Freitag, 8. April 2022

Sang Young Park: Love in the big city


(Übersetzung: Jan Henrik Dirks)

“Ich betrat die ‘Emerald Hall’ im zweiten Stock des Hotels.” (Seite)

 

Ein Mitdreißiger erinnert sich: daran, wie es war, in der Metropole Seoul jung zu sein – also in den Zwanzigern; daran wie es war, mit der besten Freundin das Nachtleben n vollen Zügen auszukosten; daran wie es war, als er von Männern nicht viel mehr erwartete als eine kurze Bekanntschaft.

 

Der Mitdreißiger, der sich hier erinnert, heißt Young und ist dem Autor vermutlich nicht ganz unähnlich. Zumindest legt der Text den einen oder anderen autobiografischen Anklang nahe. Youngs Geschichte, so beschreibt es der Verlagstext, steht in Südkorea als Kultbuch für eine ganze Generation. Die dürfte, so vermute ich mal, zwar noch mit hinreichend traditionellen Werten ins Leben gestartet sein, wurde aber dann recht früh von der turboschnellen Moderne insbesondere in den Großstädten mitgerissen. Was also hat das Leben in diesem Zwiespalt in Südkorea zu bieten?

 

Eine mögliche Antwort gibt Youngs beste Freundin Jaehee. Nach den gemeinsamen, wilden und ungebundenen Partyjahren findet sich Young auf ihrer Hochzeit wieder, die ganz traditionell in dem Hotel zelebriert wird, das er zu Beginn des Textes betritt. Die trostlosen Begegnungen bei dieser Feier mit Leuten, Young aus gutem Grund aus seinem Leben gestrichen hatte, liefern den Auftakt, im ersten Teil des Buches zunächst die vergangenen Clubnächte und Eskalationen Revue passieren zu lassen.

 

Die weiteren Teile des Buches zeigen, dass auch Young natürlich eine familiäre Vergangenheit hat, der gar nicht so leicht zu entkommen ist – wenn er es denn je konsequent wollte. Zugleich ist auch sein Liebesleben irgendwann nicht mehr ganz so schnelllebig – bis hin zu dem Moment, in dem ein Mann, den er liebt, tatsächlich bei Young einzieht. Von Dauer ist das alles noch nicht, so dass also genügend Anlass für wehmütige Rückblicke und tiefes Seufzen bleibt. Bei allen kulturellen und gesellschaftlichen Spezifika gibt es offenbar global gültige und wiedererkennbare Gemütslagen, vielleicht sogar globale Generationen.

 

Parks Text macht Spaß beim Lesen. Ein sehr episodenhafter Erzählstil zieht sich durch, was mich zwischenzeitig irritierte, weil ich nicht immer genau hätte sagen können, wann in Youngs Leben die Geschichte gerade spielt. Der eingängige Tonfall der Erzählstimme machte das aber immer wieder wett. Den ersten, wilden Teil des Buches empfand ich insgesamt etwas schwächer als den ernsteren Rest, der für meinen Geschmack in sich stimmiger wirkte. Lange nachgehallt hat der Roman für mich jedoch nicht. Vielleicht war dann doch zu wenig wirklich Spezifisches in der Story oder im Tonfall.

 

Kurz und gut: Nicht so anstrengend und auf jeden Fall unterhaltsam. Kann man lesen!

 

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