA und ein Paramilitär der von der spanischen Regierung finanzierten GAL treffen aufeinander.

Klingt schonmal spannend, oder? ;)

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Samstag, 8. April 2017

Pit Pikus/ Mark Uriona: Lämmels Syndrom oder Die fünf Dimensionen der Wahrheit



So, lieber Mark, da hast du also zusammen mit Pit Pikus einen Roman geschrieben. Nun ist er bei mir eingetroffen, und ich bin ein wenig aufgeregt. ;)

Der Umschlagtext verspricht einen "surrealen Wahnsinnsroman über Realitäten und Ideale, über deren Vergänglichkeit und ein bisschen auch über den Samsa in uns allen."

Alter, ich bin gespannt! ;)

Ein Dankeschön für das Rezensionsexemplar geht an den Verlag.

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Mittwoch, 5. April 2017

Franzobel: Das Floss der Medusa



Es ist eindeutig an der Zeit, die neuen #indiebooksim Haus vorzustellen. ^^

"Zwei Fässer Wein, drei Fässer Wasser, ein Sack Zwieback für 147 Menschen auf einem manövrierunfähigen Floß im Ozean." (Umschlagtext)

Cover plus Beschreibung und schon hat es mich. Herzlich willkommen #franzobel!

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Dienstag, 4. April 2017

Cormac McCarthy: Die Border-Trilogie



„Die Kerzenflamme und ihr im Wandspiegel gefangenes Ebenbild flackerten kurz auf, als er den Flur betrat; und noch einmal, als er die Tür schloss.“ (Seite 7)

Ich weiß gar nicht mehr so recht, wann ich das letzte Mal einen Western gelesen habe und auch nicht, warum Western irgendwann uninteressant für mich wurden. Natürlich habe ich, wie Generationen vor mir, meinen Karl May mit Begeisterung gelesen. Und zumindest an eine Leseerfahrung kann ich mich noch gut erinnern.

Es muss einer der Old Surehand Bände gewesen sein. In einer Nacht, in der ein kräftig krachender Sommersturm den Dachboden, auf dem mein Zimmer sich befand, zum Knarren, Ächzen und Stöhnen brachte. Ich hatte mich festgelesen an einer Story, in der vom Ku-Klux-Klan die Rede war; es ging brutal zur Sache und war meilenweit entfernt von Karl-May-Kitsch, wie er von den Verfilmungen vermittelt wurde.

Ich muss dreizehn oder vierzehn Jahre alt gewesen sein. Und der Text machte mir Angst. Es fühlte sich so rau, ungebändigt und echt an, dass ich mich nicht traute, das Licht zu löschen und zu schlafen. Also las ich zitternd die ganze Nacht durch, bis ich das Buch durchgelesen hatte. Das Knallen und Fauchen und scheppern auf dem Dachboden tat sicher sein Übriges dazu.

Ob ich nach dieser Nacht weitere Bücher vom Altmeister des Western gelesen habe, daran kann ich mich nicht mehr erinnern und auch nicht, ob das Beiseitelegen eines ganzen Genres eine bewusste Entscheidung war. Genauso wenig kann ich mir erklären, warum nun genau die Border-Trilogie von Cormac McCarthy auf meine Leseliste gerutscht ist. Vielleicht brachte die Verlagsbehauptung, dies sei ein „Meilenstein in der Neuerfindung des Western-Genres“ eine nostalgische Seite in mir zum Klingen, die ich vorher lange übersehen hatte.

Um es gleich klar zu sagen, nostalgische Gefühle, Abenteuerromantik, Cowboy-im Sonnenuntergang-Kitsch – all das bietet McCarthy nicht einmal ansatzweise. Gänzlich unpathetisch und fast schon enervierend detailgenau beschreibt er einen mal träge dahinziehenden, kargen Alltag, der auch jederzeit eruptiv ausbrechen kann in kleine, unheimlich große Momente und in pure, nicht einmal notwendigerweise bösartige Gewalt.

Während ich zunächst anhand der Beschreibung der Lebensumstände die Geschichten noch im neunzehnten Jahrhundert verortete – wie das Klischee des Westerns es wohl verlangt – nahm ich im Verlauf erstaunt zur Kenntnis, dass McCarthy eine Welt beschreibt, die vor nicht einmal hundert Jahren im texanisch-mexikanischen Grenzgebiet noch Realität war. Das gegenseitige Abschlachten auf den grausigen Schlachtfeldern der Welt ist hier nur ein vages Hintergrundrauschen, das nicht einmal als das Heraufziehen der Moderne erkannt wird.

Dass die Welt der Figuren im Umbruch ist, zeigt sich viel undramatischer. Ihre Welt sind die Felder, Weiden, Viehherden und vor allem Pferde. Doch die Böden sind zunehmend ausgezehrt. Kleine Farmer und Züchter mussten sich schon immer gegen die wenigen mächtigen Patrone durchsetzen, die die spärlichen Ressourcen in ihren Händen zu sammeln suchten. Nun aber kauft auch die US Army Land auf, Erdölfelder sprießen aus dem Boden und mit ihnen gesichtslose Firmen und Konsortien. Nicht nur, dass dies den Familien die Lebensgrundlage entzieht, es beeinflusst auch ihr Bild von der Welt dramatisch.

Tagelang einen Wolf beharrlich zu verfolgen, dabei mit dem Lauf der kargen Natur zu verschmelzen mit wenig mehr an Besitz, als ein Pferd zusätzlich zum Reiter zu tragen vermag – hier zählt nicht, was du sagst. Darum brauchen sie meist nicht viele Worte. Hier zählt, was du tust. Und alles hat Konsequenzen, die sich kaum nach gut und böse, richtig oder falsch bemessen lassen.

Die Hauptcharaktere sind allesamt unauffällige Außenseiter, die in ihrer Suche nach ihrem kleinen Glück wie aus der Zeit gefallen wirken. Dabei sind sie nicht besonders grantig, kauzig oder sonst irgendetwas in der Art. Um vielleicht doch ein kitschiges Bild zu bemühen: Mit ihnen würde ich mich jederzeit an ein Lagerfeuer inmitten der Prärie kauern. Alle halbe Stunde sagte jeder einen Satz. Und es wäre genau richtig so.

McCarthy schafft einen Rhythmus, der sich unglaublich natürlich anfühlt. Nichts an den Stories wirkt gekünstelt oder herbeigeschrieben. Damit schafft er es, dass seitenlang nichts oder kaum etwas passieren kann, und trotzdem konnte ich mich dem nicht entziehen oder hätte mich gar gelangweilt.

Die für uns heute lakonisch anmutenden Dialoge passen genau in diese Welt und lassen erahnen, wie sehr die Welt um uns herum eben nicht nur unsere Sicht auf sie prägt sondern auch unsere Sprache. Mutig finde ich die Entscheidung, einen Teil der Dialoge, die auf Spanisch geführt werden, nicht oder nur paraphrasierend zu übersetzen. Es nimmt dem Verständnis interessanterweise nichts, verstärkt aber den Eindruck von der Welt, in der diese Geschichten spielen.

Das Karl-May-Feeling hat Cormac McCarthy mir nicht zurückgegeben. Dafür aber eine neue Lust am Genre und einen neuen, intensiven Blick darauf.

Kurz: Unbedingt lesen! ;)

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Samstag, 1. April 2017

Stephen King: Doctor Sleep



Das war nix. Ich breche ungern ein Buch beim Lesen ab. Aber mit diesem King bin ich so gar nicht warm geworden.

Vielleicht gibt es ja unter euch Freunde des Kingschen Grusels, die mehr damit anfangen können und Lust auf einen Buchtausch hätten? ;)

Schreibt mir einfach eure Vorschläge. ^^

Und ... los! ;)

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