Samstag, 2. Oktober 2021

Şeyda Kurt: Radikale Zärtlichkeit. Warum Liebe politisch ist



„Dieses Buch gründet auf einem Unbehagen.“ (Seite 11)

Zwei Momente kommen wahrscheinlich vielen Menschen bekannt vor. Einmal das Gefühl, dass Eltern einfach nicht verstehen, dass die eigenen (Liebes-)Beziehungen ganz anders funktionieren als das, was wir von ihnen vorgelebt bekommen. Und dieser Moment, wo wir ganz genau wissen, welchen Rat in Beziehungsfragen andere brauchen.

Der Moment, in dem dann die Frage aufkommt, worauf wir unser „Wissen“ jeweils gründen, ist genau der richtige, um dieses Buch zur Hand zu nehmen.

Keine Sorge, es ist keiner dieser Ratgeber. Vielmehr lädt die Autorin zum Nachdenken und Hinterfragen ein. So vieles an den oben angedeuteten Ratschlägen und Sichtweisen erscheint und zwangsläufig, quasi natürlich. Wie viel davon aber tatsächlich Ergebnis von tradierte gesellschaftlicher Machtverteilung ist, wie oft es dabei um Verfügungsansprüche über Körper geht und wie leicht all dies Spielball von Politik ist, das lässt sich in diesem Buch ganz gut entdecken und schon während der Lektüre weiterdenken.

Ich empfand überaus gut gelungen, wie Şeyda Kurt das Nachdenken über ihr eigenes Leben und philosophische Ansätze verbindet. Ihr gelingt dabei eine textliche Mischung, die ich bei JJ Bola zum Beispiel bitter vermisst habe.

Kurz und gut: All die notwendige Kritik am Kapitalismus, an Gesellschaften wie der unseren muss sich natürlich auch der Frage widmen, wie die Beziehungen von Menschen denn nun gestaltet sein sollten. Dieses Buch liefert überaus praktische Anregungen dazu, hierüber nachzudenken. Lesen!

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Der Vollständigkeit halber gibt’s hier noch den Umschlagtext:

What is love? Ist die Liebe Sinn des Lebens, eine politische Allianz, Illusion oder Selbstzweck? Oder ist sie gar unmöglich, weil wir uns zwischen Zukunftsängsten, überhöhten Ansprüchen und diskriminierenden Strukturen völlig zerreiben?

Şeyda Kurt nimmt unsere allzu vertrauten Liebesnormen im Kraftfeld von Patriarchat, Rassismus und Kapitalismus auseinander – und erforscht am Beispiel ihrer eigenen Biografie, wie traditionelle Beziehungsmodelle in die Schieflage geraten, sobald sich bei sicher geglaubten Wahrheiten Zweifel auftun.

Wie also wollen wir wirklich lieben? Wen und wie viele? Wie kann er aussehen, ein radikaler Neuentwurf der Zärtlichkeit?

Scharfsinnig, witzig und mit einem feinen Gespür für die zahlreichen Fallstricke und Dimensionen der Liebe erzählt Şeyda Kurt von ihrer Suche nach neuen Narrativen – und einer uns eigenen Sprache der Zärtlichkeit, in der wir mit überkommenen Beziehungsmodellen brechen und ein gerechteres Miteinander wagen können.“ (Umschlagtext)

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