Sonntag, 9. Juli 2023

Charles King: Schule der Rebellen. Wie ein Kreis verwegener Anthropologen Race, Sex und Gender erfand


„Es ist heute eine Grundvoraussetzung der Kulturanthropologie, dass Kategorien wie Race und Gender nicht naturgegeben, sondern gesellschaftliche Konstrukte sind. Auch emanzipatorische Initiativen wie feministische, LGBTQ- und antirassistische Bewegungen beruhen auf dieser Annahme. In der stark rassenideologisch geprägten US-amerikanischen Gesellschaft und Wissenschaft Anfang des 20. Jahrhunderts erregte der Ethnologe Franz Boas mit seiner These der Gleichberechtigung der Kulturen und Geschlechter die Gemüter. Der Historiker Charles King zeichnet die revolutionären Thesen wie auch den biografischen Werdegang des aus Deutschland stammenden Begründers des Kulturrelativismus und drei seiner Schülerinnen nach: Ruth Benedict, Margaret Mead und Zora Neale Hurston. Ihre Vorgehensweise unterschied sich radikal vom wissenschaftlichen und gesellschaftlichen Konsens ihrer Zeit. Offen, weniger hierarchisch und stärker von Migrantinnen und Migranten und Frauen geprägt als andere Wissenschaften, versuchten sie als einiger der ersten Ethnologen, ihre Theorien durch empirische Studien zu belegen. So beleuchtet King zugleich ein Stück Gesellschaftsgeschichte, denn Boas und seine Schule begründeten das Fundament, auf dem eine offene, moderne US-amerikanische Gesellschaft beruht.“ (Umschlagtext)

Wenn das Wort Gender in der Debatte auftaucht, spaltet sich die debattierende Runde ja gern schlagartig. Und weil dann ideologische Verbissenheit fix der gegenseitige Vorwurf ist, lohnt es sich ja, mal zu schauen, wie Begriffe, die heute so sehr polarisieren eigentlich entstanden sind. Ob es bei einer Versachlichung von Debatten helfen kann? Ich hoffe darauf, wie auf ein Stück mehr an Erkenntnis.

(Übersetzung: Nikolaus de Palézieux)

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