Sonntag, 21. Juli 2024

Neal Stephenson/ Nicole Galland: Der Aufstieg und Fall des D.O.D.O.


„Ich heiße Melisande Stokes, und das ist meine Geschichte.“ (Seite 9)

Nicht mal 850 Seiten. Von wegen, ich würde nicht auch mal was Dünneres lesen. 😊

Ich bekenne ja hier regelmäßig, dass ich auch Fanboy von so manchen Autor:innen bin. Und Neal Stephenson gehört halt einfach dazu. Insofern könnt ihr schon mal von einer unbedingten Leseempfehlung ausgehen. 😉

Die Prämisse dieses überaus unterhaltsam geschrieben SciFi-Romans ist es, dass Magie real existiert hat. Ausgerechnet das Aufkommen der Aufklärung mit all ihren wissenschaftlichen Folgen sorgte dann für den langsamen Rückgang, bis sie 1851 schließlich ganz verschwand. Zurück blieben Hexen, ohne Kräfte, nachdem sie die Menschheitsgeschichte über die Trägerinnen von Magie waren.

In der Jetztzeit wird die Linguistin Melisande Stokes von einem Regierungstypen angeheuert, um diese Geschichte der Magie mittels alter Dokumente und Artefakte zu rekonstruieren und herauszufinden, was sie genau hat verschwinden lassen. Selbstverständlich wird sie fündig, und es braucht nur noch einen findigen Wissenschaftler, der ein Gerät entwickeln kann, was Magie zumindest auf überaus begrenztem Raum wieder ermöglicht.

Was läge nun also näher, als in der Zeit zurückzureisen, um den Verlust der Magie im Hier und Heute auszugleichen. Schließlich ergäben sich ungeahnte vor allem militärische Möglichkeiten für den Staat, der Magie einsetzen könnte.

D.O.D.O. soll genau das für die US-amerikanische Regierung schaffen. Das Department of Diachronic Operations – eine offizielle und generalstabsmäßig aufgezogene Regierungsbehörde. Mit zunehmenden, erfolgreichen Missionen in die Vergangenheit wird die Behörde immer größer, wichtiger und immer mehr zum Spielball mächtiger Interessen.

Natürlich meldet sich auch die Vergangenheit zu Wort und sorgt für so einiger Überraschungen und Herausforderungen. Melisande und die ihr nahestehenden Beteiligten kommen also gut ins Schwitzen.

Ich mogele mich auch bei diesem Band ein wenig darum herum zu viel zu verraten, weil es dem Lesespass natürlich die Überraschung nähme. Ein paar Gedanken zum Roman hab ich aber noch. 😊

Grandios finde ich die sehr anschauliche beschriebene Entstehung einer Behörde. Das ist so unglaublich witzig zu lesen, wie sich im Management- und Projektsprech plötzlich alles um die korrekte Verwaltung gekümmert wird. Auf der anderen Seite stehen die Wissenschaftler, die mit Leidenschaft um der Sache willen forschen und Leib und Leben riskieren – natürlich ohne ebenso hinreichend Klischees aus dem Genre zu bedienen.

Neben diesen beiden Gruppierungen mit Interessen und Motivationen kommen schnell noch Militärs und Politiker hinzu, für die natürlich nur die Frage relevant ist, was sich mit Magie zur eigenen Machtsteigerung anfangen lässt. Gestalten mit ausgeprägtem Machtinteresse finden sich auch in der Vergangenheit. Und weil da nun andauernd Agent:innen aus der Zukunft herumlaufen, bleibt das nicht unbemerkt und sorgt für einen weiteren Plottwist. Schließlich gibt es noch die Hexen aus den verschiedenen historischen Zeiten. Verwundert es, dass auch sie anfangen, ein ganz eigenes Interesse an den Entwicklungen zu entdecken?

Großartig ist, wie Stephenson und Galland all das zu einer witzigen und gar nicht kitschen Story zusammenbauen, die mit allen einschlägigen Klischees spielt, sie aber eben nicht zu wichtig nimmt. Dafür nutzt das Duo die Möglichkeit, verschiedenen Protagonist:innen die Erzählstimme zu leihen. Das hält das Tempo über die ganze Story hinweg hoch. Und obwohl früh klar ist, wie das Ende vermutlich aussehen wird, bleibt es dennoch spannend.

Lustig ist es übrigens auch, wenn man ganz nebenher mal Dodo googelt. Das aber nur am Rande. 😊

Kurz und gut: Was soll ich lange drumherum reden? Lest Neal Stephenson! Alles!

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