Mittwoch, 6. Oktober 2021

Roxanne Moreil/ Cyril Pedrosa: Das Goldene Zeitalter. Zweiter Teil


„Refft die Segel, zum Donnerwetter!“ (Seite 7)

(Übersetzung: Ulrich Pröfrock)

Tilda soll ihrem toten Vater auf dessen Thron nachfolgen. Das Königreich, das einst wohlhabend war, verarmt zusehends, während sich die Schatztruhen der Adligen füllen. Die junge Thronanwärterin weiß, welche großen Aufgaben vor ihr liegen, will sie aber mit Tatkraft angehen.

Allerdings wird sie von einem Komplott überrumpelt, dass ihren jüngeren Bruder zum König macht und die Adligen vor Veränderung schützt. Tilda findet sich auf der Flucht wieder, bei der sie Land und Leute noch aus einer anderen Perspektive kennenlernt.

Unter den mit den neuen Verhältnissen Unzufriedenen geht die Kunde um von Tilda, die Verbündete sammelt, um alles zum Besseren zu wenden. Es liegt aber auch Rebellion in der Luft, befeuert durch einen Text, der von einem Goldenen Zeitalter spricht, in dem niemand eines Anderen Untertan war, alle Menschen gleich und glücklichen leben konnten. Das befeuert die Fantasie.

Im zweiten Band dieser märchenhaften und zugleich für uns aktuellen Geschichte treffen wir wieder auf Tilda, die nunmehr an der Spitze einer Armee die Festung ihres Bruders umzingelt hat. Es geht nicht mehr vor und nicht mehr zurück. Und allein der Glaube an einen Sieg oder eine Utopie füllt nun mal keinen Magen. Es sind aber nicht nur die leeren Kriegskassen, die Tilda zu schaffen machen. Sie will so gern im Namen des Guten siegen, dass sie nicht versteht, warum sich nicht alle Gegner ihres Bruders unter ihrem Banner versammeln wollen. Die Rebellen indes würden vielleicht wollen, aber ihre Utopie der herrschaftsfreien Gesellschaft der Gleichen empfindet Tilda wiederum als Angriff auf ihre Position.

Wir erleben, wie eine strahlende Heldin sich verrennt, weil sie ihre Utopie nur in den vorgezeichneten Bahnen zu denken vermag. So verliert sie aus den Augen, dass die Rebellen und sie eigentlich das Gleiche wollen – also wenigstens in die gleiche Richtung. Diese Zersplitterung wiederum macht die Kräfte der Reaktion überhaupt erst zum Mitspieler um die Macht. Die Geschichte bleibt aber angenehm dicht an den handelnden Figuren, die ja nicht nur politische Widersprüche aushalten müssen, sondern auch, dass diese in ihrem eigenen Denken und Handeln widerhallen.

Der zweite Band hält für meinen Geschmack absolut, was der Erste bereits versprach: Eine grandios gestrickte und erzählte Geschichte mit einer kongenialen bildlichen Umsetzung. Die Kollaboration von Roxanne Moreil und Cyril Pedrosa ist für uns Leser:innen in jedem Fall ein wahrer Glücksfall, nicht nur für Comicenthusiasten. 😊

Kurz und gut: *kreiiisch* Ich will mehr davon! Lesen! 😉

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