„Niemand weiß so recht, wer das Große Buch geschrieben hat.“ (Seite 7)
Nnedi Okorafor zu lesen ist ein herrlicher Rausch. Ihre Sprache bezaubert, obwohl sie kaum unnütze Ornamente oder Zierrat braucht. Ihre Geschichten bersten vor kraftvoller Fantasie.
Phönix ist eine junge Frau, kaum zwei Jahre alt, aber in einem erwachsenen Körper. Sie ist das Ergebnis genetischer Experimente und voller ungeahnter, mächtiger Kräfte. Die sie erschufen, nennen sie voller Stolz ihr Forschungsergebnis und hassen, was sie ist.
Sie lebt im Turm 7 und braucht, um zu erkennen, dass sie nicht beschützt, sondern weggesperrt wird. Dass nicht Fürsorge sie umhegt, sondern Angst vor dem, was sie ist und was sie zu tun in der Lage ist. Sie hat keine Vorstellung von ihren Kräften.
Als sie entdeckt, dass sie nicht allein ist und ihre Neugierde sie zu beängstigenden Antworten führt, bleibt ihr nichts anderes als die Flucht. Als sie gejagt wird, obwohl sie doch nur in Ruhe leben und herausfinden will, wer und was sie ist, bleibt ihr nichts anderes als sich zu wehren.
Aber ihre Schöpfer:innen können nicht nachlassen in ihrer Angst vor dem, was sie da erschufen. So stürzt Phönix sich und die ihren in Taten voller Rache. Eine Rache, die all der Angst der Menschen, die glaubten Herr ihrer Experimente zu sein, Recht gibt. Das ergibt einen episch-blutigen Kampf zwischen Gut und Böse, der die Welt an den Abgrund treiben wird.
All dies ist Geschichte. Denn wir davon, weil ein einsamer Wanderer in einer Wüstenlandschaft eine Höhle voller Computer entdeckt. Und auf einer der Festplatten, die auch nach mehr als zweihundert Jahren noch etwas Strom hat, schlummert eine Datei „Erinnerungsextrakte“.
„Extrakt Nummer fünf, Das Buch des Phönix“ ist die Geschichte von Phönix, ein Märchen aus unserer zukünftigen Vergangenheit. Eine Zukunft voller Technik und Möglichkeiten, die die Menschheit in ihrer unendlichen Hybris zerschlug, so dass von ihr nicht viel mehr als ein Haufen kaum nutzbarer Computerschrott bleiben wird. Eine bittere Erinnerung, weil die wenigen Menschen, die noch leben, kaum noch ermessen können, zu was die Menschheit einmal in der Lage war.
Das ist düster. Das ist eine Warnung. Aber da ist auch die Hoffnung, dass wir es noch besser machen könnten, als es uns so fabelhafte Autor:innen vor Augen halten.
In Bezug auf die Bücher Nnedi Okorafors hab ich das schon einmal geschrieben und wiederhole es gern. Es ist ein großer Verdienst von Cross Cult, ihre Bücher ins Deutsche übersetzt zu haben und uns hier zugänglich zu machen. Ich bin sicher, kämen diese Werke heute in einem großen Publikumsverlag heraus, wären sie auf jeden Fall Bestseller. Und zurecht.
Kurz und gut: Entdeckt Nnedi Okorafor! Lesen, unbedingt!
(Übersetzung: Claudia Kern)
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