Sonntag, 13. Juli 2025

Mosaik #595


Puh, dann schlägt doch manchmal das richtige Leben da draußen zu: Mutti zu Besuch, runder Geburtstag, viele Einsätze als Kommunikationstrainer und Moderator … ach, ich beklage mich ja gar nicht. 😉

Als Lebenszeichen oder Lesezeichen (Wortspiel, gelle ^^) sei dieses monatlich eintrudelnde ganz wunderbar bunte Heft. Lieben wir! 😉

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Mittwoch, 18. Juni 2025

Ocean Vuong: Der Kaiser der Freude


„Ocean Vuongs neuer, atemberaubender Roman nach dem Welterfolg von Auf Erden sind wir kurz grandios. Poetisch und komisch, eindringlich und mit außergewöhnlicher Intimität erzählt Vuong von ‚schönen kleinen Losern‘ in einem trostlosen Industriekaff Amerikas und von der Freundschaft zwischen einem jungen Mann und einer alten Frau, jenseits aller Grenzen von Identität und Familie.“ (Umschlagtext)

Ja, natürlich müssen Verlage Bücher, die sie veröffentlichen, auch ordentlich anpreisen. Ich fand den Debütroman von Ocean Vuong auch tatsächlich grandios, auch mit dem unverkennbar im Lyrischen fußenden Talent des Autors.

Man (hihi) darf also gespannt sein, wie dieser zweite Roman so geraten ist. Die Schlagworte aus der Beschreibung versprechen ja so einiges.

„Der queere Hai, Sohn einer vietnamesischen Mutter, lebt in East Gladness, einem heruntergekommenen Ort in New England. Auf den Straßen hängen noch die Schilder der Obama-Kampagne ‚Yes, we can‘, doch Hai schluckt Pillen und denkt an Selbstmord. Bis er Grazina aus Litauen kennenlernt, eine Überlebende des Zweiten Weltkriegs, in deren Kopf die unerlösten Geister ihres Lebens schwirren. Hai wird ihr Pfleger und fängt an, in einem Diner zu arbeiten, mit dessen Belegschaft er sich solidarisiert – alles Underdogs wie er, die ‚in dieser angeblich freien Welt aus Arbeit, Schlaf und beschissenen Kuchen gefangen sind.‘“ (Klappentext)

(Übersetzung: Anne-Kristin Mittag/ Nikolaus Stingl)

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Sonntag, 15. Juni 2025

Philipp Blom: Die Unterwerfung. Anfang und Ende der menschlichen Herrschaft über die Natur


„Woher kommt die Obsession, der Mensch müsse die Natur beherrschen? Philipp Blom verfolgt in seiner Universalgeschichte über die Unterwerfung der Natur den Ursprung einer Idee, die den Planeten an den Rand des Abgrunds getrieben hat.“ (Umschlagtext)

Mal wieder sind es Tage, an denen sich der Blick aufs Große und Ganze oder auf eine Universalgeschichte ein wenig wie Eskapismus anfühlt. Vielleicht steckt da ja auch ein Körnchen Wahrheit drin. Andererseits sind die Klimakrise und all das, was die Menschen der Erde und der Natur und damit sich selbst antun ja nicht weg, nur weil im Hier und Jetzt dramatische und schlimme Dinge passieren.

Möglicherweise braucht es ja zum Verständnis des Heute auch den Blick zurück, um wenigstens dein Hauch einer Idee entwickeln zu können, wie es mal wieder besser werden könnte. Oder die Hoffnung in die Menschheit nicht ganz zu verlieren.

„‘Macht euch die Erde untertan‘: Vor rund 3000 Jahren legte der Autor der Genesis seinem Schöpfer diesen Satz in den Mund. Damit war die Idee geboren, dass der Mensch eine Sonderstellung auf der Erde einnimmt und deren Ressourcen rücksichtslos ausbeuten darf. Sie war so stark, dass sie sich über den ganzen Planeten verbreitete. Wer sich ihr widersetzte, bekam es mit Kolonisatoren und Geschäftemachern zu tun, die sich auf angeblich höhere Wesen beriefen. In seiner Universalgeschichte der Umwelt erzählt Philipp Blom die Geschichte der Unterwerfung der Natur, deren Konsequenzen die Menschheit heute an den Rand des Abgrunds führen. Nur wenn sie sich von dem Wahn befreit, über der Natur zu stehen, bleibt ihr die Chance, zu überleben.“ (Verlagstext)

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Montag, 9. Juni 2025

Christoph Hein: Das Narrenschiff


„Ein Staat wird – wie alle Staaten – gegründet für alle Ewigkeit und verschwindet nach vierzig Jahren nahezu spurlos. Sind die Menschen, die dort einmal lebten, dem Vergessen anheimgefallen und ihre Träume nur ein kurzer Hauch im epochalen Wind der Zeitläufte?
In seinem neuen Roman erzählt Christoph Hein die Geschichte der DDR und ihrer Bürgerinnen und Bürger, von der Staatsgründung bis zum Mauerfall.“ (Umschlagtext)

Ja, es war so klar. Einmal dieser Autor, zu dem ich immer mal wieder zurückkehre. Dann das Thema, um das ich ja auch immer wieder kreise. Und – es ist ein dickes Buch. 😊

Auf der #lbm hab ich noch überlegt, dass ich ja eigentlich auf das Taschenbuch warten kann. Die Lesestapel sind ja ohnehin hoch genug. In der besten #buchdisko von allen konnte ich dann aber doch nicht widerstehen. So ein epochal angelegter Roman braucht ja schon auch ein angemessenes Äußeres. 😉

Egal, wie viel ich inzwischen in den verschiedensten Formen über dieses kleine untergegangene Land gelesen und gehört habe, so ist es offenbar für mich immer noch nicht auserzählt. Ich bin also mal wieder gespannt. Dieses Mal darauf, welches Kapitel Hein diesem Stück Zeitgeschichte hinzufügen kann. Bitte sei gut.

„In seinem fulminanten Gesellschaftsroman lässt Christoph Hein Frauen und Männer aufeinandertreffen, denen bei der Gründung der DDR unterschiedlichste Rollen zuteilwerden, begleitet sie durch die dramatischen Entwicklungen einer im Werden befindlichen Gesellschaft, die das bessere Deutschland zu repräsentieren vermeint und doch von einem Scheitern zum nächsten eilt. Überzeugte Kommunisten, ehemals begeisterte Nazis, in Intrigen verstrickte Funktionäre, ihre Bürgerlichkeit in den Realsozialismus hinüberrettende Intellektuelle, Schuhverkäufer, Kellner, Fabrikarbeiter, Hausmeister und selbst ein hoher Stasi-Mann erkennen auf die eine oder andere Art ihre Zugehörigkeit zu einer unfreiwilligen Mannschaft an Bord eines Gemeinwesens, das sie zunehmend als Narrenschiff wahrnehmen und dessen Kurs auf immer bedrohlichere historische Klippen ausgerichtet ist.“ (Klappentext)

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Sonntag, 8. Juni 2025

Tim Henning/ Nikola Kompa/ Christian Nimtz: Die dunkle Seite der Sprache. Wie Worte ausgrenzen, abwerten und manipulieren


„Unsere Sprache hat eine dunkle Seite: Sie stellt uns nicht nur die Mittel bereit, mit denen wir uns verständigen und unsere Welt erschließen, sondern dieselben Mittel laden auch dazu ein, andere zu diskriminieren (‚Asylbewerber sind kriminell‘), kommunikativ zu entmächtigen (Mansplaining), herabzuwürdigen (‚OK Boomer‘) oder schlicht Bullshit zu erzählen (‚Sie essen die Katzen‘).

Tim Henning, Nikola Kompa und Christian Nimtz widmen sich einer philosophischen Erkundung dieser düsteren Rückseite unserer Sprache. Sie zeigen uns, dass die sprachlichen Formen der Ausgrenzung oder Verschleierung vor allem deshalb so mächtig sind, weil sie auf Mechanismen unserer Kommunikation beruhen, denen wir uns kaum bewusst sind. Das verlangt nach einem kritischen philosophischen Blick – um den fraglichen Mechanismen einen Teil ihrer Macht zu nehmen und die aufgeregten Diskussionen über unseren Sprachgebrauch zu versachlichen.“ (Umschlagtext)

Es gibt ja eher selten einen Workshop in Rhetorik oder Kommunikation, in dem nicht früher oder später nach Schwarzer Rhetorik oder den bösen Tricks gefragt wird. Menschen haben also offenbar ein Gespür dafür, welche auch negative Kraft der Sprache innewohnt – und wollen es gern genauer wissen (oder womöglich auch anwenden können).

Natürlich bin ich selbst neugierig, was in diesem Band dazu vorgestellt wird. Wie so oft bin ich aber noch neugieriger, was für positive Vorschläge zum Umgang damit so präsentiert werden.

Außerdem hab ich die Buchvorstellung der drei Autor:innen auf der diesjährigen #lbm kurz erleben können und siehe da, nicht so viel später findet sich das vorgestellte Buch auf meinem Lesestapel. 😊

„Die Sprachphilosophie gehört zu den wichtigsten Feldern der modernen Philosophie. Bisher hat die Öffentlichkeit von ihr aber kaum Notiz genommen. Das sollte sich ändern, denn unsere gesellschaftliche Debatte hat sich mittlerweile auch auf unseren Sprachgebrauch selbst ausgedehnt. Tim Henning, Nikola Kompa und Christian Nimtz erklären die spannendsten philosophischen Erkenntnisse über Bad Language auf verständliche und anschauliche Weise. Welche verborgenen Funktionsweisen unserer Kommunikation machen es möglich, Menschen nachhaltig zu stigmatisieren, offen zu lügen oder hochproblematische Hintergrundannahmen in unser Gespräch einzuschmuggeln, ohne dass wir das unmittelbar verhindern könnten? Und was lässt sich dagegen unternehmen?“ (Klappentext)

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Freitag, 6. Juni 2025

Karl Geary: Montpelier Parade


„‘Die Welt ist ´n gruseliger Ort.‘“ (Seite 7)

Und das ist die Geschichte von Sonny, der trotzdem einen Sonnenstrahl entdeckt.

Gruselig ist die Welt, wenn du auf der falschen Seite des Zauns aufwächst. Wenn deine Eltern sich abstrampeln, aber dennoch auf keinen grünen Zweig kommen und darüber, jeder auf seine Art, verbittern. Wenn deine Brüder schon lange einen Bogen um euren Vater machen, der jedes kleine Zubrot mit Handwerksarbeiten gleich wieder verspielt, für den kleinen Funken Hoffnung auf Glück. Wenn du schon lange keinen Weg mehr findest, mit deiner Mutter zu reden, geschweige denn Nähe zuzulassen, weil Gefühle und Träume in der harten Welt, in der deine Familie lebt, keine Rolle spielen. Wenn es auch keine Rolle spielt, was du dir für dein Leben erhoffst, denn das sind nur Spinnereien, die keinen Einkauf bezahlen.

Sonny jobbt neben der Schule in einer Fleischerei. Auch das ist gruselig, aber seine Mutter will ihn unbedingt dort für eine Ausbildung unterbringen. Außerdem hilft er seinem Vater bei dessen Gelegenheitsarbeiten. Eine der wenigen Möglichkeiten, ihm einmal nahezukommen, beim gemeinsamen Schuften. Das Leben ist also reichlich trüb, wozu das regnerische Wetter und die kühlen Temperaturen in Dublin passen.

Sonnys Leben ist trist und grau, das wird schnell und wirkungsvoll klar. Und es gibt eigentlich kein Entrinnen und keine Zukunft. Wenigstens keine, die anders aussähe als diese Gegenwart

Ganz unscheinbar und unerwartet drängt sich dann doch in all die traurige Routine ein Sonnenstrahl, als Sonny seinem Vater bei einer alten Villa an der Montpelier Parade beim Ausbessern einer Mauer hilft. Sonny weiß es noch nicht, ahnt es vielleicht, dass der kurze Auftritt der Hausherrin, einer Britin hier in Irland, diesen zarten Sonnenstrahl das Grau durchbrechen lässt.

Schon längst wieder zu Hause lässt Sonny die zerbrechlich wirkende Frau, um einiges älter als der Teenager, nicht zur Ruhe kommen. Ist es ihre ungewohnte Zartheit, die Fremdheit der Britin, die zierliche Frau allein in der großen Villa – immer wieder kehrt er zu dem Haus zurück, unter Vorwänden und beobachtet sie. In ihrer Abwesenheit zieht es ihn in das Haus, um sie, ihr Leben – beides so fremd – zu enträtseln.

Durch das Küchenfenster entdeckt er eines Tages Vera, die offensichtlich in klarer Absicht eine Überdosis Tabletten zu sich genommen hat. Sonny sorgt dafür, dass sie gerettet wird und durchstreift einmal mehr das Haus, in dem es unter anderem Unmengen von Büchern gibt. Etwas treibt ihn dazu, sich eines auszuleihen. Vielleicht, um einen Weg zu Vera zu finden? Vera, die keinesfalls dankbar für ihre Rettung ist, als er sie schließlich im Krankenhaus besucht.

Später, sie ist wieder zuhause, wird er durchnässt vom Regen vor ihrer Tür stehen, ohne recht zu wissen warum. Sie wird ihn schließlich hereinlassen, ins Bad schicken und ja, Sonny wird in Veras Bett landen. Und das erzählt Karl Geary ganz wunderbar, zerbrechlich und rau zugleich.

Es ist gar nicht so wichtig, an die Geschichte von Sonny und Vera für die Zeit, die sie andauert, ein Etikett anzuheften. Was zählt, dass sich hier zwei Menschen in sehr zerbrechlichen Momenten begegnen. Und für Sonny bedeutet das diesen einen Sonnenstrahl, der immerhin die Möglichkeit erahnen lässt, dass das Leben auch anders sein könnte, etwas anderes für ihn bereithalten könnte als seine Mutter und sein Vater und seine Brüder zu sehen vermögen.

Die Erzählstimme sticht dabei heraus, weil sie einerseits durchgängig Sonny anspricht und damit zugleich die Leser:innen. Aber auch ihre Ruppigkeit, die den Verhältnissen entspricht, die doch zugleich eine Verwundbarkeit zeigt, die blutrot in diesem einzelnen Sonnenstrahl funkelt.

Kurz und gut: All die begeisterten Zitate auf dem Buchumschlag haben vollkommen recht. Deswegen erst recht: Lesen!

(Übersetzung: Mayela Gerhardt)

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Donnerstag, 5. Juni 2025

Tom Holland: Herrschaft. Die Entstehung des Westens


„Ungefähr drei oder vier Jahrzehnte vor Christi Geburt wurde auf dem römischen Esquilin Roms erster beheizter Swimmingpool erbaut.“ (Seite 11)

Christliches Abendland und christliche Werte – da winken wir in der säkularisierten Postmoderne, oder wo auch immer wir gerade drinstecken, ja gerne mal ab. Mit diesem dicken Schinken in der Hand fällt das Abwinken nicht mehr so leicht. Also buchstäblich und im übertragenen Sinn. 😊

Es kommt ja schon vor, dass Ereignisse mich dazu bringen, bestimmte Bücher in die Hand zu nehmen und auf dem Lesestapel vorzuziehen. Viel seltener ist es, dass ich etwas zu lesen beginne und plötzlich sagt die Gegenwart: Hallo, ich habe da Ereignisse für dich.

Vor Ostern hatte ich mit dem Buch angefangen. Der Tod von Papst Franziskus rief mir diesen Zusammenhang überhaupt erst ins Gedächtnis. Und während dann die Beerdigung von Franziskus medial verbreitet wurde und während der Wahl seines Nachfolgers und dessen erstem Auftritt, las ich das Buch zu Ende. Wie passend eigentlich, weil es die Verbindung zwischen der Geschichte des Christentums und der Welt, in der ich lebe, zum Thema hat.

Nun hatte ich ohnehin schon die Papstbegräbnisse und Papstwahlen während meines Erwachsenenlebens im Fernsehen verfolgt, auch als Atheist ohne jegliche religiöse Vorbildung. Die Macht des Rituals und der Bilder ist das, was mich tatsächlich immer wieder fasziniert. Vielleicht auch gerade weil das nichts mit meinem Leben zu tun hat.

Und genau der letzte Punkt ist ja das, worüber sich dann doch in Politik oder in der Geschichte immer wieder gut stolpern lässt. Lassen wir die wohlfeilen Balkonreden mal außen vor, in denen (zumeist konservative oder rechtslastige) Politiker:innen die christlichen Werte beschwören. Diese Phrasen erreichen mich nie und vermutlich nicht mal die jeweiligen Sprecher:innen selbst.

Die Querverbindung von Nächstenliebe zu Menschenrechten dagegen ist zum Beispiel sofort greifbar und einfach naheliegend. Überhaupt scheinen ja moderne eher progressive/linke Werte und Wertvorstellungen doch ihre Widerspiegelung im christlichen Glauben zu finden. Was also kann Tom Holland dazu berichten?

In dem Band bietet der Autor eine große Reise durch die Jahrhunderte aus, beginnend mit der antiken Welt in der Zeit, in der das Christentum auftaucht. Das Gegeneinanderstellen der bis dahin verbreiteten Vorstellungen von Göttlichkeit und Glauben auf der einen, und den ersten christlichen Überzeugungen andererseits, macht sehr anschaulich, wie revolutionär die Verkündigungen der ersten Christen in dieser Welt gewirkt haben müssen.

Holland verfolgt den Weg des christlichen Glaubens und seiner Träger:innen weiter und schildert den langen Weg, den es brauchte, bis das Christentum tatsächlich ein Machtfaktor in der diesseitigen Welt wurde. Zugleich sind diese Jahrhunderte natürlich prägend für das Selbstverständnis, vielleicht nicht immer der späteren Kirche, aber wenigstens für viele gläubige Menschen.

Immer wieder schildert der Autor disruptive Momente in der Geschichte des Christentums, die erst später auch die Geschichte der Katholischen Kirche wird. Tatsächlich erhellend ist dabei, wie sehr offenbar die uns selbstverständliche Säkularisierung, also die Trennung der religiösen und der weltlichen Sphäre, auf schon revolutionäre Umbrüche innerhalb des Christentums zurückgeht. Um nur ein prägnantes Beispiel zu erwähnen.

Beeindruckend sind die langen Linien, die Holland hier über so viele Jahrhunderte hinweg entwirft. Dazu nutzt er historische und religiöse Szenen und Persönlichkeiten, um von Kapitel zu Kapitel mit großer erzählerischer Finesse diese Entwicklungen kenntlich und greifbar zu machen. Diese Anschaulichkeit hilft beim Hinterfragen so mancher scheinbar atheistischer oder säkularisierter Wertvorstellungen und verdeutlicht die bis heute so prägende Kraft christlicher Erzählungen und auch christlichen Wirkens – im Guten wie im Schlechten.

Zwischen dem Eintauchen in dieses Werk immer wieder im Hier und Jetzt anhand der Bilder aus dem Vatikan die bedeutungsschwere Wirkmächtigkeit religiöser Inszenierungen zu sehen und zu spüren, dass sie auch in der Zeit von Social Media und TikTok-Tänzen noch auszustrahlen vermögen, ist faszinierend.

Mal ganz abgesehen davon, dass wirklich gut geschriebene historische Arbeiten einfach ohnehin schon Spaß an der Auseinandersetzung mit der Vergangenheit machen. 😉

Kurz und gut: Wahrlich keine abwegige Lektüre für politische Menschen in der westlichen Welt im 21. Jahrhundert. Lesen!

(Übersetzung: Susanne Held)

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Sonntag, 1. Juni 2025

Carlos Ruiz Zafón: Das Labyrinth der Lichter


„In jener Nacht träumte ich, ich kehrte in den Friedhof der Vergessenen Bücher zurück.“ (Seite 9)

Puh, es ist über 20 Jahre her, dass ich das erste Mal den Friedhof der Vergessenen Bücher entdeckt habe. Das war im Schatten des Windes, dem ersten von vier Bänden, die lose miteinander verbunden sind. Und was hatte ich damals für Schnappatmung, wie so viele andere auch. 😉

Dies also ist der vierte und letzte Band, der zurück ins Barcelona der späten fünfziger Jahre des letzten Jahrhunderts führt.

Ein Minister des Franco-Regimes ist verschwunden, dessen Vorgeschichte in das Barcelona der Kriegsjahre zurückführt. Alicia Gris, die junge Hauptfigur dieses Bandes, arbeitet für die Politische Polizei und stammt selbst aus der Stadt. Die Erzählung folgt ihr bei ihren Ermittlungen, die, natürlich, immer verworrener werden, und Alicia zwingen, sich ihrer eigenen Geschichte zu stellen.

Die Buchhandlung Sempere & Söhne spielt natürlich auch in dieser Geschichte wieder eine Rolle und ist auch immer noch eng verbunden mit dem Friedhof der Vergessenen Bücher. Auch der darf als Schauplatz der rasanten Story natürlich nicht fehlen.

Das klingt schon fast alles zu klischeebeladen und modelhaft, ist es aber auch hier nicht. Auch der vierte Band lebt einerseits von der sicher romantisierten Vorstellung Barcelonas – verregnete Straßen, gesäumt von mysteriösen mondänen Gebäuden inmitten verwunschener Gärten. Kauzige Gestalten mit verworrenen Lebensläufen. Aber auch hier bieten die Geschichte des Spanischen Bürgerkriegs und die dunkle Zeit des Franco-Regimes wiederum einen Hintergrund, der den Postkartenkitsch dann doch nicht so recht bestehen lässt.

So sind es gerade die Lebensläufe des Personals, die – Unterhaltung hin oder her – natürlich auch für die Geschichte des Landes und der Stadt stehen. Die einen wehrten sich nach Kräften auf der Seite der Republik gegen die Faschisten. Andere bauten auf ihrer Unterstützung Francos ihre spätere Kariere auf, wie zum Beispiel der verschwundene Minister.

Und der Roman erspart dem Publikum auch nicht, mit wie viel Rachsucht und Brutalität das Regime nach seinem Sieg vorging, um gegen Widerständler:innen vorzugehen. Dabei spielte neben Politischem eben auch die ganz persönliche Rache eine Rolle, die oft genug aus Nachbarn oder Freunden erbitterte Feinde werden ließ.

Sicher, es gibt Romane und Sachbücher, die diese Geschichte sehr viel dezidierter wiedergeben. Zafón gelingt es für meinen Geschmack aber auch in diesem Band, nicht einfach nur eine spannende fiktionale Geschichte zu erzählen, sondern eben die Geschichte der Stadt und ihrer Menschen mit einzuweben.

Da ich selbst noch nie in Barcelona war, außer in inzwischen wirklich zahlreichen literarischen Ausflügen, kann ich nicht sagen, ob sich das Barcelona der Romane denn wirklich in der Stadt wiedererkennen lässt. Bis ich es dann doch mal mit eigenen Augen gesehen habe, will ich das aber einfach mal annehmen. 😊

Abgesehen davon, dass ein literarisches Barcelona mich also nun oft genug schon erfolgreich gekriegt hat, war es aber die Idee des Friedhofs der Vergessenen Bücher, die sich mir eingebrannt hat.

Da ist also ein äußerlich heruntergekommener Palast, der in sich eine verwinkelte, unendlich große Bibliothek verbirgt. Man kommt nicht einfach durch die Tür hereinspaziert. Natürlich braucht es etwas, dass einem Ritual, einer Initiation gleichkommt. Belohnt wird man dafür mit dieser nicht zu zählenden Menge an Büchern, die dem Vergessen anheimgefallen sind.

Vielleicht wurde ihre Bedeutung bei Erscheinen nicht erkannt; mal waren die Autor:innen Verfemte, Verfolgte, absichtlich ins Vergessen Gestoßene.

Wer an den Regalen entlang stöbert, sich vertieft, festliest und weitersucht, wird womöglich irgendwann damit belohnt, dass eines der Bücher sich als besonders enttarnt. Und nun ist der oder die Finderin gewissermaßen als Pat:in für dieses Buch verantwortlich. Ich finde diese Idee und dieses Bild ganz wunderbar.

Kurz und gut: Der beste Grund, alle vier Romane rund um den Friedhof der Vergessenen Bücher direkt noch einmal zu lesen. Lesen, los! 😉

(Übersetzung: Peter Schwaar)

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Samstag, 31. Mai 2025

Mario Vargas Llosa: Die jungen Hunde


„‘Die jungen Hunde‘ bestätigen die Meisterschaft es Autors, Stimmen, Konflikte und Persönlichkeiten einzufangen … Sein unermüdlicher Wille schafft sich das notwendige Instrumentarium, diese Gesellschaft in totalen Visionen, Mythen und Metaphern von autonomer Gültigkeit vorzustellen. José Miguel Oviedo“ (Umschlagtext)

Das erste Mal las ich in den frühen Neunzigern etwas von Vargas Llosa: Lob der Stiefmutter. Mit seinen wunderbaren Anspielungen genau das Richtige für einen pubertierenden Hormonbatzen. 😊

Wie viel mehr der spätere Nobelpreisträger so geschrieben hat, habe ich dann erst nach und nach entdeckt und über die Jahre auch schon etliches gelesen. Meine Leseliste zu diesem Autor ist aber noch lange nicht durch. Ich füge mal diese Novelle hinzu, die mir bei der besten aller Buchdealerinnen in die Hände fiel. 😉

„Die Novelle aus dem Jahr 1967, seine literarische Kostbarkeit von zentraler Bedeutung, schließt sich thematisch an Vargas Llosas Roman Die Stadt und die Hunde (st 622), formal an den Roman Das grüne Haus (st 342) an. Die jungen Hunde schildert die Unmöglichkeit für ‚Schwanz Cuéllar‘, den sexuell verstümmelten Jugendlichen, sich in der Welt der ‚normalen‘ Erwachsenen einzugliedern. Cuéllars Person wird nach und nach vernichtet; er kann nie ‚ein ganzer Mann‘ sein und ist unfähig, einen anderen Lebensinhalt zu finden. J.M. Oviedo schreibt in seinem Nachwort: ‚Die größte Originalität der Erzählung liegt weder in dem komischen Realismus noch in dem gesellschaftlichen Symbolismus, sondern in der Erfindung einer Form, die eines der kühnsten formellen Experimente innerhalb der spanischen Sprache darstellt.‘“ (Verlagstext)

(Übersetzung: Wolfgang Alexander Luchting)

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Donnerstag, 29. Mai 2025

Johannes Hillje: Mehr Emotionen wagen. Wie wir Angst, Hoffnung und Wut nicht dem Populismus überlassen


„Das Scheitern der reinen Sachlichkeit

Populisten und Extremisten dominieren die politischen Emotionen. Sie schüren nicht nur Wut, sondern gelten ihren Anhängern auch als Hoffnungsträger. Demokratische Kräfte wirken dagegen oft blutleer und technokratisch Dabei lehrt die Geschichte, dass man die Emotionen nicht den Radikalen überlassen darf. Dieses Buch fordert ein Umdenken und zeigt, wie Emotionen zur Politik gehören und in den Dienst der Demokratie gestellt werden können. Anhand von eigenen Studien und konkreten Beispielen beweist Johannes Hillje, dass Hoffnung, Wut und Angst zu einer neuen demokratischen Emotionskultur gehören.“ (Umschlagtext)

Dass Parteien und politische Vertreter:innen nicht nur um die Köpfe, sondern auch um die Herzen ringen wollen, ist jetzt keine Neuigkeit. Behauptet wird das zumindest schon lange. Gleichzeitig tun wir ja alle gern so, als ginge es immer nur um das bessere Argument. Spätestens, wenn mein eigener politischer Kompass angesprochen wird, damit ich entscheiden kann, ob ich etwas gut oder richtig finde, ist das natürlich nicht nur rational. Denn der Kompass richtet sich aus an meiner Sicht auf die Welt, an meinen Einstellungen und Werten. Auf diesem durchaus auch emotionalen Fundament kann ich dann im besten Fall rational argumentieren.

Trotzdem ist die Beobachtung ja nicht falsch, dass zum Beispiel der Rückbezug von Politik auf Expert:innen für dies oder das Debatten oft bürokratisiert, sehr technisch klingen lässt, selbst wenn die Frage, um die es geht im Kern eine Wertefrage ist. Populisten gehen diesen Umweg nicht und zielen dagegen direkt auf die Emotion.

Ich bin gespannt, ob der Band Neues in die Debatte um den Umgang mit Populismus beitragen kann und was für Lösungen der Autor so vorschlägt. 😉

„Der demokratischen Mitte fehlt es an probaten Mitteln gegen Populismus. Die Strategie der Sachlichkeit ist gescheitert. Allein mit Fakten ist gegen Fakes und Lügen nicht anzukommen. Gleichzeitig ist die Sehnsucht nach wirksamen Lösungen gepaart mit einer emotionalen Ansprache groß. Höchste Zeit für eine emotionale Wende!
Doch wie spricht man Emotionen an, ohne die Demokratie zu gefährden? Und wie kann daraus eine neue Kultur der demokratischen Emotionalisierung entstehen? In ‚Mehr Emotionen wagen‘ bietet Johannes Hillje konkrete Ansätze, wie demokratische Kräfte kontroverse Themen wie Migration und Klima emotional, aber nicht populistisch kommunizieren und Radikale und Populisten in ihre Schranken weisen können.“ (Klappentext)

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Freitag, 23. Mai 2025

Mosaik #594


Die Entdeckung Alaskas – passt doch zum unangenehm kalten Maitag. Oder auch: Männer, die auf Balkonen starren. 😉

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Mittwoch, 21. Mai 2025

Jonas Christian Ulrich: Auf die Fresse!


„Hauptberuflich sind Kalle, Maik und Lars Totalversager. Sie teilen eine Leidenschaft: Fußball. Bald zählt auch Uschi, die Freundin von Lars, zu den eingeschworenen Fans des BFC DYNAMO, des Rekordmeisters der DDR-Oberliga. Lang ist´s her! Aber in dieser Saison tritt der Verein als Berliner Landesmeister im DFB-Pokal an. Der nächste Gegner ist ausgerechnet BAYERN MÜNCHEN! Allerdings haben die vier bundesweites Stadionverbot. Das größte Spiel seit der Wende und sie dürfen nicht dabei sein? Uli Hoeneß – wir kommen! In einem zusammengeflickten Trabi, ohne Geld und Restvernunft, verfolgt vom Imagebeauftragten des BFC und von der Polizei, schlagen sie sich durch zur Allianz-Arena.

EIN VERRÜCKTER ROADTRIP AUF DER SUCHE NACH EINEM GROSSEN BISSEN LEBEN UND DEM ECHTEN FUSSBALL.“ (Umschlagtext)

Endlich da. Bei der Premierenlesung mit Jonas Christian Ulrich anlässlich der #lbm in der Moritzbastei in Leipzig war das Buch noch nicht lieferbar. Nun kann ich die Geschichte selbst nachlesen. Obwohl die Lesung von Jonas ja sehr fetzig war. Sagt man das noch? 😉

Egal, ich bin nicht sicher, ob ich nach dem Roman mehr Bezug zum Fußball und zu Fankultur haben werde. Aber dieser Roadtrip wird erzählerisch ganz sicher Spaß machen. 😊

In diesem Sinne seien dem Buch und Jonas ganz viele Leser:innen gewünscht!

Achja, Jonas, ich fange nicht eher an zu lesen, bis du dieses Exemplar signiert hast! Harharhar! 😉

„Der frisch auf Sozialarbeiter umgeschulte Maik hat seinen ersten Arbeitstag. Als Fanbeauftragter soll er die Hools im Stadion bei Laune halten. Nicht leicht, wenn die alten Erzrivalen UNION BERLIN und BFC DYNAMO gegeneinander antreten. Er hat sich bestens vorbereitet, und doch ist er es, der eine Rauchbombe wirft, eine Schlägerei auslöst und sich in einer Polizeiwanne wiederfindet. Und mit ihm der Ex-Boxer Lars, die schöne Uschi und der Rollstuhlfahrer Kalle, dem die frechen Sprüche und Schlachtrufe nie ausgehen. Aber das ist nur der Anfang eines großen Abenteuers, das sie zum tollsten Fußballspiel aller Zeiten führt und auch sonst noch einiges in ihrem Leben umkrempelt.“ (Verlagstext)

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Dienstag, 20. Mai 2025

Leor Zmigrod: Das ideologische Gehirn. Wie politische Überzeugungen wirklich entstehen


„Das ideologische Gehirn leistet unverzichtbare Aufklärung in Zeiten maximaler Polarisierung. Die Wissenschaftlerin und Pionierin der politischen Neurobiologie Leor Zmigrod etabliert ein neues Verständnis davon, wie unsere Überzeugungen entstehen und was wirklich helfen kann im Kampf gegen das, was unsere Demokratie grundlegend gefährdet.“ (Umschlagtext)

Ok, ich bin neugierig. Es kam und kommt ja immer wieder vor, dass Theorien oder Studien auftauchen, die nahelegen, alle Mögliche sei biologisch vorherbestimmt. Wie war das zum Beispiel noch gleich mit der Entscheidungsfreiheit, wenn das Hirn schon Signale funkt, bevor ein Entschluss bewusst getroffen wurde etc.?! Trotzdem bin ich natürlich schon gespannt, was eine politische Neurobiologie nun bedeuten und beinhalten soll. Auch wenn ich zugeben muss, dass ich schon vorm Lesen Widerspruch in mir aufkeimen spüre. 😉

Neurobiologische Grundlagen von politischen Werthaltungen klingt irgendwie verdächtig ähnlich zu „kriminellen Genen“ und was da noch so gern fabuliert wird. Gleichzeitig fällt natürlich auf, dass Ideologien natürlich einen starken Einfluss auf Menschen und ihre Entscheidungen, Handlungen ausüben – soweit, dass man sich manchmal fragt, ob da der „gesunde Menschenverstand“ ausgeschaltet wurde.

Also, erstmal lesen und gespannt sein, was das Buch zu bieten hat. 😊

„Mit nur 29 Jahren gilt Leor Zmigrod als Begründerin eines neuen Wissenschaftsfelds: der politischen Neurobiologie. Darin erforscht sie den Zusammenhang zwischen politischen Einstellungen und der Biologie unseres Gehirns. Sie zeigt, dass unsere Überzeugungen nicht als flüchtige Gedanken losgelöst von unseren Körpern existieren. Vielmehr verändern Ideologien unser Gehirn. Und zur gleichen Zeit macht eine bestimmte neurobiologische Veranlagung empfänglich für gewisse Glaubenssätze. Weshalb sie mit einem einfachen Kartensortier-Experiment beispielsweise in der Lage ist, erschreckend akkurat auf die Weltsicht ihrer Probanden zu schließen. In zahlreichen weiteren Experimenten beweist sie den Konnex zwischen extremen politischen Positionen und unserem Gehirn und revolutioniert damit unsere Vorstellungen von Radikalisierung, Extremismus, demokratischer Meinungsbildung.“ (Verlagstext)

(Übersetzung: Matthias Strobel)

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Donnerstag, 15. Mai 2025

Charlotte von Mahlsdorf: Ich bin meine eigene Frau. Ein Leben


„Das Leben der Charlotte von Mahlsdorf, 1928 in Berlin geboren, war ein ungewöhnliches: Die trans Frau wuchs unter einem tyrannischen Vater im nationalsozialistischen Deutschland auf und eröffnete 1960 mit ihrer Sammlung, die sie unter widrigsten Umständen zusammengetragen hatte, das Gründerzeitmuseum im Gutshaus Mahlsdorf. Die couragierte Aktivistin, die sich auch gegen das SED-System behauptete, emigrierte 1997 aufgrund neonazistischer Angriffe nach Schweden und starb 2022.

Ihre spannende Autobiografie, die 1992 zum ersten Mal erschien, ist aufwühlend, witzig, frivol – und auch nach 30 Jahren noch aktuell. Mit der Neuauflage kehrt Ich bin meine eigene Frau endlich wieder zurück in den Buchhandel.“ (Umschlagtext)

Ein dickes Danke geht an den Jaron Verlag für die Wiederauflage des Buches und für das Rezensionsexemplar!

Wie vielen anderen ist mir Charlotte von Mahlsdorf schon lange ein Begriff; ich kann mich auch an Interviewschnipsel erinnern. Selbst der Buchtitel ist mir schon lange bekannt. Es wird also Zeit, den Text endlich mal zu lesen. 😉

„CHARLOTTE VON MAHLSDORF, 1928 in Berlin geboren, war die Gründerin des Gründerzeitmuseums Mahlsdorf. Als couragierte Aktivistin setzte sie sich für die queere Szene ein und ist bis heute eine der bekanntesten trans Frauen Deutschlands. Sie entdeckte schon als Kind und Jugendliche ihre Begeisterung für das Sammeln von Gründerzeitmöbeln, arbeitete von 1949 bis 1971 im Märkischen Museum und begann 1958 gleichzeitig mit dem Wiederaufbau des Gutshauses Mahlsdorf. 1960 eröffnete sie hier das Gründerzeitmuseum, das bis heute vom Förderverein Gutshaus Mahlsdorf betrieben wird. Charlotte von Mahlsdorf emigrierte 1997 aufgrund neonazistischer Angriffe nach Schweden und starb 2002 bei einem Besuch in Berlin.“ (Verlagstext)

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Samstag, 10. Mai 2025

Paul Lynch: Das Lied des Propheten


„An einem regennassen Abend in Dublin öffnet die Wissenschaftlerin und vierfache Mutter Eilish Stack ihre Haustür und steht zwei Beamten der neu gegründeten irischen Geheimpolizei gegenüber. Sie sind gekommen, um ihren Mann Larry, einen bekannten Gewerkschafter, zu verhören. Kurz nach dieser Begegnung verschwindet Larry, und sehr schnell beginnen die Dinge in Eilishs Welt aus dem Ruder zu laufen. Paul Lynchs meisterhafter Roman ist das Buch der Stunde – und ein Appell, die entstehenden autoritären Regime der Gegenwart zu bekämpfen.“ (Umschlagtext)

Das ist mal ein schönes Beispiel für die Verführungsmacht eines Covers, eine Übernahme des Originals, glaube ich. Länger bin ich um das Buch herumgeschlichen, bevor ich es endlich in die Hand nahm und auch noch die Beschreibung spannend fand. Also hier erstmal ein Hoch auf eine gute Covergestaltung!

Das Thema des Romans trifft aber nicht weniger ins Mark. Bei all den Unkenrufen um die Selbstdemontage demokratischer Gesellschaften, dem Erstarken rechtsautoritärer Kräfte und Parteien sind Dystopien wie diese oder auch wie der „Report der Magd“ so unendlich nah gerückt. Ich hoffe auf eine Lektüre, die nicht nur den angenehmen Schauer der Unterhaltung hervorruft.

(Übersetzung: Eike Schönfeld)

„Irland ist in der Gewalt einer Regierung, die immer radikaler und tyrannischer agiert. Eilish findet sich in der albtraumhaften Logik einer kollabierenden Gesellschaft wieder, angegriffen von unsichtbaren Kräften, die sich ihrer Kontrolle entziehen. Sie ist gezwungen, alles zu tun, um ihre Familie zu schützen und zusammenzuhalten. Wie soll sie ihren Kindern erklären, was passiert ist, wenn sie nach dem Vater fragen? Wie wird ihr eigener, zunehmend dementer Vater auf die gravierenden Veränderungen seines Alltags reagieren? Und wie weit wird Eilish selbst gehen, um sich und ihre Familie zu retten? ‚Das Lied des Propheten‘ ist das atemlose Porträt einer Familie am Rande der Katastrophe, das stilistisch und emotional seinesgleichen sucht.“ (Klappentext)

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Dienstag, 6. Mai 2025

Mosaik #593

 

Der Sonne so nah – ob beim Fliegen oder metaphorisch an frischen Frühlingstagen. Ähem … 😉

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Sonntag, 27. April 2025

Didier Eribon: Eine Arbeiterin. Leben, Alter und Sterben


„Das ist also das Leben meiner Mutter gewesen, dachte ich, das Leben und das Alter einer Arbeiterin. Noch wusste ich nicht, dass ich dieser Aufzählung bald ein drittes Wort würde hinzufügen können.“ (Umschlagtext)

Scheidungskind, Dorfkind, erster mit Abitur in der Familie, früh aus dem Elternhaus raus, eigene Wege jenseits der elterlichen Welt, schwul noch obendrein – frühes instinktives Erkennen, was andere so alles an sozialem Kapital geerbt haben, was einem selbst so fern vorkommt, irgendwie immer vorgespielt. Achja, der Eribon hat mich schon mit seinem ersten Bestseller in Deutschland sehr direkt erreicht.

Während meine Mutti, verwitwet nach ihrer zweiten Ehe, immer noch in dem Dorf lebt, wo es ihr zum Glück und hoffentlich noch sehr lange gut geht, bin ich gespannt, wie viele Aha-Momente dieses Buch dann nun bereithält.

„Wenige Wochen nach ihrem Umzug in ein Pflegeheim stirbt Didier Eribons Mutter. Wie in Rückkehr nach Reims wird dieser Einschnitt zum Ausgangspunkt für eine Reise in die Vergangenheit: Eribon rekonstruiert die von Zwängen bestimmte Biografie einer Frau, die an einen brutalen Ehemann gekettet blieb und sich sogar in ihren Träumen bescheiden musste: ‚Meine Mutter war ihr ganzes Leben lang unglücklich.‘ Dabei erweist sich der Soziologe erneut als großer Erzähler: Anhand suggestiver Episoden und berührender Erinnerungen zeigt Eribon, wie wichtig Familie und Herkunft für unsere Identität sind. Und er legt schonungslos dar, wie sehr die Politik, aber auch die Philosophie, ja wir alle die skandalöse Situation vieler alter Menschen lange verdrängt haben.“ (Klappentext)

(Übersetzung: Sonja Finck)

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Samstag, 26. April 2025

Lize Spit: Der ehrliche Finder


„Viel mehr könne Tristan am Telefon darüber nicht sagen.“ (Seite 9)

Jimmy und Tristan sind Freunde. Und das ist ihre Geschichte.

Sie spielt in einem fiktiven belgischen Dorf in den 1990ern. Und zunächst lernen wir Jimmy kennen. Einen Zehnjährigen mit besten Schulnoten, eigenwilligen Hobbies, ohne Freunde und ohne Vater, weil der erst Leute um ihr Geld geprellt hat und dann verschwunden ist.

Tristan dagegen ist neu im Dorf. Er kam zusammen mit seinen Geschwistern und den Eltern als Flüchtling aus dem Kosovo hierher und wurde, obwohl etwas älter als Jimmy, in der Schule direkt neben ihn gesetzt. Nun hat Jimmy eine Mission.

Er solle Tristan doch helfen, den Lernstoff aufzuholen. Dass sich hier zugleich die Möglichkeit bietet, endlich einen Freund zu finden, steht Jimmy klar vor Augen. Und es lässt sich nur erahnen, wie sehr isoliert dieser schlaue, nerdige Viertklässler in seinem Dorf bisher gewesen sein muss.

Minutiös und mit einer so großen Ernsthaftigkeit, wie sie vielleicht nur Kindern eigen ist, plant Jimmy ein umfassendes Lernprogramm. Anfangs müssen sich die beiden Jungs mit Händen und Füssen verständigen, aber Tristan lernt schnell. Nach und nach erfährt Jimmy mehr über die Umstände der Flucht von Tristan und seiner Familie und das erschüttert ihn sehr. Wie viel Tristan selbst erzählt, und was Jimmy sich aus den Nachrichten erschließen kann, bleibt in der Geschichte aber unklar.

Klar ist jedenfalls, dass die Familie in dem Dorf gut aufgenommen wird und eine so große Hilfsbereitschaft erlebt, dass all den Geschenken kaum noch Herr zu werden ist.

Während die beiden Jungs sich weiter anfreunden, arbeitet Jimmy an dem großen Plan, Tristan an seiner heimlichen Sammelleidenschaft teilhaben zu lassen. Flippo-Karten – nein, ich hab nur eine verschwommene Vorstellung davon – gibt es in Chipstüten. In die investiert Jimmy einen Großteil seines Geldes. Um die ausbeute zu erhöhen, durchforscht er das Dorf in genau geplanten Touren nach verlorenem Kleingeld. Er wird offenbar so oft fündig, dass er eine fast komplette Sammlung der unendlich vielen Karten zusammenbekommen hat. Und nicht nur das. Für Tristan hat er eine zweite Sammlung angelegt, um sie ihm in einem geeigneten Moment zu schenken und so auch zum Sammeln zu gewinnen.

Da ruft Tristan an, so beginnt der Roman. Und er lädt Jimmy ein, bei sich und seiner Familie zu übernachten. Jimmy ahnt sofort, dass dies der große Moment sein könnte. Lange hat er darauf gehofft und es sich ausgemalt, wie es wäre, in dieser großen, quirligen Familie aufgenommen zu werden. Ganz anders auf jeden Fall als in seinem eigenen leeren Zuhause, in dem seine Mutter mehr mit den beiden kleinen Hunden zu tun hat als sich mit Jimmy zu beschäftigen.

Doch der Anlass der Einladung zur Übernachtung ist dann doch überraschend und für alle niederschmetternd. Die Familie hat einen Abschiebebescheid erhalten. Und auch Tristan hat einen Plan. Für den muss Jimmy bei ihm übernachten.

So weit, so knapp, ohne zu viel zu verraten. 😊

Wenn es mir richtig berichtet wurde, ist der Band als Auftragsarbeit entstanden. Denn jedes Jahr zum Welttag des Buches wird in Belgien ein:e Autor:in angefragt, um einen Text zu schreiben, der dann in mehrfacher Hunderttausender Auflage gedruckt wird. Was für eine großartige Idee.

Ich selbst konnte zu der Lesung kurz nach der #LBM 2024 leider nicht gehen. Aber der MM war da und brachte mir, sehr begeistert, diesen signierten Band mit. Und schon ein Jahr später, lag er auf dem Lesestapel an der richtigen Stelle. 😉

Lize Spit erzählt eher nüchtern und klar und bleibt dicht an Jimmy. Es gelingt ihr grandios Jimmys Welt mit wenigen Szenen aufzubauen. Was Erwachsenen kindlich verschroben vorkommen muss, nimmt sie ernst und lässt Jimmys Welt so für sich sprechen.

Durch die konsequente Perspektive auf und über Jimmy bleibt Tristan etwas schemenhaft, wie auch seine Familie. Denn natürlich, das erleben wir in Deutschland ja nun auch seit Jahren, sind geflüchtete Menschen oft auch eine Projektionsfläche für uns. Mal auf die eine, mal auf eine andere Art. So fragte ich mich zwischendurch, ob Tristan ebenso sehr Freund von Jimmy ist wie umgekehrt. Aber klar tritt auch zutage, dass es ein Einanderbrauchen gibt, das zusammenschweißen kann. In den Plänen, die jeder der beiden für sich schmiedet, spielt der jeweils andere zumindest eine zentrale Rolle.

Abgesehen von dem schnell ersichtlichen Plädoyer für Freundschaft und ein offenes aufeinander Zugehen, verweist die Geschichte auch darauf, einander eben nicht nur als Projektionsflächen, sondern vielmehr als Menschen mit Eigenheiten und vor allem einer individuellen Geschichte wahrzunehmen. Denn so kann erst Erkennen und dann auch Vertrauen entstehen.

Kurz und gut: Manchmal braucht es nicht mal 120 Seiten. Unbedingt lesen!

(Übersetzung: Helga van Beuningen)

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Dienstag, 22. April 2025

Mosaik #592


Comic kann ja gut auch Geschichten jenseits von heilen Welten zeigen und davon erzählen. In diesem Fall: bunt und informativ auch für die Kleinen. Und für mich. 😊

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Montag, 21. April 2025

Ruth Seliger: Systemische Beratung der Gesellschaft. Strategien für die Transformation


„Zwischen Einsicht und Handeln klafft oft eine große Lücke. An den Herausforderungen, vor denen die Menschheit aktuell steht, lässt sich das bestens beobachten. Wie kommt man von der Analyse zu einer Strategie für Veränderungen? Wie werden wir wirksam?
Ruth Seliger beschäftigt sich als Organisationsberaterin seit Jahrzehnten mit Veränderungsprozessen und Musterwechseln in komplexen Systemen. In diesem Buch verbindet sie ihre praktische Erfahrung in der Gestaltung von Strategien und deren Umsetzung mit einem systemischen Blick auf Organisationen, Führung, Change-Management und die Gesellschaft als Ganzes.
Das Buch startet mit einer Bestandsaufnahme der Herausforderungen und notwendiger Veränderungsprozesse im Hinblick auf Ökonomie, Ökologie und Demokratie. Im Anschluss stellt die Autorin konkrete Formen der Prozessgestaltung und Strategieentwicklung für gesellschaftliche Veränderungen vor und fasst sie in anschauliche Modelle. Am Ende ergibt sich daraus ein Instrumentarium für mehr oder weniger radikale Transformationen, das allen engagierten Menschen und Organisationen ‚zur freien Entnahme‘ zur Verfügung steht.“ (Umschlagtext)

Messemitbringsel 9:

Coaching und Beratung für die Gesellschaft – das klingt ja schon mal charmant und irgendwie plausibel. Warum sollten also Methoden aus Beratung und Coaching nicht auch Werkzeuge für die Gesellschaft darstellen oder wenigstens Modelle und Anregungen ergeben?

Jetzt ließe sich spontan einwenden, dass eine Gesellschaft doch sehr viel mehr und komplexer als Gruppen oder Organisationen sind. Wie also sollte statt einzelner gesellschaftlicher Akteure (die ja als Organisationen schon groß genug sein können) gleich die ganze Gesellschaft strategiefähig gemacht werden? Möglicherweise, indem die Gesellschaft andere und bessere Rahmenbedingungen für die Wirksamkeit ihrer Teile braucht?

Ach, ich freu mich auf die Lektüre und gespannt, wie das so zusammengehen wird. 😊

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Sonntag, 20. April 2025

Martin Horváth: Baroco


„Wie weit darf man für eine bessere Zukunft gehen?

Ein verlassenes Dorf im Süden Italiens wird zum Schauplatz eines Experiments: Eine bunte Schar skurriler Charaktere träumt davon, die Welt zu einem gerechteren Ort zu machen. Jakob Metzger, ehemaliger Unternehmensberater, scheint nicht so recht in die Gruppe zu passen. Will er deren Pläne durchkreuzen? Und welche Rolle spielt die rätselhafte Laura Bialetti?

Martin Horváths fesselnde Parabel stellt unsere Vorstellung von Moral und Gerechtigkeit mit subversivem Humor in Frage.

‚Die Maschine ist perfekt programmiert und tut, wofür sie erschaffen wurde: Sie schöpft Tag & Nacht Geld, ohne je stillzustehen. Sie schöpft nicht so sehr aus dem Vollen, als vielmehr in das Volle: Dort, wo viel ist, wird noch mehr. Denn wo mehr ist, da ist NIE GENUG.‘“ (Umschlagtext)

Messemitbringsel 8:

Wäre der MM nicht eingeschritten, wäre mein Mitbringselstapel allein vom Stand von Kremayr & Scheriau vermutlich sehr viel größer ausgefallen. Aber auf härteste wurde ich gezwungen, mich zu entscheiden. 😉

So fiel die Wahl auf diesen Roman, dessen Beschreibung ein wenig nach Thriller klingt. Nach den sehr guten Erfahrungen mit der Textauswahl des Wiener Verlags bin ich guter Dinge, dass ich auch hier wieder ein feines Stück Literatur gefunden habe. Gut erzählt, mit einer Story, die über sich hinausweist. Also schauen wir mal, wie hier dem Finanzkapitalismus zu Leibe gerückt werden soll. 😉

„San Lorenzo Settefrati, ein verlassenes, idyllisch gelegenes Dorf im Süden Italiens. Eine Stiftung will den Ort wiederbeleben und lockt mit einem Versprechen: einem nachhaltigen Leben im Sinne des Gemeinwohls. Einer der neuen Bewohner ist der ehemalige Unternehmensberater Jakob Metzger.

Im örtlichen Kloster wurde ein auf künstlicher Intelligenz gestützter Thinktank für Zukunftsfragen eingerichtet. Doch niemand im Dorf kann sagen, woran dort wirklich gearbeitet wird. Wer sind die skurrilen Charaktere um Norman Sherwood, die mit spektakulären Aktionen die Machenschaften der internationalen Finanzelite entlarven? Wer finanziert das Projekt? Und wer ist der ominöse Erzähler, der damit droht, die Menschheit auszulöschen?

Als Jakob ein Job im Kloster angeboten wird, ist er vom kreativen Arbeitsumfeld angetan. Und wird bald nichtsahnend Teil eines groß angelegten Eingriffs in das Räderwerk der Weltwirtschaft.“ (Klappentext)

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Samstag, 19. April 2025

Lena Marie Glaser: Arbeit auf Augenhöhe. Die New Work Revolution: Kreativ denken, neue Wege wagen und die Arbeit der Zukunft solidarisch gestalten. UM/WELT Nr. 4


„… und wenn Arbeit plötzlich für Freude, Leichtigkeit & Kreativität stünde?

Es rumort auf dem Arbeitsmarkt. Junge Menschen fordern selbstbewusst ein wertschätzendes Betriebsklima, Teilzeitstellen und Auseinandersetzung auf Augenhöhe. Lena Marie Glaser setzt sich seit Jahren mit diesem notwendigen gesellschaftlichen Paradigmenwechsel auseinander: Wie wollen wir heute und in Zukunft arbeiten? Wie formen wir unsere Jobs, und nicht umgekehrt? Wann lässt uns Arbeit aufblühen – und wann verdorren unsere Fähigkeiten?

Mit Herz, Verstand und Know-how tritt die Expertin ein für ein Arbeitsumfeld, das Kernkompetenzen wie Empathie, Vertrauen und Offenheit fördert, und ermuntert uns dazu, unser kreatives Potenzial voll auszuschöpfen.“ (Umschlagtext)

Messemitbringsel 7:

Wer kennt sie nicht, die Klagen und das Sichlustigmachen über diese jungen Menschen, die auf den Arbeitsmarkt drängen und gleich Ansprüche stellen. Natürlich, ohne zuvor etwas geleistet zu haben, wie jeder ordentliche Boomer süffisant hinzufügen würde. „Lehrjahre sind keine Herrenjahre.“ Und früher war das ja eh alles anders … Bestimmt könnt ihr es auch förmlich hören.

Jetzt denk ich mir, was daran falsch sein soll, Dinge, die früher schon bescheiden liefen, heute nicht besser machen zu wollen. Arbeitsethos über allem, um bloß nicht fragen zu müssen, wofür das Ganze eigentlich. Wir wissen, dass von (Lohn-)Arbeit niemand wirklich reich wird. Die Doppelhaushälfte wird eher geerbt als selbst gebaut. Wofür also der ganze Aufriss?

Andererseits gaukelt uns eine gut geölte und auf Hochtouren laufende Konsumindustrie vor, was wir so alles unbedingt zum Leben bräuchten. Dafür hätten wir dann mehr Zeit und wären weniger gestresst, wenn die Arbeit nicht alleiniger Lebensinhalt wäre, der jede Energie raubt und nur ausgelaugte Arbeitskräfte zurücklässt. Aber spricht das tatsächlich dagegen, über New Work zu sprechen und sie einzufordern?

Ein letzter kurzer Gedanke, bevor ich das Buch überhaupt gelesen habe: Reichen diese Ansätze über eine mögliche Verbesserung individueller Arbeitsbedingungen hinaus? Geht es letztlich doch nur um ein besseres sich Einrichten in kapitalistischen Verhältnissen, ohne Strukturelles zu berühren

Ach, ich freu mich auf die Lektüre und über dieses weitere Fundstück am Messestand von Kremayr & Scheriau. 😊

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