Dienstag, 10. Juli 2018

Katrin Heinau: Das glückliche Leben. Eine moralische Erzählung



„An einem Morgen im März erwachte Claudina früher als nötig, ärgerte sich und blickte voll Unruhe an die Decke.“ (Seite 7)

Claudina lebt in Berlin und trennt sich gerade vom Vater ihrer Tochter. Sie sieht einer ungewissen beruflichen Zukunft entgegen und fühlt sich insgesamt recht antriebslos, nutzlos und irgendwie müde. So müde, dass sie zuweilen einfach in Schlaf fällt.

Während sie eines Tages schon mal das Jobcenter von außen besichtigt, um sich darauf einzustellen, dass sie dort landen wird, aber auch um sich abzuschrecken und Vorurteile bestätigt zu finden, spricht sie ein attraktiver Mann an. Wenig später besucht sie ihn im Berliner Umland – eine leidenschaftliche Romanze beginnt. Claudina flirtet mit ihm, mit einem Leben auf dem Land, mit einem idyllischen Leben abseits der um sich greifenden und alles erfassenden Verwertungslogik.

Nur leider hat der Typ, ich sag es mal salopp, mächtig einen an der Klatsche. Wie irgendwie alle, die Claudina innerhalb kürzester Zeit dort kennenlernt – während sie mal eben Zeugin einer Spontan-Entführung wird, die nichts weniger will, als die Welt zu ändern.

Doch leider bestimmen auch hier eben die Typen, die von ihren ganz eigenen Dämonen verfolgt werden. Claudina findet sicher wieder einmal auf dem Zuschauerplatz wider und spielt allenfalls eine Statistenrolle.

Der sich irgendwie auflösenden Entführung folgt eine Reise in einem alten Wagen nach Frankreich, die romantisch hätte werden können. Aber irgendwie dämmert ihr, dass dieses Leben doch noch eine andere Zukunft bereithalten müsste. Der Typ ist es jedenfalls nicht. Hach, und schon ist es auch wieder vorbei. Wie die Erzählung, nach 130 Seiten.

Mich lässt das Ganze ein wenig zwiegespalten zurück. Einerseits mochte ich Katrin Heinaus Erzählstil gern: Mit Tempo formuliert, witzig, überdreht und trotzdem eingängig. Mit den Figuren und der Story selbst wurde ich nicht so ganz warm. Das Überdrehte macht es schwer, finde ich, zu erkennen, worum es Heinau geht. Insbesondere die Hauptfigur Claudina bleibt für mich farblos. Ihre Passivität erschließt sich mir nicht. Vielleicht ist es aber auch genau der Effekt, den Filme gern erzeugen, dass man als Zuschauer die Figuren am liebsten anschreien möchte, damit sie das offensichtlich einfache endlich tun.

Kurz und gut: Meinen Spaß beim Lesen hatte ich, auch wenn die Story und Figuren mich nicht ganz überzeugen konnten. Vielleicht ist es aber auch eines der Büchlein, die noch länger nachhallen. Mal schauen. 😊

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