Dienstag, 18. Juli 2023

Philip Manow: (Ent-)Demokratisierung der Demokratie. Ein Essay


„Krisendiagnosen begleiten die Geschichte moderner Demokratien seit ihren Anfängen, häufen sich aber zunehmend. Woraus resultiert die wahrgenommene Bedrohung der Demokratie? Der Politikwissenschaftler Philip Manow sieht sie als Ausdruck einer paradoxen Gleichzeitigkeit von Demokratisierungs- und Entdemokratisierungstendenzen. So sei Demokratie einerseits als Legitimationsprinzip politischer Herrschaft inzwischen unabdingbar und habe sukzessive weitere Personengruppen in ihre Beteiligungsräume einbezogen. Zugleich aber seien durch neue Medientechnologien die Barrieren für die Teilnahme an der öffentlichen Willensbildung radikal gesenkt worden. Hierin sieht Manow entdemokratisierende Effekte: Wurde die politische Meinungsbildung im 20. Jahrhundert wesentlich durch professionelle Medien und Parteiapparate eingehegt und geformt, sei nun ein tiefgreifender Wandel zu beobachten, der es polarisierenden Stimmen einfacher mache, sich Gehör und Einfluss zu verschaffen. Dies berge die Gefahr, aus demokratischen Gegnern, die gemeinsame Spielregeln achten, unversöhnliche Feinde zu machen. Des Weiteren beschneide, so Manows Befund, die Verlagerung von Entscheidungskompetenzen auf supranationale Institutionen zunehmend die Handlungsspielräume kollektiver Selbstbestimmung.“ (Umschlagtext)

Das große Versprechen von immer mehr politischer Teilhabe scheint direkt in die Selbstabschaffung der Demokratie durch ihre inneren Feinde zu führen. Anstelle von mehr sachlicher, informierter Debatte mit allen sind scheinbar nur die destruktiven Stimmen lauter und lauter geworden, die demokratische Spielregeln und Notwendigkeiten miesmachen und immer weiter aushöhlen.

Ja haben wir eigentlich gar nichts gelernt, mag man sich da fragen. Was passiert, wenn wir vergessen, dass all die gesellschaftlichen Fortschritte, die wir im Alltag erleben und als naturgegeben hinnehmen, dass jeder einzelne dieser Fortschritte bitter und hart erkämpft werden musste?

Es ist ja nicht so, dass wir das letztlich nicht alle wüssten: Demokratie muss fortlaufend gepflegt, hinterfragt und verteidigt werden. Ich bin immer wieder gespannt auf Bücher rund um dieses Thema, weil die Frage „Was tun?“ mit der Erkenntnis halt auch noch nicht beantwortet ist. Und vermutlich braucht es auch immer wieder mal neue oder zumindest verschiedene Antworten zu verschiedenen Zeiten.

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